Deutschlands umsatzstärkster Gebrauchtsoftwarehändler, Usedsoft, hat mit Hans-Olaf Henkel und Heinrich von Pierer zwei prominente Manager in seinen neu geschaffenen Verwaltungsrat berufen. Mit Hilfe der beiden soll vor allem das Geschäft in Europa ausgebaut werden. Im Mittelpunkt stehen Frankreich, Italien, Großbritannien und Skandinavien. Im deutschsprachigen Raum sollen die Kontakte der beiden altgedienten Wirtschaftskapitäne helfen, das Geschäft weiter anzukurbeln, das nach Aussage von Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider nach der Urteilsverkündung des EuGH am 3. Juli ohnehin schon deutlich angezogen hat.
Ziel ist es, in erster Linie Firmen mit 15 bis 500 Mitarbeitern mit Rechten für die Nutzung von Microsoft-Lizenzen aus zweiter Hand zu versorgen – Abweichungen nach oben sind willkommen. Die beiden neuen Verwaltungsräte können beim Vertrieb an diese Kunden wahrscheinlich wenig helfen. Nicht zu unterschätzen sein dürfte jedoch die Bedeutung ihrer Kontakte in die großen Konzerne: Von dort stammen nämlich wahrscheinlich die meisten der von Usedsoft weitergereichten Lizenzen.
„Es hat mir immer Spaß gemacht, gegen festgefahrene Strukturen und Monopole anzukämpfen, die dem freien Wettbewerb entgegenstehen, und der Handel mit Software ist ein solches Beispiel“, sagte Heinrich von Pierer heute auf einer Pressekonferenz im Presseclub in München. „Ich bin davon überzeugt, dass UsedSoft über ein gutes Geschäftsmodell verfügt. Ich sehe ein interessantes Potenzial, nicht nur in Deutschland, sondern durchaus auch international.“
Hans-Olaf Henkel, nach seiner Zeit bei IBM lange Jahre Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) argumentiert noch ein bisschen aus dieser Sicht: „Jedes Unternehmen sollte jedes sinnvolle Instrument nutzen, um Kosten zu reduzieren. Das gilt umso mehr für den Einkauf von Software, als hier jährlich Milliarden von Euro ausgegeben werden.“
Das EuGH-Urteil bezeichnete Henkel als „so etwas wie ein Startsignal“. Der Europäische Gerichtshof hatte am 3. Juli dieses Jahres den Handel mit gebrauchten Computerprogrammen für grundsätzlich rechtmäßig erklärt – und zwar auch dann, wenn es sich um online übertragene Software handelt.
Markt mit Millarden-Potenzial
Um das Marktpotenzial für Gebrauchtsoftware zu veranschaulichen weist Usedsoft-Chef Schneider auf Zahlen des Bitkom hin. Alleine in Deutschland würde 2012 Software für über 17 Milliarden Euro verkauft – davon 85 Prozent an Firmen. Der Handel mit gebrauchter Software berge also ein „Milliarden-Potenzial“.
Dass will sich UsedSoft, das derzeit ausschließlich mit Microsoft-Produkten handelt, erschließen, indem man auch Software weiterer Hersteller ins Programm nimmt. Ausdrücklich genannt hat Schneider Adobe, SAP und Oracle. Die Oracle-Anwender haben schon signalisert, dass sie das begrüßen. Zum anderen bereite man die massive Ausweitung des Vertriebs auf die gesamte Europäische Union vor.
„Wenn sich Unternehmen im Wettbewerb behaupten wollen, müssen sie innovativ sein und ihre Kosten im Griff haben. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass IT und Software einen enormen Kostenblock darstellen, und deshalb fällt es ins Gewicht, wenn die Unternehmen beim Einkauf von Software und bei der Verwertung nicht mehr genutzter Programme riesige Summen buchstäblich verschenken. Oder anders gesagt: Vom Handel mit gebrauchter Software zu profitieren, ist ein Gebot der betriebswirtschaftlichen Vernunft“, wirbt von Pierer für die Angebote seines neuen Schützlings.
Ähnlich argumentiert Henkel: Während seiner Tätigkeit im BDI habe er sich um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen bemüht. Dabei sei immer wieder deutlich geworden, dass die hohe Kosten hierzulande zu den größten Standortproblemen zählen. Jedes Unternehmen sollte also jedes sinnvolle Instrument nutzen, um Kosten zu reduzieren. Das gelte auch für den Einkauf von Software.
„Ich beobachte den Software-Gebrauchtmarkt schon seit geraumer Zeit. Er fasziniert mich, weil er verrottete Strukturen aufbricht. Weil er Monopole beseitigt. Weil er Unternehmen dabei hilft, Hunderte von Millionen, wenn nicht Milliarden zu sparen. Und nicht zuletzt auch deshalb, weil er so einfach ist. Je einfacher ein Geschäftsmodell, umso erfolgreicher“, so Henkel.
Nicht alle Hindernisse ausgeräumt
Wobe Henkel das Wort „einfach“ gleich wieder relativierte: Schließlich habe sich UsedSoft in jahrelangem Kampf durch die Instanzen durchsetzen müssen – was nun keinesfalls einfach gewesen sei. Da hat Henkel Recht. Und dieser Weg hat Narben hinterlassen: So kam es, nachdem sich ein Investor zurückgezogen hatte, zur Insolvenz der Schweizer Usedsoft AG und infolgedessen dann auch der deutschen GmbH – wobei allerdings das Geschäft über die Vertriebsgesellschaften in der Schweiz und Österreich weiterlief.
Dennoch wird das auch in Zukunft immer wieder ein wunder Punkt sein, auf den die Gegner die Finger legen – einfach nur, um etwas Unsicherheit bei potenziellen Kunden zu schüren. Ein zweiter Ansatzpunkt für die Hersteller dürfte die komplexe Frage der Aufspaltung von Volumenlizenzen sein.
Zwar ist die im Urteil grundsätzlich erlaubt, aber die juristischen Feinheiten sind nicht für jeden auf Anhieb durchschaubar: So dürfen einfache, von Microsoft-Produkten her bekannte Volumenlizenzen aufgesplittet werden, nicht aber sogenannte Concurrent-User-Lizenzen – wie sie aber lediglich früher von Oracle angeboten wurden. Nichtsdestotrotz: Wer sich hier nicht gründlich erkundigt, wird schnell Angst haben, in eine Falle zu tappen – ein Glauben, in dem ihn die Anbieter bestärken werden.
Schließlich muss sich UsedSoft auch vor innovativen Nachahmern vorsehen. Neben dem Unternehmen haben sich bisher nur wenige Firmen, etwa Preo Software und Susensoftware, mit dem Handel von Softwarerechten befasst – aber in anderer Ausprägung und mit anderer Zielrichtung. Jetzt, wo sozusagen der tapfere Prinz UsedSoft die Dornenhecke um das Schloss der begehrenswerten Prinzessin durchschlagen hat, werden sich sicher auch andere finden, die das schöne Fräulein freien wollen.
Denen hat UsedSoft zwar einiges an Erfahrung voraus, der Händler darf sich aber auf diesen Lorbeeren nicht ausruhen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Verpflichtung von Henkel und von Pierer ein kluger Schachzug. Außerdem schafft sie Glaubwürdigkeit: Während bislang die Gegner das Unternehmen mit allen möglichen Tricks immer wieder in die Nähe von Raubkopierern, Graumarktprofiteuren und Hasardeuren, die sich im günstigsten Fall am äußersten Rand der Legalität bewegen, wird das in Zukunft nicht mehr so einfach sein.
Das Schlauste, was die Hersteller tun könnten, ist die Opposition aufzugeben und dem Ratschlag zu folgen, den Schneider ihnen auf der Pressekonferenz gegeben hat: Er sei grundsätzlich froh über Wettbewerb im Markt – schließlich könne er nicht für freien Handel eintreten und es dann bedauern, wenn dessen Anwendung für ihn nachteilig sei. Also müsse man mit möglichen Nachahmern leben – oder vielleicht sogar damit, dass eines Tages die Hersteller selber ihre Lizenzen wieder zurücknehmen und weiterverkaufen – so wie das Mercedes oder BMW mit seinen Autos tut. Aber letztendlich muss er sich auch davor nicht fürchten: Zumindest in den nächsten Jahren ist der Markt groß genug, dass viele davon gut leben können.
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