Xerox greift Wettbewerb mit dessen eigenen Tonerkartuschen an

Mit starkem Understatement hat Xerox vergangene Woche eine „neue Produktlinie mit wiederaufbereiteten preisgünstigen, hochwertigen und umweltfreundlichen Tonerkartuschen für Nicht-Xerox-Drucksysteme“ angekündigt. Es handelt sich dabei um die Erweiterung eines seit 1997 bestehenden Angebots – eines Angebots allerdings, das zumindest in Deutschland so gut wie nicht beachtet wurde: Nur drei Händler führt Xerox auf einer gut versteckten Untersektion ihrer Website auf, die bisher „Replacement Cartridges für NON Xerox Drucker“ verkauft haben.

Bei der neuen Linie mit dem Namen Responsible sieht das vom Start weg anders aus: Als Partner hat sich Xerox die Distributoren ALSO Actebis, Systeam und Open Storage ins Boot geholt, wo sie nun nahezu jeder Fachhändler in Deutschland bestellen kann. Außerdem soll sie von allen autorisierten Xerox-Fachhandelspartnern vertrieben werden dürfen.

Mit der Serie „Responsible“ will Xerox nahezu alle anderen Hersteller ärgern, indem es deren Kartuschen mit eigenem Toner befüllt und sie dann deutlich günstiger anbietet (Bild: Xerox).

Für die Responsible-Serie verspricht Xerox Kosteneinsparungen von „mindestens 50 Prozent im Vergleich zu OEM-Tonerkartuschen“. Als Zielgruppe nennt es Anbieter von Managed Print Services und Unternehmen, die große Druckerflotten mit Systemen unterschiedlicher Hersteller verwalten. Die könnten mit den von Xerox gelieferten Kartuschen „exzellente Druckqualität von der ersten bis zur letzten Seite“ bieten und bekämen eine „Seitenleistung, die der Angabe auf der OEM-Tonerkartusche entspricht“. Zudem gewährt Xerox auf jede Kartusche zwei Jahre Garantie.

Die Xerox-Kartuschen lassen sich in einer Vielzahl von OEM-Desktop-Laserdruckern von Brother, Canon, Epson, HP, Konica Minolta, Kyocera, Lexmark, Oki und Panasonic verwenden – also außer Samsung allen im Markt relevanten Druckeranbietern. Zur Fertigung der Tonerkartuschen verwendet Xerox eigenen Angaben zufolge mehr als 90 Prozent der Originalteile, und wirbt damit, dass sich so die Herstellungskosten senken und die Abfallmenge reduzieren lässt.

Unterm Strich wird Xerox damit zum Konkurrenten von Firmen wie Pelikan, Geha und KMP – deren Geschäfte offensichtlich florieren. Kleiner aber feiner Unterschied: Alle drei, die den Druckerherstellern schon lange ein Dorn im Auge sind, liefern nur alternative oder aufgearbeitete Supplies und sind nicht auch selbst als Druckerhersteller aktiv. Xerox dagegen schon.

Das bisherige Fremdtoner-Angebot von Xerox – hier im Shopsystem von Open Storage – war überschaubar (Screenshot: ZDNet)

Auf Anfrage von ZDNet wollten sich die betroffenen Hersteller nicht konkret äußeren: Es war jedoch herauszuhören, dass sie von dem Schritt überrascht wurden. Generell hieß es von einigen, man kommentiere Aktivitäten des Wettbewerbs nicht, die anderen verwiesen darauf, dass sie sich sicher sind, dass die Kombination aus eigenen Druckern und Original-Verbrauchsmaterial einfach die bessere Lösung ist.

Ihnen spricht HP-Manager Leobert Fäßler aus der Seele: „Druckkassetten sind der Teil eines Laserdruckers, der in der täglichen Arbeit am meisten beansprucht wird. Zudem sind sie auch maßgeblich verantwortlich für das Druckergebnis: zu 70 Prozent basiert es auf der verwendeten Druckkassette. Original HP Druckkassetten sind optimal auf die HP LaserJet Drucker abgestimmt. Das verhindert nicht nur Fehler beim Drucken wie etwa Streifen oder Flecken, sondern senkt letztendlich auch die Gesamtkosten. Darüber hinaus werden die Original-HP-Druckkassetten aus wiederverwertetem Kunststoff hergestellt, durchlaufen einen mehrstufigen Wiederverwertungsprozess und tragen somit zum Umweltschutz bei.“

Dass sind aber letztendlich dieselben Argumente, die auch den Erfolg von Geha, KMP und Pelikan nicht aufhalten konnten. Abzuwarten bleibt jetzt, ob Xerox sein aggressives Angebot auf breiter Basis in den Markt bringen kann. Das ist bei dem Hersteller nicht immer selbstverständlich. In der Vergangenheit hat er mit anderen Innovationen auch schon zwei oder drei Anläufe gebraucht. Und schließlich ist auch das bisher vorhandene Angebot an „Non-Xerox-Supplies“ im Markt nicht wirklich wahrgenommen worden.

Schafft es Xerox allerdings, über seine Distributionspartner eine große Zahl von Händlern zu begeistern, die tatsächlich auf die Xerox-Alternativkartuschen setzen, dürfte das den Konkurrenten sehr weh tun: Schließlich beruht ihre Kalkulation oft darauf, den Gewinn nicht beim Druckgerät, sondern im Lauf der Zeit mit dem Verbrauchsmaterial einzufahren.

Und auch wer weniger Geräte, sondern eher Seitenpreismodelle verkauft, könnte dadurch getroffen werden: Grätscht Xerox oder ein Xerox-Partner dazwischen und löst den Vertrag ab, profitiert der Eindringling von der von anderen aufgebauten Infrastruktur.

Eine Lösung könnten für die betroffenen Anbieter längerfristige Verträge sein. Für Kunden ist der Xerox-Tabubruch auf alle Fälle eine gute Nachricht: Selbst wenn sie die Alternative nicht ernsthaft nutzen wollen, können sie damit drohen, um den Preis ein bisschen zu drücken.

„Xerox ist ja mit seiner Strategie, Kartuschen für die Geräte der Konkurrenz zu verkaufen, schon seit Ende der 90er erfolgreich unterwegs. Die Strategie stößt natürlich generell nicht auf große Gegenliebe der Hardware-Hersteller, basiert doch das Erlösmodell in der Druckgeräte-Branche darauf, dass die eigenen Geräte auch mit der Original-Kartusche betrieben werden – da nur mit dem Toner-Verkauf die angepeilten Margen erzielt werden“, sagt Oliver Jendro, Senior Analyst beim unabhängigen Beratungs- und Marktforschungsunternehmen Dokulife Consulting & Research auf Anfrage gegenüber ZDNet. „Das Xerox seine Produktlinie ausbaut, dazu besonders wiederaufbereite Kartuschen verwendet und dabei 50 Prozent Kosteneinsparung gegenüber der Originalen bewirbt, dürfte für neuen Konfliktstoff in der Branche sorgen.“

Jendro weiter: „Der Einsatz von wiederaufbereiteten Kartuschen hat seine Vorteile aber auch seine Nachteile für Xerox. Zum einem können rechtliche Schwierigkeiten elegant umgangen werden, denn nicht alle Teile einer Kartusche dürfen nachgebaut werden. Kartuschen sind in Form und Funktion durch Patente geschützt, wer nachbaut, begibt sich automatisch in juristisches Minenfeld. Allerdings sorgt die Wiederaufbereitung auch für einen handfesten Nachteil – man ist auf das effektive Einsammeln von alten, gebrauchten Kartuschen angewiesen.“

Durch letzteres ergaben sich aber Beschränkungen: „Daher wird man nur Kartuschen zu den Druckgeräten liefern können, die bereits lange und in großer Stückzahl im Markt vorhanden sind. Damit ist aber wiederum der Einsatz dieser Kartuschen für reguläre MPS-Projekte eingeschränkt: In einem soliden MPS-Projekt werden Neugeräte ausgerollt – die Kartuschen für diese Geräte sind anfangs nur vom Hardware-Hersteller verfügbar.“

Laut Jendro müssten in der Praxis also Händler, die MPS-Infrastrukturen betreiben, die ersten Jahre Originalware einsetzen um dann während der Projektlaufzeit auf wiederaufbereite Kartuschen umzusatteln. „Ob das vertraglich mit dem Infrastruktur-Besitzer, entweder Leasing-Geber oder der Käufer der Hardware, überhaupt machbar ist, ist fraglich“, gibt der Experte zu Bedenken. Anders verhalte es sich bei älteren Infrastrukturen – dort könne sich das Angebot von Xerox seiner Ansicht nach für Infrastruktur-Betreiber in Zukunft durchaus lohnen.

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Peter Marwan

Für ZDNet veröffentlicht Peter immer wieder Beiträge zum Thema IT Business.

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