Rund 2,5 Millionen Menschen im Alter von 14 bis 64 Jahren in Deutschland zeigen ein auffälliges Verhalten im Umgang mit dem Internet. Etwa 560.000 gelten sogar als internetsüchtig. Das ist das Ergebnis der ersten bundesweit repräsentativen Studie zur Internetabhängigkeit (PINTA I), die die Drogenbeauftragte der Bundesregierung gestern in Berlin vorgestellt hat.
Besonders gefährdet ist demnach die Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen. Aus ihr stammen der Studie zufolge 250.000 Abhängige und 1,4 Millionen Personen mit „problematischem“ Nutzungsverhalten. Interessant: Während in früheren Publikationen oft Online-Spiele für problematisches Internetverhalten verantwotlich gemacht wurden, deuten die Ergebnsise der PINTA-Studie darauf hin, dass es vor allem bei jungen Menschen Soziale Netze sind, die zur Abhängigkeit oder einer drohenden Abhängigkeit führen.
Während in der Altersklasse zwischen 14 und 24 Jahren von 77,3 Prozent der Befragten mit wahrscheinlicher Internetabhängigkeit Soziale Netze als Hauptaktivität im Web genannte wurden, kamen Online-Spiele nur auf 19,6 Prozent. Etwas anders sieht es bei den Älteren aus: von den betroffenen 25- bis 64-Jährigen geben gut 45 Prozent Soziale Netze als Hauptaktivität an, etwas über 35 Prozent nennen Online-Spiele.
In der weit gefassten Altersklasse von 25 bis 64 wurde ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer Abhängigkeit bei Männern, Ledigen, Arbeitslosen und Menschen mit Migrationshintergrund nachgewiesen. Bei älteren Zuwanderern ist die Gefahr, Internetsucht zu entwickeln, 4,5-mal höher als beim Durchschnitt, bei jüngeren Personen lediglich um den Faktor 2,1. Die Schulbildung spielt eine relativ geringe Rolle, ihre Bedeutung ist bei Jüngeren etwas ausgeprägter als bei Älteren.
„Neben allen Vorteilen, die das Internet für unsere Arbeitswelt und Freizeit bietet, birgt es auch Risiken. Präventionsmaßnahmen und Behandlungsangebote müssen verstärkt werden und sich auf die Gruppen ausrichten, die von einer exzessiven Internetnutzung besonders betroffen sind“, sagte die Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans.
Weiter müssten Jugendliche und Erwachsene in ihrer Medienkompetenz gestärkt werden, damit sie das Internet verantwortungsbewusst nutzen. Aber auch die Anbieter von Computerspielen oder Sozialen Netzen sieht Dyckmans in der Pflicht: Sie müssten Nutzer über die Risiken aufklären. Eltern nimmt Dyckmanns ebenfalls nicht aus: Sie hätten „die Verantwortung, hinzuzulernen und sich mit dem Internet zu beschäftigen, um dessen Chancen und Gefahren realistisch einschätzen zu können“.
Exzessive Internetnutzung ist bisher nicht als eigenständige Krankheit in das Diagnoseklassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingetragen. Für diesen Schritt muss die Frage von den zuständigen medizinischen Fachgesellschaften geklärt werden – was wiederum eine solide Datenlage zu Verbreitung und Symptomatik der Internetabhängigkeit voraussetzt. Um diese bereitzustellen, hat die Bundesregierung die PINTA-Studie gefördert und unterstützt die angelaufene Folgestudie PINTA II.
[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]
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