Entwickler: Wir haben Apple vor schlechter Qualität der iOS-Karten-App gewarnt

Apple hat seine fehlerhafte Karten-App veröffentlicht, obwohl es offenbar über die Mängel informiert war. App-Entwickler machten den iPhone-Hersteller schon frühzeitig auf die massiven Probleme aufmerksam, über die sich auch die Nutzer später beschweren sollten.

Karten-App auf iPhone 5 (Bild: Sarah Tew / News.com)

Wie News.com von Entwicklern erfuhr, kritisierten sie die Anwendung schon im Juni, nachdem sie eine erste Vorversion erhalten hatten. Sie reichten Bug-Meldungen ein, sandten E-Mails an zuständige Apple-Mitarbeiter und machten ihrem Ärger in Foren Luft, die nur für andere Entwickler und Apple zugänglich waren.

„Ich habe nach jeder Entwickler-Beta mindestens einmal meine Schwarzseher-Tiraden abgelassen“, berichtete ein Entwickler, der mit drei iOS-Apps im App Store vertreten ist. „Die Stimmung unter den Entwicklern lief darauf hinaus, dass die Karten so erschreckend schlecht waren, dass es sinnlos erschien, einzelne Fehler zu melden.“

News.com sprach mit einem halben Dutzend Programmierern, deren Anwendungen auf Apples Kartentechnologie angewiesen sind. Sie alle wollten aufgrund ihrer laufenden Zusammenarbeit mit dem Unternehmen nicht, dass ihre Namen oder Apps erwähnt werden. Die Probleme seien jedoch unter App-Entwicklern gut bekannt, die vier Vorversionen der Software nutzen konnten, bevor sie im letzten Monat für die Öffentlichkeit freigegeben wurde. Apple selbst wollte dazu nicht Stellung nehmen.

Den Entwicklern zufolge beschrieben Threads in Apples Developer-Foren einige der Kartenprobleme lange vor der Veröffentlichung, ohne dass sie behoben wurden. Dazu gehörten vertauschte Orte, Wolken in Satellitenbildern und weniger detaillierte Karten als die zuvor von Google bezogenen. „Während der Betaphase habe ich Bugmeldungen in Apples ‚Radar‘-System eingegeben – bekannt dafür, ignoriert zu werden -, mehrmals Einträge in den Foren veröffentlicht und E-Mails an mehrere Mitarbeiter von Apples MapKit-Team geschickt, um unsere Bedenken auszudrücken“, sagte einer der Entwickler.

Ein Angestellter von Apple soll sich sogar bei diesem Entwickler gemeldet und erklärt haben, die Probleme seien „gut bekannt“. Dennoch erfolgten auf die Bugmeldungen hin keine Updates. Auch habe Apple die Entwickler nicht darüber informiert, wie sie mit den durch den durch Kartenfehler verursachten Problemen umgehen sollten. „Das OS-Upgrade machte einige der Features kaputt, die wir in unserer Anwendung integriert hatten, obwohl uns gesagt wurde, nur das Bildmaterial werde ausgetauscht“, beschwerte sich ein Entwickler.

Auf seiner jährlichen Entwicklerkonferenz im Juni hatte Apple seine eigene Kartentechnologie erstmals vorgestellt. Nach mehreren Berichten erfolgte der Verzicht auf Google Maps bei der Kartenanwendung für iOS 6, weil Verhandlungen zwischen Apple und Google im Sande verliefen. Apple wollte demnach seine App um gesprochene Richtungsanweisungen erweitern, aber Googles Bedingungen dafür nicht erfüllen. Offenbar wollte Google nicht nur Lieferant der Daten sein, sondern auch innerhalb der App deutlicher in Erscheinung treten. Apple habe das ebenso abgelehnt wie die zusätzliche Aufnahme von Google Latitude. Da es zu keiner Einigung über diese und andere strittige Fragen kam, habe Apple die bereits begonnene Entwicklung seiner eigenen Karten-App beschleunigt.

„Ich glaube, wenn Apple wirklich diesen Weg beschreiten wollte, dann hätten sie sich ein Jahr geben sollen, um alles richtig zu machen“, sagte ein befragter Entwickler dazu. „In dieser Zeit hätten sie ihre eigenen Karten als Standard vorgeben, aber gleichzeitig Nutzern und Entwicklern die Option lassen können, alternativ Google Maps einzusetzen.“

Nach anhaltenden Nutzerbeschwerden entschuldigte sich CEO Tim Cook ausdrücklich für „die Frustration unserer Kunden“. Er empfahl ihnen sogar, auf Alternativen einschließlich der Web-Apps von Google und Nokia auszuweichen. Inzwischen hat Apple offenbar damit begonnen, die ersten Fehler in der Kartenanwendung von iOS 6 zu beheben.

[mit Material von Josh Lowensohn, News.com]

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ZDNet.de Redaktion

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