Apples früherer US-Vertriebschef David Sobotta hat in einem Interview ungewöhnlich scharfe Kritik an Apple-CEO Tim Cook geäußert – und gleichzeitig in einem Buch Erfahrungen aus seiner zwanzigjährigen Innenperspektive bei Apple enthüllt. Sobotta beschreibt Cook als einen wenig entscheidungsfreudigen Manager, der nicht besonders gut mit Menschen zurechtkommt. Er kenne keine Loyalität zu seinen Mitarbeitern und beschäftige sich bevorzugt mit Tabellenkalkulationsblättern.
„Tim wird schnell auf die Zahlen reagieren oder auf seine Furcht, nicht recht zu haben“, erklärte Sobotta. „Diese Furcht, nicht recht zu haben, ist im Apple-Management tief verwurzelt durch die Art, wie Steve das Unternehmen geführt hat.“ Selbst der Anschein des Nichtrechthabens ängstige bei Apple, auch wenn der Betreffende eigentlich richtig liege: „Man macht bei Apple keine Fehler und bekommt eine zweite Chance. Das behindert oft die Entscheidungsfindung und erzeugt passiv-aggressives Verhalten zwischen Teams, die eigentlich zusammenarbeiten sollten.“
„Was Technologie angeht, halte ich Tim Cook für ein Leichtgewicht“, so der frühere Apple-Manager. „Ich habe bei Tim nie eine Leidenschaft für Technologie gespürt, wie ich es bei Steve und einigen der großen Entwickler erlebte.“ Zum anderen spiele er gerne mit Tabellenblättern und Zahlen herum. „Er ist kein geborener Anführer. Er ist ein Manager.“ Die voreilige Einführung einer eigenen und pannenbehafteten Maps-Anwendung in iOS 6 sei ein Beispiel für eine Entscheidung, die „Apple noch lange zu schaffen machen wird“.
Sobotta zufolge beeinträchtigen mehrere Fehlentwicklungen Apples Unternehmenskultur. Erstens werde nicht dazu ermutigt, Risiken einzugehen und Führungsqualität zu zeigen. Zweitens entwickle Apple keine Führungskräfte aus den eigenen Reihen. Drittens sei Apple eine Firma, die immer auf „das nächste große Ding“ ausgerichtet sei, das aber nicht auf Dauer durchhalten könne: „Sie haben das nächste große Ding nach iPad und iPhone nicht gefunden, und ihre Marktanteile in diesen beiden Bereichen rutschen ab.“ Für einen möglichen Fehler halte er auch, dass Apple dabei sei, mit den „Prosumers“ eine treue Kerngruppe seiner Kunden zu verlieren.
David Sobotta war von 1984 bis 2004 bei Apple tätig. Er war Cook nicht direkt unterstellt, der erst 1998 zu Apple kam, hatte aber trotzdem reichlich mit ihm zu tun. Er betont, nicht etwa ein Abrechnungsbuch geschrieben zu haben. Das bei Amazon als Kindle-Edition erhältliche Werk mit dem Titel „The Pomme Company“ scheint tatsächlich auch mehr von persönlichen Erinnerungen geprägt zu sein. Als er Tim Cook schriftlich seine Absicht ankündigte, ein Buch über Apple zu schreiben, antwortete ihm dennoch umgehend Apples Rechtsabteilung.
Die harte Kritik an Cook und seinem Führungsstil entlockte ihm Dan Lyons, früher bei Forbes und Newsweek, heute Chefredakteur von ReadWrite. Bekannt wurde Lyons aber auch durch einen satirischen Blog, den er als „Fake Steve Jobs“ schrieb. In seinem Blog Applepeels beschäftigt sich auch David Sobotta seit 2005 immer wieder kritisch mit Apple.
[mit Material von Greg Sandoval, News.com]
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