EU beklagt „beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden“ durch Cyberattacken

Jüngste Cyberattacken auf Regierungen von EU-Mitgliedsländern haben „beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden verursacht und Sicherheitssysteme beschädigt. Das Ausmaß konnte noch nicht adäquat abgeschätzt werden.“ Das hat Sonderberichterstatter Tunne Kelam von der Europäischen Volkspartei im Entwurf zu einer Resolution geschrieben. Das Papier fordert eine aktualisierte Cyberstrategie und Vorbereitungen auf Cyberkonflikte.

Die Aussage legt nahe, dass viele Angriffe gar nicht an die Öffentlichkeit dringen. Eine Ausnahme ist bestenfalls Großbritannien mit seiner Meldepflicht für Sicherheitsvorfälle. So hatte Außenminister William Hague zugeben müssen, dass Systeme in seinem Ministerium 2010 mit dem Trojaner Zeus infiziert wurden. Bekannt werden überdies auch von Hackern reklamierte Attacken. Vor allem Anonymous hat zahlreiche DDoS-Angriffe auf Regierungsstellen gemeldet – wiederum vor allem in Großbritannien, wo Wikileaks-Gründer Julian Assange nach wie vor eine Abschiebung droht.

Rik Ferguson von Trend Micro vermutet allerdings, dass sich die EU-Politiker auf gezielte Angriffe aus Regierungsdaten und -mitglieder beziehen – und nicht auf DDoS-Attacken. „Solche Angriffe haben weit wahrscheinlicher finanzielle Auswirkungen als DDoS, wenn nämlich Daten gestohlen oder Verhandlungen gestört beziehungsweise vereitelt werden. Sie dürften auch extrem schwierig zu quantifizieren sein – aber deshalb nicht weniger real.“ Trend Micro habe beispielsweise Angriffe mit dem Remote-Access-Trojaner Xtreme RAT auf das britische Außenministerium beobachtet. Man glaube, dass die gleichen Angreifer auch Stellen in Israel und Palästina ins Visier genommen haben.

Die Resolution fordert alle EU-Institutionen und Mitgliedsstaaten auf, so schnell wie möglich eine Cybersecurity-Strategie zu entwickeln. Auf europäischer Ebene soll eine Koordination erfolgen. Sie wurde mit einer klaren Mehrheit von 454 Pro-Stimmen verabschiedet. Das Europäische Parlament hat 754 Sitze.

Der Beschluss merkt an, dass inzwischen viele besonders effiziente Angriffsfälle politischer Natur sind, ihr Status aber völlig unklar. So gebe es keine international akzeptierte Reaktion auf Angriffe anderer Staaten. Es sei auch unklar, ob eine Cyberattacke als Kriegsgrund gelten könne.

[mit Material von Tom Brewster, TechWeekEurope.co.uk]

Florian Kalenda

Seit dem Palm Vx mit Klapp-Tastatur war Florian mit keinem elektronischen Gerät mehr vollkommen zufrieden. Er nutzt derzeit privat Android, Blackberry, iOS, Ubuntu und Windows 7. Die Themen Internetpolitik und China interessieren ihn besonders.

Recent Posts

Black Friday: Vorsicht vor schädlichen QR-Codes

Bösartige QR-Codes, die per E-Mail versendet werden, eignen sich sehr gut, um Spam-Filter zu umgehen.

10 Stunden ago

Black Friday: Zahl der ominösen Shopping-Websites steigt

Unsichere Websites und Phishing-Mails in Verbindung mit Black Friday können kauffreudigen Konsumenten zum Verhängnis werden.

10 Stunden ago

SmokeBuster bekämpft SmokeLoader

Malware SmokeLoader wird weiterhin von Bedrohungsakteuren genutzt, um Payloads über neue C2-Infrastrukturen zu verbreiten.

17 Stunden ago

Taugen Kryptowährungen als Unterstützer der Energiewende?

Bankhaus Metzler und Telekom-Tochter MMS testen, inwieweit Bitcoin-Miner das deutsche Stromnetz stabilisieren könnten.

1 Tag ago

Supercomputer-Ranking: El Capitan überholt Frontier und Aurora

Mit 1,7 Exaflops ist El Capitan nun der dritte Exascale-Supercomputer weltweit. Deutschland stellt erneut den…

2 Tagen ago

Ionos führt neue AMD-Prozessoren ein

Der deutsche Hyperscaler erweitert sein Server-Portfolio um vier Angebote mit den neuen AMD EPYC 4004…

2 Tagen ago