LTE-Bandbreite: Warum kommen keine 100 Megabit/s?

LTE-2600 für dicht bevölkerte Hotspots

Eine Messung mit dem „LANCOM 1781-4G“ Router ergab am 26. März 2012 gegen 00:23 Uhr im LTE-1800-Netz der Telekom in Riem einen Download von 42,40 und einen Upload von 27,96 MBit/s bei einer Pingzeit von 25 Millisekunden. DL-Speed und Pingzeit können also mit VDSL-50 konkurrieren. Der UL-Speed stellt VDSL-50 sogar um das Dreifache in den Schatten. Der LANCOM-Router stand bei dieser Messung im Auto auf dem Armaturenbrett (Screenshot: Harald Karcher).

ZDNet.de: Welche Bedeutung hat LTE-2600 in Deutschland? Und haben Sie zu diesem Band auch Messwerte?

Ralf Koenzen: LTE-2600 funkt mit kürzeren Wellen als LTE-800 und LTE-1800. Es eignet sich daher für kleinere Zellen in großen Städten und in sehr dicht besiedelten Regionen. Im Frequenzband um 2600 MHz haben alle drei deutschen LTE-Netzbetreiber Telekom, o2 und Vodafone 20 MHz breite Kanäle ersteigert. Damit können unter optimalen Bedingungen im Prinzip auch die vollen 100 MBit/s Download-Geschwindigkeit erreicht werden.

Die kleinen, hochfrequenten LTE-2600-Zellen bringen zwar den höchsten Datendurchsatz pro Quadratmeter, machen einen flächendeckenden Rollout aber auch sehr teuer, genauer gesagt: vorerst unbezahlbar. Vermutlich wird LTE-2600 daher bis auf weiteres fast nur an Hotspots mit großen Menschenansammlungen punktuell ausgerollt, wie etwa Messen, Flughäfen oder Bahnhöfen. Bislang spielt in Deutschland aber LTE-800 die wichtigste Rolle.

Kommerziell genutzte LTE-2600-Netzzugänge der drei nationalen LTE-Betreiber mit 20-MHz-Kanälen stehen in der Praxis weder uns, noch Ihnen, noch unseren Kunden in nennenswertem Umfang zur Verfügung, weil es bislang fast keine gibt. Den Luftraum bei 2600 MHz haben die Carrier zwar schon im Frühling 2010 ersteigert, besetzen ihn aber offenbar erst später mit LTE. Die Frage nach Messwerten aus der Praxis erübrigt sich mangels LTE-2600-Flächendeckung.

Fallback von LTE auf 3G und 2G

ZDNet.de: Neuerdings scheinen auch 4G-Smartphones nennenswerten Verkehr in die LTE-Netze zu bringen. Neben dem iPhone 5 gibt es hierzulande auch LTE-Handys von HTC, LG, Nokia und Samsung. An verkaufsstarken Samstagen konnten wir in der Münchener Innenstadt schon erste Engpässe in den LTE-Netzen registrieren. Die meisten LTE-Handys können dann mehr oder weniger schnell auf 3G und 2G ausweichen. Die meisten stationären LTE-Router dagegen verstehen nur LTE und sonst nichts. Wie reagiert Ihr 4G-Router in solchen Fällen?

Ralf Koenzen: Neben LTE bei 800, 900, 1800, 2100 und 2600 MHz versteht unser „LANCOM 1781-4G“ auch die älteren 2G- und 3G-Netze. Findet er überhaupt kein LTE-Netz, dann schaltet er auf GPRS, EDGE, UMTS, HSPA oder HSPA+ zurück. Fällt jedwede Funkversorgung von 2G bis 4G aus, dann versteht er auch noch ISDN oder kann per externem DSL-Modem die Verbindung zum Internet aufbauen. Das vergrößert seinen Einsatz-Radius und die Netz-Ausfallsicherheit gegenüber Geräten, die nur LTE zur WAN-Fernverbindung unter der Haube haben. Die 2G-Modi EDGE, GPRS und GSM funken in vier Bändern bei 850, 900, 1800 und 1900 MHz, die 3G-Modi bei 900 und 2100 MHz. Sie sehen, der „LANCOM 1781-4G“ versteht nicht nur die deutschen Mobilfunknetze. Er dürfte in fast allen Ländern der Welt ein brauchbares Signal zum Surfen finden.

ZDNet.de: Na dann sollte man den 800 Euro teuren Alleskönner doch gleich mal an die Kette legen?

Ralf Koenzen: Das kann nicht schaden, aber wenn unser Multiband- und Multimode-Mobilfunk-Router von seinem festen Standort gestohlen wird, dann sorgt das eingebaute GPS-Modul bei entsprechender Konfiguration für eine sofortige Sperrung aller wichtigen Router-Funktionen und VPN-Zugangsdaten: Der Dieb kann danach nicht mehr in die über den Router erreichbaren Netzwerke eindringen und mit dem gestohlenen Router nicht mehr viel anfangen.

Der LTE-Router „LANCOM 1781-4G“ versteht alle deutschen Mobilfunknetze und kann sich auf alle Geschwindigkeiten einstellen (Grafik: LANCOM Systems).

Den schnellsten LTE-Modus erzwingen

ZDNet.de: Viele LTE-Handys, zum Beispiel auch das neue iPhone 5, fallen oft von selber aus der LTE-Connection heraus. Danach können sie natürlich keinen 4G-typischen Speed mehr bringen. Wie haben Sie das bei Ihrem 4G-Router gelöst?

Ralf Koenzen: Der Administrator kann selber entscheiden, ob er seinen „LANCOM 1781-4G“ fest und beständig in den LTE-Modus zwingen will, oder lieber die automatische Wahl der Verbindungsart einstellt. Wenn der Router häufig zwischen mehreren verschiedenen Funkzellen und Funkmodi hin und herwechselt, kann es besser sein, den LTE-Modus fest zu erzwingen. Im fahrenden Auto oder im Zug mag dagegen die automatische Wahl der Verbindungsart unterm Strich den höheren Datendurchsatz bringen. Unser 4G-Router braucht im Gegensatz zum iPhone zwar ständig eine 230-Volt-Steckdose, die finden Sie aber beispielweise im Intercity unter den Sitzen. Fürs Auto gibt es entsprechende 12-zu-230-Volt-Adapter für die 12-Volt-Steckdose.

Den schnellsten LTE-Provider auswählen

ZDNet.de: Fährt man mit dem Auto oder mit dem ICE einmal quer durch Deutschland, dann findet so ein 4G-Router ja einen wahren Flickenteppich von LTE-Providern, -Frequenzen und -Geschwindigkeiten. Wie findet ein 4G-Router-Kunde mit einem bundesweiten Filialnetz den für ihn besten LTE-Provider heraus?

Ralf Koenzen: Wenn Sie die SIM-Karten von allen LTE-Providern haben, können Sie unseren 4G-Router je nach Standort jeweils in das beste und schnellste LTE-Netz verbinden. Die Netzliste des „LANCOM 1781-4G“ gibt wertvolle Hinweise auf alle aktuell verfügbaren Mobilfunknetze in der näheren Umgebung. Das hilft zum Beispiel bei der Auswahl des besten Providers an einem ganz bestimmten Standort. Wer mehrere Filialen quer durch ganz Deutschland vernetzen will, braucht detaillierte Standort-Analysen, bevor ein umfassender Beschaffungs- und Installationsplan erstellt wird. Eventuell wird so ein Kunde den LTE-Service dann in verschiedenen Regionen auch von verschiedenen Providern beziehen.

Glasfaser-Anbindung der LTE-Basisstationen

ZDNet.de: Welche Auswirkungen hat die Backbone-Anbindung der LTE-Basisstationen auf das Speed-Erlebnis der LTE-Anwender?

Ralf Koenzen: Wer eine ganze Stadt auf einen Schlag mit LTE versorgen will, nimmt dazu am besten eine Glasfaser-City, denn sonst bricht der so genannte Backhaul und die Infrastruktur hinter den Antennen-Masten schnell zusammen. Aus diesem Grunde hat Vodafone die ersten größeren LTE-Versuche in Würzburg gemacht, denn dort hatte Arcor seine Glasfaser-Test-und-Vorzeige-City als Mitgift in die Vodafone-Ehe eingebracht. In Würzburg lagen genug freie Glasfaser-Reserven für den LTE-Traffic aus der Luft bereits im Boden.

Die Provider müssen den gewaltigen Traffic von den LTE-Basisstationen abtransportieren, den die vielen schnellen 4G-SmartPhones, -Tablets, -Laptops und -Router in der Luft neuerdings generieren. Strahlen zum Beispiel drei LTE-Antennen vom gleichen Mast in drei Richtungen, dann muss man den Verkehr von 3 mal 100 MBit/s abführen. Manchmal hängen auch sechs LTE-Antennen an einem Mast, dann sind es schon 6 mal 100 = 600 MBit/s. Zudem hängen meist noch weitere Antennen für GSM, GPRS, EDGE, UMTS und HSPA am gleichen Mast. Auch diesen 2G-3G-Verkehr muss man abtransportieren. Viele Basisstationen sind noch per Kupferleitung angebunden. Im UMTS-Zeitalter war das in Ordnung. Mit LTE-Antennen auf den Masten kann es aber zu Engpässen am Kupfer kommen, die der User dann als Ruckeln und Hängen an seinem LTE-Gerät spürt. Die Netz-Betreiber arbeiten deshalb mit Hochdruck daran, ihre LTE-Basisstationen so schnell und so komplett wie möglich an Gigabit-schnelle Glasfaser-Leitungen anzuschließen.

Externe LTE-Antennen am 4G-Router

ZDNet.de: Ihr Router hat hinten zwei SMA-Gewinde. Da kann der User die mitgelieferten 14-Zentimeter-Antennen für 2G-, 3G- und 4G-Connections aufschrauben. Alternativ kann man externe Antennen diverser Größen für den Indoor- oder Outdoor-Einsatz anschrauben. Zu diesem Zwecke haben Sie zur CeBIT 2012 auch eine externe LTE-Antenne namens „AirLancer Extender I-360-4G“ zum Preis von 79,- Euro netto vorgestellt, die wir im Gegensatz zum 4G-Router bis heute aber noch nicht selber testen konnten. Gerade hat Ihre Firma auch noch eine externe Outdoor-Antenne namens „AirLancer Extender O-360-4G“ für den 4G-Router bekannt gegeben. Was bringen solche Antennen an einem 4G-Router? Wann empfiehlt sich deren Einsatz?

Ralf Koenzen: Wenn ein User schon einen Standort mit sehr guter LTE-Versorgungslage hat, etwa mit einer kurzen Sichtlinie zur LTE-Basisstation, dann sollte er die mitgelieferten 14-Zentimeter-Antennen für 2G, 3G und 4G nutzen. Dann bringt eine gesonderte, externe Antenne keinen weiteren Vorteil.

Steht der 4G-Router dagegen in einer Wohnung, Firma oder Filiale am Rande einer LTE-Funkzelle, oder in einer schlecht ausgeleuchteten Senke, dann können Stabilität und Durchsatz der Internetverbindung durch externe Antennen drastisch verbessert werden. Der kundige Händler findet schnell den besten Antennen-Platz, an der richtigen Seite des Gebäudes, im Dachgiebel, an einem Mast über dem Dach.

Doch nicht alle LTE-Antennen werden von allen LTE-Routern erkannt. Nicht alle passen auf alle LTE-Frequenzen. Am besten legt sich der Händler ein Sortiment von LTE-Antennen ins Auto und probiert sie vor Ort aus. Hier können ITK-Händler ihr Installations- und Vernetzungs-Knowhow ausspielen und schwierige Standorte ans LTE-Netz bringen, die ohne Outdoor-Antenne gar keine ausreichende Funk-Verbindung mehr bekommen würden.

Hat der Händler und sein Kunde so den Quantensprung vom 64-KBit/s-ISDN-Anschluss ins 50.000-KBit/s-LTE-Zeitalter geschafft, dann ergeben sich auf diesem neuen Speed-Level ganz neue Möglichkeiten der Heim- und Business-Vernetzung.

Die zwei mitgelieferten 4G-Antennen des „LANCOM 1781-4G“ lassen sich in jede sinnvolle Position drehen. An gut versorgten Messplätzen haben sie sehr gute Signalstärken von -51 dBm aus der LTE-Luft eingefangen. Das kann man an der LANmonitor-Software beobachten und die 4G-Antennen so lange drehen, bis sich die bestmöglichen dBm-Werte einstellen (Foto: Harald Karcher).

Ausblick: LTE mit Gigabit-Speed

ZDNet.de: Wie geht die Speed-Entwicklung bei LTE weiter? Wann kommen die vollen 100 MBit/s und mehr auch im echten Leben?

Ralf Koenzen: Das müssen Sie in erster Linie die Netzbetreiber und deren Netzausrüster fragen. Die reden ja schon von Labor-Versuchen mit 1000 bis 1200 MBit/s. Dabei werden allerdings vier 20-MHz-Kanäle gleichzeitig genutzt. Zusammen also 80 MHz. Das nennt man Multi-Carrier-Technik. Eine solche Verschwendung der knappen Frequenzen in der Luft ist in der Praxis dicht besiedelter Gebiete derzeit kaum realisierbar. Dazu müsste man auch weitere Frequenzen an die Netz-Betreiber versteigern. Zudem kamen in den LTE-Gigabit-Tests 4×4-MIMO-Systeme zum Einsatz. Dieses Multiple Input Multiple Output Verfahren benötigt mehrere Antennen im Endgerät und auf der Basisstation. Einen weiteren Speed-Zuwachs bringt die CoMP-Übertragung. Bei einer solchen Coordinated Multi Point Transmission kann das Endgerät die Dateien von mehreren Basisstationen gleichzeitig herunter laden. So aufwändige Endgeräte für 80 MHz Kanalbreite und 4×4 MIMO sind vorerst kommerziell noch nicht verfügbar. Die Entscheidung über den Rollout neuer Mobilfunknetze und die damit verbundenen Milliarden-Investitionen fällen die Netz-Betreiber. Sobald die Provider schnellere LTE-Normen ausrollen, passen wir unseren 4G-Router an. Er ist modular aufgebaut. Im besten Falle müssen wir dann nur das Funkmodul auswechseln.

ZDNet: Vielen Dank für das Gespräch.

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ZDNet.de Redaktion

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