EU will Behörden-Websites bis Ende 2015 barrierefrei machen

Die Europäische Kommission hat eine Richtlinie zum barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen vorgeschlagen. Sie sieht für zwölf Arten von Websites ab Ende 2015 verbindliche Standardvorgaben in Bezug auf die Barrierefreiheit vor. Die neuen Vorschriften sollen es über 100 Millionen EU-Bürgern künftig erleichtern, wenn sie öffentliche Dienstleistungen online in Anspruch nehmen wollen, um etwa einen Arbeitsplatz zu suchen, ein Kraftfahrzeug anzumelden, ihre Steuererklärung abzugeben oder einen Reisepass oder Führerschein zu beantragen, wie die EU-Kommission mitteilt.

Mit der Richtlinie will die EU auch klar definieren, was barrierefreier Zugang im Web bedeutet. Die vorgeschlagenen Vorschriften beziehen sich auf technische Spezifikationen, Beurteilungsmethoden, Berichterstattung und praktische Erprobung. Behörden sollen dazu angehalten werden, diese Regeln über die obligatorische Liste hinaus auch auf ihre sonstigen Dienstleistungen anzuwenden.

Hauptnutznießer des Vorschlags wären der Kommission zufolge die 80 Millionen EU-Bürger mit Behinderungen und die 87 Millionen Europäer im Alter ab 65 Jahren. So wird es beispielsweise die Möglichkeit geben, dass sich Sehbehinderte mit einem Bildschirmleser Beschreibungen von Bildern anhören und Hörbehinderte sich Transkripte zu Tonaufnahmen anzeigen lassen können. Zudem sollen alle Teile einer Website sowohl mit der Tastatur als auch mit der Maus erreichbar sein.

„Heutzutage braucht praktisch jeder von uns auf die eine oder andere Weise einen Internetzugang, um durch den Alltag zu kommen. Und wir haben alle Anspruch auf einen gleichberechtigten Zugang zu den Online-Dienstleistungen der Behörden. Der Vorschlag würde dafür sorgen, dass dieses Recht keine bloße Idee bleibt, sondern zur Wirklichkeit wird. Er würde bessere Marktbedingungen und mehr Arbeitsplätze schaffen und es für die Behörden billiger machen, ihre Websites barrierefrei zu gestalten“, sagte Neelie Kroes, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und Kommissarin für die Digitale Agenda.

Der Richtlinienvorschlag (PDF) wird nun dem EU-Ministerrat und dem Europäischen Parlament zur Verabschiedung vorgelegt. Bei einem positivem Votum müssten die EU-Mitgliedsstaaten bis zum 30. Juni 2014 entsprechende nationale Rechtsvorschriften erlassen. In 21 Mitgliedstaaten gibt es der Kommission zufolge zwar schon nationale Vorschriften oder Regelungen für den barrierefreien Zugang zum Web, aber Fortschritte würden nur langsam erzielt.

Zu den zwölf Arten von Behörden-Websites, die in den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie fallen, gehören:

  • Einkommensteuer: Steuererklärung, Steuerbescheid
  • Dienstleistungen der Arbeitsämter zur Unterstützung bei der Arbeitssuche
  • Sozialleistungen: Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Familienzulagen, medizinische Kosten (Rückerstattung oder Direktabrechnung), Ausbildungsbeihilfen für Schüler und Studenten
  • Ausweisdokumente: Reisepass, Führerschein
  • Kraftfahrzeugzulassung
  • Beantragung von Baugenehmigungen
  • Polizeiliche Anzeigen (z. B. bei Diebstahl)
  • Öffentliche Bibliotheken, z. B. Kataloge und Suchwerkzeuge
  • Beantragung und Übermittlung von Heiratsurkunden
  • Immatrikulation an Hochschulen/Universitäten
  • Mitteilung eines Wohnsitzwechsels
  • Gesundheitsdienstleistungen: interaktive Beratung zur Verfügbarkeit von Dienstleistungen, Online-Patientendienste, Terminvereinbarungen
ZDNet.de Redaktion

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