Professorin Tanja Schultz vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat eine Technik entwickelt, die mittels Elektromyographie die Aktivität der Gesichtsmuskeln beim Sprechen erfasst und Musterkennungsverfahren verwendet. Damit lässt sich dann auch auf lautlos Gesprochenes schließen. Dafür hat sie gestern Abend den mit 20.000 Euro dotierten Forschungspreis „Technische Kommunikation“ der Alcatel-Lucent-Stiftung erhalten.
Die Anwendungsmöglichkeiten für die „lautlose Sprachkommunikation“ sind laut Schultz zahlreich: Beispielsweise könne lautloses Telefonieren nicht nur die Geräuschbelästigung in der Öffentlichkeit reduzieren, sondern es auch ermöglichen, vertrauliche Informationen wie Passwörter und PINs abhörsicher zu übermitteln. Nicht zuletzt biete die Technologie eine Lösung, um Menschen zu unterstützen, die durch Unfälle oder Krankheiten ihre Stimme verloren haben. Laut der Wissenschaftlerin ist es „in naher Zukunft“ zudem auch möglich, alten oder geschwächten Menschen dadurch zu einer Stimmunterstützung oder -kräftigung zu verhelfen.
Bei der Elektromyographie zeichnen Elektroden auf der Hautoberfläche die elektrischen Signale auf, die bei der Bewegung der für das Sprechen wichtigen Muskeln um Lippen, Zunge, oder den Kehlkopf entstehen. Die Analyse dieser Signale durch Signalvorverarbeitung und Mustererkennungsverfahren erlaubt es, auf die Bewegungen und damit auf die produzierte Sprache zurückzuschließen. Der Vorteil: Elektromyographie erfasst die Muskelaktivität auch dann, wenn sich der Sprecher nicht hörbar artikuliert. Die Funktionsweise zeigt das KIT in einem Video auf seiner Website.
Das Kuratorium der Alcatel-Lucent-Stiftung für Kommunikationsforschung begründete die Vergabe des Preises an Tanja Schultz mit ihrer hohen wissenschaftlichen Exzellenz und der gleichzeitig umfassenden Anwendungsrelevanz ihrer Arbeiten, die unmittelbar am Fokus der Stiftungsausrichtung, nämlich dem besseren Zusammenwirken von Mensch und Technik, ansetzten. Das Kuratorium der Alcatel-Lucent-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft zeichnet seit 1980 jährlich einen herausragenden Wissenschaftler aus, dessen Forschungen einen wichtigen Beitrag zum Thema „Mensch und Technik in Kommunikationssystemen“ darstellen.
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