Zwei Jahre nach dem mit Windows Phone 7 erfolgten Reboot seiner Mobilfunk-Software setzt Microsoft erneut zum großen Sprung an. Den Redmondern bleibt auch gar nichts anders übrig, denn mit seinem aktuellen Handy-OS hat der Softwarekonzern den Durchbruch nicht geschafft.
Trotz Abweichungen in einigen Märkten nach oben liegt der Weltmarktanteil nach wie vor unter 5 Prozent, weit hinter den Konkurrenten Android und iPhone. Mit neuen Funktionen soll sich Windows Phone 8 Boden gegenüber der Konkurrenz gut machen. ZDNet zeigt, was das neue Betriebssystem zu bieten hat.
Mit Windows Phone 8 wagt Microsoft nach nur zwei Jahren sozusagen den Neustart des Neustarts. Die noch aktuelle Gerätegeneration erhält kein Upgrade auf das neue OS. Das ist zwar beispielsweise für Käufer der Launch-Modell wie des Samsung Omnia 7 zu verschmerzen, da es mit Mango bereits ein größeres Update gegeben hat. Besitzer des erst im Frühjahr 2012 vorgestellten Nokia Lumia 900 dürften indes deutlich weniger begeistert sein.
Mit einem Upgrade namens Windows Phone 7.8, das alle Windows-Phone-7-Geräte erhalten sollen, will Microsoft eine Brücke in die Zukunft bauen. Allerdings ist nach wie vor nicht klar, ob außer dem neuen Startscreen substantielle Features enthalten sein werden. Auch zur Verfügbarkeit wurde im Rahmen des offiziellen Windows-Phone-8-Launchs in San Francisco nichts bekannt.
Alles neu unter der Haube
Die größten Änderungen gibt es unter der Haube: Mit Windows Phone 8 vollzieht Microsoft den Wechsel vom Windows-CE- auf den NT-Kernel, der in seiner neuesten Variante auch in Windows 8 und Windows Server 2012 zum Einsatz kommt.
Der NT-Kernel bringt Windows Phone gegenüber dem CE-Unterbau entscheidende Vorteile: So unterstützt das neue OS endlich auch Multi-Core-CPUs. Die ersten Windows-Phone-8-Geräte sind zwar auf zwei Kerne festgelegt, eine Erweiterung auf vier dürfte später jedoch problemlos möglich sein. Ob das letztlich sinnvoll ist, steht aber auf einem anderen Blatt.
Mindestens genauso wichtig ist, dass Entwickler jetzt Anwendungen in nativem Code schreiben können. In Verbindung mit dem CE-Kernel hätte dies aufgrund der fehlenden Unterstützung von Security-IDs und ACLs für ein nicht zu vertretendes Sicherheitsrisiko gesorgt. Daher hat Microsoft diese Möglichkeit ausgeschlossen.
Die Native-Code-Unterstützung bildet die Basis für eine einfachere Portierbarkeit von iPhone- und Android-Applikationen. Das bislang verwendete Managed-Code-Anwendungsmodell auf Silverlight-Basis machte eine komplette Neuimplementierung von Anwendungen nötig, da es bei der Konkurrenz nicht zum Einsatz kommt.
Auch die Plattform selbst wird leistungsfähiger: Windows Phone 8 ermöglicht die Ausführung von VoIP-Anwendungen im Hintergrund. Damit werden Anrufe auch dann registriert, wenn die App nicht geladen ist. So nutzt beispielsweise die neue Skype-Version diese Funktion. Auch der Standort kann künftig im Hintergrund abgefragt werden, was den Praxiseinsatz von Navigationsssoftware verbessert. Beides ist allerdings bei der Konkurrenz schon lange Standard.
Das neue Smartphone-OS kann mit künftigen Versionen der Device-Management-Lösungen von Microsoft verwaltet werden. Eine entsprechende Intune-Version soll Anfang 2013 erscheinen. unternehmensspezifische Apps lassen sich unter Umgehung des Marketplace auf den Smartphones installieren. Eine erweiterte Verschlüsselung soll für ein höheres Sicherheitsniveau sorgen. Die Marschrichtung ist klar: Mit Windows Phone 8 will Microsoft endlich auch wieder eine Lösung für Unternehmen bieten.
Die erweiterte Hardware-Unterstützung umfasst neben Dual-Core-CPUs höher auflösende Screens. Bislang waren Windows-Phone-Displays gemäß den Vorgaben von Microsoft auf 800 mal 480 Pixel begrenzt. Mit Windows Phone 8 sind auch 1280 mal 720 und 1280 mal 768 Pixel erlaubt. Neu hinzugekommen ist auch die Unterstützung für MicroSD-Speicherkarten sowie NFC. Die Nahstreckenfunktechnik ermöglicht das Teilen von Inhalten durch Aneinanderhalten der Geräte und bildet die Basis für Bezahlfunktionen. Auch das Pairing mit Peripherie wird so vereinfacht.
Überarbeitetes Interface
Die Oberfläche von Windows Phone 8 folgt mit ihren Live Tiles funktional und ästhetisch klar dem Vorgänger, hat aber einige interessante Neuerungen erfahren. So bietet das neue OS Anwendungen die Möglichkeit, das Lockscreen-Bild auszutauschen. Jedes Mal, wenn man sein Windows Phone aus der Tasche zieht, wird beispielsweise ein anderes Foto von Bing oder eine Collage aktueller Facebook-Bilder angezeigt.
Bis zu fünf frei wählbare Anwendungen können auf dem Lockscreen Benachrichtigungen per Icon hinterlassen. Wählt man etwa Whatsapp aus, ist man sofort über neue Nachrichten informiert. Eine ebenso frei wählbare App kann eine begrenzte Menge Text auf den Lockscreen schreiben. Unter Windows Phone 7 ist man auf den Kalender festgelegt, der über Details anstehender Termine informiert.
Schiebt man den Lockscreen nach oben, erscheint wie bisher der Homescreen. Die so genannten Live Tiles, eine Kombination aus Icon und Widget, füllen unter Windows Phone 8 die komplette Breite aus. Der schwarze Rand auf der rechten Seite ist ebenso verschwunden wie der Pfeil, der den Anwender auf die Appliste hinweisen soll. Das übernimmt jetzt eine subtile Animation.
Live Tiles können statt zwei jetzt drei Größen annehmen. Das neu hinzu gekommene kleinste Quadrat belegt nur ein Viertel des bislang kleinsten Live Tile. Das bringt zwar etwas Unruhe in die Optik, ist aber ein deutlicher Mehrwert. So ist es jetzt auch sinnvoll, auf dem Homescreen Live Tiles zu platzieren, die nicht umfangreiche Informationen zeigen, sondern nur für den Start von Anwendungen genutzt werden. Aus Platzgründen hat man darauf bislang eher verzichtet.
Neue Features
Quasi alle Windows-Phone-8-Features sind in den letzten Monaten durchgesickert. Wirkliche Neuigkeiten konnte Microsoft im Rahmen der offiziellen Launchveranstaltung in San Francisco nicht mehr bieten.
Wenig überraschend kommt im neuen OS eine Mobil-Variante des Internet Explorer 10 zum Einsatz. Gegenüber dem Internet Explorer 9 soll sie mit höherer Geschwindigkeit und verbesserter Standardunterstützung aufwarten. Eine digitale Brieftasche speichert Eintrittskarten, Flugtickets oder andere Dokumente, die bislang häufig in Papierform genutzt werden. Dazu ist allerdings die Unterstützung von Drittanwendungen nötig. Beispielsweise müsste die Deutsche Bahn ihre App so erweitern, dass die Fahrkarte in der Brieftasche erscheint, statt per MMS versandt zu werden.
Im Gegensatz zum Passbook-Feature aus iOS beherrscht die Microsoft-Lösung sogar NFC und bietet eine Bezahlfunktion. Einige Windows Phones haben NFC an Bord. Auf die Bezahlversion werden die meisten Nutzer vorerst aber verzichten müssen, da dazu eine spezielle SIM-Karte und Kooperationen des Providers nötig sind.
Data Sense bietet detaillierte Informationen zur übertragenen Datenmenge, insgesamt und pro App. So kann man sein Surfverhalten besser kontrollieren, damit das gebuchte Volumen nicht schon am 15. des Monats verbraucht ist. Microsoft betreibt für Windows-Phone-8-Nutzer Server, die den Datentraffic komprimieren, bevor er das Smartphone erreicht. Bei gleichem Datenverkehr soll Windows Phone 8 fast 50 Prozent mehr Seiten anzeigen können.
Mittels der im Kontakte-Bereich angesiedelten Räume lassen sich eingeladene Mitglieder auf dem Laufenden halten. Integriert sind ein Kalender, Notizen, Fotos und einen Gruppenchat. Das Feature soll sich auch auf anderen Smartphone-Plattformen nutzen lassen – allerdings mit Einschränkungen.
Auch im Bereich Fotos hat sich einiges getan: Endlich lassen sich Bilder in voller Auflösung auf Microsofts Online-Festplatte Skydrive hochladen. Bislang lag die Begrenzung bei 2048 mal 1536 Pixeln. So genannte Foto-Apps können nicht nur während des Fotografierens das Bild durch Effekte verändern, sondern auch weitergehende Aufgaben übernehmen, etwa den Upload zu einer bestimmten Plattform.
Microsoft hat für Windows Phone 8 eine neue Skype-App entwickelt, die im Gegensatz zu ihrem Windows-Phone-7-Pendant auch im Hintergrund läuft. Das heißt Nachrichten und Anrufe werden auch entgegengenommen, wenn Skype gerade nicht geöffnet ist. Eine solche Lösung war überfällig.
Die bislang unter den Namen Zune zusammengefassten Mediafunktionen wurden durch eine App unter den Xbox-Label ersetzt. Neu ist unter anderem der Xbox Music Pass, ein Streaming-Dienst für monatlich knapp 10 Euro. Er läuft auch unter Windows 8 und auf der Xbox. Playlists werden in der Cloud gespeichert und stehen geräteübergreifend zur Verfügung.
Überarbeitet wurde auch der Office-Hub, der Word, Excel und Powerpoint unter einem Dach zusammenfasst. Zu den Neuerungen gehören ein Vollbild-Lesemodus für Word, eine Möglichkeit, Zellen in Excel einfacher anzusehen, sowie ein originalgetreueres Rendering von PowerPoint-Dateien. Das Präsentationsprogramm zeigt jetzt in der Queransicht auch Sprechernotizen und verfügt über die Thumbnaildarstellung zur Navigation zwischen Folien.
Die Notizapplikation OneNote ist nicht mehr Teil des Office-Hub, sondern eine separate App. Sprachnotizen werden jetzt automatisch auch in Text umgewandelt. Zudem lassen sich einfacher Checklisten erstellen.
Nach wie vor ist Office unter Windows Phone eng mit den Microsoft-Diensten Skydrive oder Office 365 verbunden. Auch ein Sharepoint-Server eignet sich als Gegenstück. Wer seine Dateien aber lieber woanders ablegt, etwa auf einem HiDrive von Strato, wird mit dieser Lösung nicht glücklich.
Die Kartenfunktion wird unter Windows Phone 8 mit Material von Nokia realisiert – auch auf HTC- und Samsung-Geräten. Neben der gegenüber Bing Maps verbesserten Datenqualität bietet die Lösung vor allem den Vorteil, dass Karten für die Offline-Nutzung heruntergeladen werden können.
Ein interessantes Feature von Windows Phone 8 ist die so genannte Kinderecke. Sie ermöglicht es, für einen weiteren Nutzer nur bestimmte Apps oder Inhalte freizuschalten. Dies ist wahrlich nicht nur interessant, wenn man sein Smartphone zeitweise dem Nachwuchs überlassen möchte. Die Funktion bildet etwa die Möglichkeit dafür, sein Smartphone beispielsweise kurz an jemanden zu verleihen, ohne dass dieser Zugriff auf die persönlichen E-Mails oder Fotos hat.
Fazit und Ausblick
Mit Windows Phone 8 hat Microsoft sein Smartphone-OS auf eine zeitgemäße Basis gestellt. Das ermöglicht die Unterstützung moderner Hardware und eine einfachere Weiterentwicklung in der Zukunft.
Auch ansonsten haben die Redmonder viele Funktionen überarbeitet: Hervorzuheben sind der Internet Explorer 10, der Office-Hub sowie die Musik-Funktion. Features wie Räume, NFC-Unterstützung, Data Sense oder das erheblich aufgerüstete OneNote sind wohl den meisten Nutzern willkommen.
Ob dies ausreicht, um Windows Phone 8 zum Durchbruch zu verhelfen, steht allerdings noch in den Sternen. Denn nach dem weitgehend erfolglosen Windows Phone 7 hat Microsoft nach wie vor einen schlechten Stand im Smartphone-Bereich. Im Gegensatz zu einem Android-Smartphone oder einem iPhone ist der Kauf eines Windows Phone nach wie vor erklärungsbedürftig.
Es gibt aber anders als bei der Einführung von Windows Phone 7 einige Faktoren, die Microsoft in die Hände spielen: Der NT-Kernel ermöglicht zeitgemäße Hardware mit Dual-Core-CPUs und hochauflösenden Screens. Die mit dem Vorgänger ausgelieferte Hardware war schon bei der Einführung nicht mehr ganz frisch.
Dazu kommt, dass das neue OS erstmals für den Unternehmenseinsatz geeignet ist. In diesem Markt ist Microsoft mit zahlreichen Produkten sehr gut vertreten. Die zunächst ungewöhnliche Optik mit den Live Tiles lernen viele Anwender jetzt mit Windows 8 kennen. Und die technische Verwandtschaft zum Desktop-OS dürfte für einen stark weiter wachsenden Marketplace sorgen.
Erste Smartphones mit Windows Phone 8 sollen im November auf den deutschen Markt kommen. Microsofts Hardwarepartner sind Nokia, HTC und Samsung. LG will vorerst keine weiteren Geräte mit Windows Phone bringen.
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