Das Surface-Tablet ist – wie die Mitbewerber Apple iPad, Google Nexus und Samsung Galaxy – seinem Wesen nach ein „intelligentes Gerät“. Ein Gerät, das mit Embedded Software bereitgestellt wird und häufig – wenn auch nicht ständig – mit dem Internet verbunden ist. Wird Microsoft damit Erfolg haben?
Das hängt davon ab, ob Microsoft an die Dreifaltigkeit glaubt. Das ist hiernatürlich nicht in der religiösen Bedeutung des Wortes gemeint, sondern bezieht sich auf die dreigliedrige Erfolgsformel, die darüber bestimmt, ob ein intelligentes Gerät kommerziell erfolgreich ist:
So interpretiert löst die Dreifaltigkeit derzeit einen grundlegenden Wandel der gesamten Fertigungslandschaft aus – nicht nur im Bereich der mobilen Geräte. Gerätehersteller aus praktisch jeder Branche – von der Telekommunikation und Medizintechnik über Prüf- und Messgeräte bis hin zur Gebäudeautomatisierung – stellen ihre Geschäftsmodelle um. Und legen sie alle die Dreifaltigkeitsformel zugrunde.
Wie funktioniert die Dreifaltigkeit?
Hersteller stellen ihre Produktlinien um und verleihen ihren Geräten mehr Intelligenz, indem sie Features und Funktionen über integrierte Software steuern. So sind sie in der Lage, Produkte sehr schnell an unterschiedliche Kunden, Märkte und Regionen anzupassen. Damit entfällt die teure Herstellung unterschiedlicher physischer Modelle.
Hersteller, die Software einsetzen, um bestimmte Funktionen ein- oder abzuschalten, können eine umfassende Anpassung an Kundenwünsche vornehmen. Und das gänzlich ohne zusätzliche Fertigungskosten, die die Gewinne bisweilen völlig aufzehren. Nach diesem Modell können Hersteller neue Einnahmequellen erschließen und neue Wege für Upgrades und Upselling ihrer Produkte einschlagen. Schließlich lassen sich die Produkte in kürzester Zeit anpassen und man kann so neuen Trends begegnen. So ist man mit „neuen“ Modellen in der Lage, sehr schnell auf Fluktuationen der Nachfrage im Markt zu reagieren.
Grundlage für den Erfolg dieser Formel ist ein flexibles Softwarelizenzierungs- und Berechtigungsmanagement. Eine Vorrichtung ist dann beliebig konfigurierbar, upgradefähig und somit wertvoll, wenn die Software diesem Gerät ermöglicht, sich auf die unterschiedlichen Anforderungen des Benutzers einzustellen. Weil Wert als Teil der Softwareprovisionierung im Lebenszyklus des Produkts geschöpft wird – also nicht notwendigerweise nur zum Kaufzeitpunkt, wie bei herkömmlichen Geräten – muss die Software mit geeigneten Lizenzierungs- und Berechtigungsmechanismen ausgestattet sein, damit auch nur diejenigen auf das Gerät zugreifen können, die ihren Obolus für die gewünschte Funktionalität entrichtet haben.
Unternehmen wandeln sich zu Lösungsanbietern
Darum vollziehen Unternehmen den Wandel zu Lösungsanbietern: Dabei wird Software der dominierende Treiber für Differenzierung und Wertkreativität. Dieser Wandel findet vor dem Hintergrund der technischen Transformation auf dem Gerätemarkt statt, wie beispielsweise dem Internet der Dinge und Machine-to-Machine-Kommunikation (kurz M2M). Dieses neue Modell erlaubt Herstellern, ihre Software durch die Lizenzierung zur Monetarisierung ihrer Geräte zu nutzen, ihr geistiges Eigentum zu schützen und neue Einnahmequellen zu erschließen.
Zugegebenermaßen gibt es signifikante Unterschiede zwischen dem größeren Markt für intelligente Geräte und dem Markt für mobile Geräte. Im Erstgenannten ist der geschäftliche Wandel durch Embedded Software und flexible Lizenzierung noch nicht so weit fortgeschritten. Gerätehersteller lernen derzeit, wie Lösungsanbieter zu denken und zu handeln.
Denjenigen, denen es gelingt, den Übergang zu vollziehen und flexible Lizenzierung in ihren Erlösmodellen erfolgreich zu nutzen, werden als Sieger hervorgehen. Denn sie können ihre eigene Softwareentwicklungskompetenz nutzen oder diese Kompetenz zukaufen, um intelligente Geräte zu entwickeln. Und sie werden erstklassige Lizenzierungs- und Berechtigungsmanagementsysteme einsetzen, die ihnen eine Monetarisierung dieser Geräte ermöglichen.
Die Ansätze von Apple und Microsoft
Im Unterschied dazu hat sich der Markt für mobile Geräte und Tablets als geschlossenes, proprietäres System entwickelt. Mit iTunes und dem App Store hat Apple die Version der Dreifaltigkeit in Form eines geschlossenen Systems verinnerlicht – manche sagen auch „perfektioniert“. Es handelt sich dabei um ein hochintegriertes, nahtloses Lizenzierungs- und Berechtigungsmanagementsystem. Nutzer können ihre Geräte personalisieren, indem sie Apps herunterladen. Im Gegenzug erzeugt die Lizenzierung dieser Apps an zahlende Nutzer gewaltige Einnahmeströme.
Apples Ursprünge gehen auf Hardware zurück. Doch das Unternehmen hat den Wandel zu einem Anbieter von intelligenten Geräten vorbildlich vollzogen. Hierzu hat man mit dem iTunes and App Store einen boomenden Markt für Embedded Software und eine robuste Lizenzierungs- und Berechtigungsmanagement-Umgebung geschaffen.
Die Ursprünge von Microsoft liegen dagegen in der Software. Von daher sollte man meinen, dass es dem Unternehmen leichter fällt, den Wandel zu intelligenten Geräten zu vollziehen. Schließlich dreht sich im Kern alles um Software, Lizenzierung und Berechtigungsmanagement. Zudem kann man mit der Xbox bereits beeindruckende Erfolge bei der Schaffung einer robusten, erfolgreichen Hardwareplattform vorweisen.
Mit Windows 8, dem neuen App-Framework und der Einrichtung des Windows Store – Microsofts App Store – nimmt Microsoft Apple ins Visier: mit einer integrierten Plattform für Hardware, Software und Lizenzierung, die sich als starker Wettbewerber von Apple aufstellt, sowie mit einer engeren Integration von geschäftlichen Apps, die derzeit auf dem iPad nicht laufen.
Ob Microsoft die Idee der Dreifaltigkeit tatsächlich verinnerlicht hat, bleibt abzuwarten und wird sich bald herausstellen. Der Erfolg der Surface-Tablets wird – abgesehen von der Konstruktion und Architektur der Hardware – von der Diversität und dem gefühlten Wert der Apps abhängen, die im App Store angeboten werden. Und nicht zuletzt von dem Erlebnis, dass Kunden im App Store haben. Wie bereits erwähnt hängt dies wiederum von einer engen Integration aus Surface-Tablets, App Store und reibungslosen Prozessen für Kauf, Lizenzierung, Download und Bereitstellung der Apps ab.
... ist als Vice President Product Management bei Flexera Software für Produktverkäufe an Softwarevertriebsfirmen und High-Tech Hersteller verantwortlich. Angefangen hat er damit 1994, als er ein Berechtigungsmanagementsystem für eine der größten Softwarevertriebsfirmen der Welt geschrieben hat. Zu seinem Erfahrungsschatz zählen SAP-Implementierungen, die Herstellung von Softwarepaketen, der Betrieb von Lizenz-Call Centern und CIO-Positionen bei internationalen Firmen.
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