Glasfaserleitungen bieten große Vorteile gegenüber Kupferkabeln: Sie sind unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Störfeldern. Deshalb kann man sie auch in Rohre verlegen, in denen bereits Kupferkabel, Stromkabel oder gar Hochspannungsleitungen vorhanden sind. Da im Glas kein Strom fließt, gibt es keinen Kurzschluss, nicht mal unter Wasser. Daher lassen sich Glasfaser auch durch Bäche, Seen, Flüsse, Wasserleitungen, Abwasserkanäle oder knapp unter den Meeresboden verlegen. Im Gegensatz zu elektrischen Kabeln sind die Lichtwellenleiter zudem nahezu abhörsicher.
Glasfaser: der Breitband-Ferrari
Die Glasfasertechnik bietet aus heutiger Sicht fast grenzenlose Übertragungsreserven: Mühelos transportiert sie alle bisher bekannten Internet-Anwendungen bis hin zu Cloud-Applikationen, High-Speed-Online-Gaming, E-Learning, Telemedizin, Online-Videotheken, 3D-TV-Streaming, Videokonferenz in Lebensgröße oder das Backup ganzer Festplatten in entfernte Datenserver. Glasfaser ist die Königsdisziplin der Breitbandtechnik. Private Haushalte können sie auf absehbare Zeit kaum an die Leistungsgrenzen bringen.
Lässt man die hohen Kosten der Erstverlegung außer Acht, so müsste man eigentlich fast jeden Haushalt und fast jede Firma über Glasfaser anbinden. Im Gegensatz zu den längst abgeschriebenen Telefon-Kupfernetzen der Telekom und den TV-Kabel-Netzen von Kabel Deutschland und deren Mitbewerbern kann man beim Glasfaser-Rollout jedoch auf gar kein bestehendes Netz aufsetzen. Vielerorts müssen ganze Straßenzüge neu aufgerissen werden. Die Grabungsarbeiten sind beim Ausbau der Infrastruktur mit bis zu 80 Prozent der größte Kostenblock. Die Erschließung einer städtischen Wohnung mit VDSL liegt „nur“ im oberen dreistelligen, die Erschließung mit Glasfaser dagegen im mittleren vierstelligen Bereich. Wegen der hohen Grabungskosten werden vorzugsweise dicht besiedelte Innenstädte und zentrale Büroflächen mit dem Glas-Internet versorgt. Es gibt aber auch kleine Gemeinden, die sich an den Ausbaukosten beteiligen und dadurch eine moderne Glasfaser-Anbindung erhalten.
Je näher man die Glasfaser an den Internet-Verbraucher heranführt, desto teurer wird der Ausbau der Infrastruktur. Grob gesagt gibt es drei unterschiedlich teure Ausbaustufen:
FttC
Beim Fiber-to-the-Curb-Konzept, kurz FttC, führt man die Glasfasern bis an den grauen KVz-Verteilerkasten auf dem Bürgersteig (Curb = Bordsteinkante) heran. Dort wird das Internet von glasfaserkompatiblen Laserimpulsen in kupferkompatible Stromstöße umgewandelt. So kann man die jahrzehntealten Kupferkabel der Deutschen Post alias Telekom ohne erneute Grabungsarbeiten bis in die einzelnen Keller benutzen. Je nach Korrosionszustand der Kupferlitzen und Entfernung vom KVz-Verteilerkasten kann man das Internet in der Praxis durch raffinierte VDSL-2-Modulationstechniken bis 50 MBit/s Downstream durch die uralten Postleitungen jagen. Besser klappt VDSL jedoch mit neuen Kupferkabeln. Viele kleinere Gemeinden haben eine FttC-Infrastruktur in den letzten Jahren durch einen Mix aus staatlichen Fördermitteln und eigenen Zuzahlungen aus dem Gemeindesäckel bekommen. Ein Beispiel ist Langerringen im Landkreis Augsburg.
FttB
Beim Fiber-to-the-Building, kurz FttB, führt man die Glasfasern bis in den Keller der einzelnen Gebäude (=Building) hinein. Dazu muss bis zu jedem Keller meist neu gegraben, die Kellerwand durchbohrt und anschließend gas- und wasserdicht versiegelt werden. Erst im Keller wird das Übertragungssignal umgewandelt. Die hausinterne Kupferverkabelung wird weiter genutzt. München soll bis 2013 innerhalb des Mittleren Rings komplett mit Fiber-to-the-Building verglasfasert sein. Das ist vermutlich das bislang größte städtische Glasfaserprojekt Europas.
FttH
Beim Fiber-to-the-Home, kurz FttH, wird die Glasfaservernetzung kompromisslos bis in die einzelnen Wohnungen oder Büros hinein geführt. Das ist die konsequenteste, leistungsfähigste und zukunftssicherste, aber auch kostenintensivste Lösung, weil man keine vorhandene Infrastruktur in der „letzten Meile“ mitbenutzen kann. Damit sind Datenraten im Gigabit-Bereich bis zu den Endgeräten möglich.
Breitband-Förderbudgets
Das Bayerische Breitbandförderprogramm hat „einen wichtigen Beitrag geleistet, dass das globale Megamedium Nr. 1, das Internet, nun auch den Menschen im ländlichen Raum offen steht“, schreibt der Bayerische Wirtschaftsminister, Martin Zeil, in seinem Vorwort zur „Bilanz des Bayerischen Breitbandförderprogramms 2008 bis 2011“. Die Aufholjagd, die dem topographisch schwierigen Flächenland Bayern gelang, sei „umso beachtlicher, weil hier rentable Geschäftsmodelle schwieriger zu realisieren sind als in vielen anderen Ländern“.
Auf gut Deutsch: Oft müssen sich die ländlichen und schwach besiedelten Gemeinden mit eigenen Mitteln aus dem Gemeindesäckel sowie staatlichen Zuschüssen an den Infrastruktur-Kosten beteiligen, um überhaupt einen Internet-Investor zu finden.
Laut Martin Zeil nimmt Bayern bei „der Zahl der Förderfälle und bei der Höhe des Förderbudgets den bundesweiten Spitzenplatz ein… Ein Großteil der in 1.300 Gemeinden geförderten Netze erreicht Geschwindigkeiten von 6 bis 16 Mbit/s.“ Einige sogar 50 MBit/s. Auf den Seiten 40 bis 52 der bayerischen Bilanz-Broschüre sind die geförderten Gemeinden namentlich gelistet, unter anderem auch die Gemeinde Langerringen. Sie hat die Höchstförderung von 100.000 Euro für den Ausbau eines zukunftsfähigen TK-Netzes mit 50 MBit/s bekommen. An ihrem Beispiel lässt sich die Qual der Technik-Auswahl gut erklären.
Die Qual der Technik-Auswahl
Von 2004 bis 2010 häuften sich beim Bürgermeister die Klagen über das damals noch sehr langsame Internet in Langerringen im südlichen Landkreis Augsburg. Viele der circa 3.815 Einwohner bekamen nicht einmal 600 KBit/s, niemand hatte mehr als 1 bis 2 MBit/s. Bürger, Familien, Ämter und Schulen wurden immer unzufriedener. Einige Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler drohten schon mit Abwanderung.
Gerne hätte die Gemeinde Langerringen den dringend nötigen, weiteren DSL-Breitband-Ausbau mit der lang bekannten Deutschen Telekom AG vorangetriebenen. Doch die Verhandlungen mit dem Ex-Monopolisten zogen sich von 2006 bis 2008 nur zäh und fruchtlos hin. Der Schriftwechsel mit der „Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH“ hinterließ bei den Gemeindevertretern einen lustlosen Formbrief-Eindruck. Die Angebote der Telekom erschienen außerdem viel zu teuer und kaum zukunftsfähig.
Kupfer-T-DSL reicht maximal 4,5 km
Bereits im April 2006 äußerte die Telekom ihr Bedauern, dass ihr T-DSL Netz in Langerringen „wegen der hohen Leitungslängen gewissen Einschränkungen unterliegt“. Wegen der technisch-physikalischen Eigenschaften der Anschlussleitung zum Kunden sei noch kein flächendeckendes T-DSL-Angebot möglich: Eine Versorgung mit T-DSL sei nicht möglich, wenn die Leitungslängen circa 4,5 km überschritten. Man arbeite jedoch mit den Systemlieferanten an technischen Lösungen, die die Reichweitenproblematik von T-DSL minimieren und höhere Geschwindigkeiten auch in weiter entfernten Gebieten zuließen. Doch darauf wollte die Gemeinde sich nicht vertrösten lassen.
Cloud Computing mit T-DSL via Satellit?
Für die unterversorgten Gemeindegebiete außerhalb der T-DSL Reichweite empfahl die Telekom ihr kurzfristig verfügbares „T-DSL via Satellit“, das seit dem 1. April 2006 über eine Downloadgeschwindigkeit von 1024 KBit/s und eine echte Flatrate zum Festpreis verfüge.
Doch wer jemals über Satellit gesurft hat, kennt die negativen Auswirkungen langsamer Reaktionszeiten, die aus der großen Entfernung der TK-Satelliten von der Erdoberfläche resultieren. Das interaktive Surfen über Satellit fühlt sich meist schlechter an, als über einen langsamen DSL-Light-Anschluss. Für überwiegend uni-direktionale Datei-Downloads ist eine Satellitenlösung zwar zumutbar, aber für interaktive Applikationen kommt sie wegen der entfernungsbedingten Latenzzeit nicht infrage. Wenn ein Download erst einmal angesprungen ist, dann fallen die schlechten Pingzeiten nicht mehr so stark auf. Aber Downloads sind ja nur ein winziger Teil der benötigten Applikationen. Das inzwischen stark aufkommende Cloud Computing, also das Arbeiten auf räumlich weit entfernten Servern, ist eine höchst interaktive Anwendung. Das macht via Satellit überhaupt keine Freude.
360.000 Euro für 6 MBit/s T-DSL?
Zwei Jahre später war der Lösungsvorschlag der Telekom auch nicht erfreulicher: Per August 2008 hätte die Gemeinde für den T-DSL-Ausbau der Ortsteile Langerringen und Westerringen mindestens 360.000 Euro an die Telekom zuschießen müssen, zuzüglich Steuer. Natürlich nur, sofern sich bei der weiteren „Projektierung der Baumaßnahme“ keine weiteren „Einflüsse auf die Deckungslücke“ ergeben hätten. Auf gut Deutsch: diese 360.000 Euro waren nicht einmal ein garantiertes Festpreisangebot! Und dafür hätte die Telekom der Gemeinde, nach dem Abschluss der Ausbauarbeiten, gerade mal eine Mindest-Bandbreite von 6 MBit/s in Aussicht gestellt. Auch dieses Angebot erschien den Gemeindeoberen im Sommer 2008 nicht mehr zeitgemäß, weil überhaupt nicht zukunftsfähig.
Bedarfsanalyse für die Breitbandinitiative
So konnte es nicht weiter gehen: Also hat der Erste Bürgermeister von Langerringen, Konrad Dobler, den Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft Langerringen, Franz Wilhelm, zum regionalen Breitband-Paten ernannt. Der Breitband-Pate einer Kommune ermittelt den Bedarf nach Internet-Anschlüssen vor Ort möglichst genau und verbindlich, und trägt die gewonnenen Daten in das Breitbandportal www.breitband.bayern.de der Breitbandinitiative Bayern ein: „Interessierte Anbieter geben auf der anderen Seite ihre Daten über die Möglichkeiten und Technologien zur Erschließung einzelner Gemeinden in das Portal ein. Nach vollständiger Eingabe aller Daten wird über Analysefunktionen ersichtlich, wo Bedarf und Angebot zusammenfallen bzw. wo Anbieter noch gesucht werden“.
Die systematische Befragung der örtlichen Gewerbebetriebe ließ einen Bedarf von mindestens 6 bis 10 MBit/s erkennen. Viel interessanter waren aber die von den Firmen genannten Gründe für den erhöhten Breitbandbedarf in Langerringen:
Der Trend zum Cloud Computing war in diesen Antworten bereits erkennbar. Das war mit den vorhandenen Leitungs-Kapazitäten der Telekom von 600 KBit/s bis 2 MBit/s vor Ort nicht länger zu befriedigen.
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Höchste Zeit für eine schnelle Kupfer-Glas-Migration. Bis 2030 soll in Deutschland Glasfaser flächendeckend ausgerollt sein.