Internetpionier Vint Cerf hat auf der Konferenz Egnyte Firestorm einen Überblick über aktuelle Entwicklungen und Probleme des weltweiten Netzes gegeben. Während er einerseits „abgedrehte“ Neuerungen erwartet, beunruhigen ihn Zensurtendenzen.
Vint Cerf (Bild: Google)Vinton „Vint“ Gray Cerf gilt als einer der „Väter des Internets“ und ist heute als Internet Evangelist für Google tätig. Er nannte für September 2012 die geschätzte Zahl von einer Milliarde mit dem Internet verbundener Geräte – nicht eingeschlossen Maschinen hinter Firewalls, so dass sich ihre Zahl tatsächlich zwei Milliarden nähern könnte. Cerf prophezeite, dass „abgedrehte und verrückte Dinge“ zur Palette verbundener Geräte hinzukommen werden, die heute von üblichen Smartphones über Tablets zu Internet-verbundenen Surfboards reicht.
Zum 30. Juni waren laut Cerf bereits rund 2,4 Milliarden Nutzer online. Nordamerika war dabei führend mit über 70 Prozent der Bevölkerung, die über einen Internetzugang verfügt. Ihn erstaune zugleich, dass sich auch dort noch immer ein großer Teil der Bevölkerung dem Netz verweigere. Als Internet Evangelist bei Google denke er daher, dass einige von ihnen der „Bekehrung zum rechten Geek-Glauben“ bedürften.
Cerf wies auf über eine Million Internetnutzer allein in Asien hin, überwiegend in China, das besonders stark in seine Netzwerke investiere. Als einschneidende Veränderung in diesem Jahr sieht er die weltweite Einführung des IPv6-Protokolls an, darüber hinaus das Angebot generischer Top Level Domains (gTLDs), für das die Internetverwaltung ICANN bereits rund 2000 Bewerbungen zählte.
Besorgniserregend findet er Vorschläge verschiedener Mitgliedsländer des Internet Governance Forum (IGF), die nach dem Arabischen Frühling – und der dabei sichtbar gewordenen Rolle von Social Media – auf Umwegen eine Internetzensur herbeiführen wollen. Als „einen Trick“ bezeichnete er schwammige Formulierungen für internationale Telekommunikationsabkommen. Vage Definitionen von Begriffen wie „Spam“ bieten demnach eine „Gelegenheit für jedes Land, das das Internet kontrollieren möchte“ – und sich dabei auch noch auf ein internationales Abkommen berufen könnte.
Zu den Befürchtungen um die Privatsphäre der Nutzer merkte er an, dass manche Probleme auf einer einfachen Ebene zu lösen seien. Es komme letztlich darauf an, mit mobilen Diensten angemessen umzugehen und soziale Normen zu akzeptieren. „Wir tun oft Dinge, die Probleme für andere bewirken, ohne uns dessen bewusst zu sein“, sagte er. Als Beispiel führte er an, dass allein das Tagging von jemandem auf einem Foto bei Google+ weite Kreise im Internet ziehen könnte.
Vint Cerf spielte auf den Skandal um den früheren CIA-Chef David Petraeus an, der durch unbedachte E-Mails ausgelöst wurde, und schloss: „Ich sage voraus, dass wir noch zahlreiche schmerzliche Erfahrungen machen müssen, bevor wir darauf kommen, welche sozialen Normen auf internationaler Basis sinnvoll sind.“
[mit Material von Rachel King, ZDNet.com]
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