Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hat eine Verfügung gegen die Klarnamenpflicht bei Facebook erlassen. Sie richtet sich sowohl an die US-Mutter als auch an die irische Tochter in Dublin, die für das Europa-Geschäft verantwortlich ist. Das ULD fordert darin von dem Social Network, Mitgliedern aus dem Bundesland die Möglichkeit einzuräumen, bei der Registrierung ein Pseudonym statt Echtdaten angeben zu können. Sollte Facebook dieser Forderung nicht innerhalb von zwei Wochen nachkommen, droht ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro.
Zusätzlich verlangt das ULD die Entsperrung von Mitglieder-Konten, die nur deshalb gesperrt wurden, weil ihre Besitzer bei der Registrierung keine oder unvollständige Echtdaten angegeben haben. Facebook müsse zudem Nutzer vor der Registrierung „in einfacher, verständlicher und leicht zugänglicher Form sowie in deutscher Sprache über die Möglichkeiten der Registrierung unter Angabe eines Pseudonyms“ unterrichten, heißt es in der vom Datenschutzbeauftragten des Landes Schleswig-Holstein Thilo Weichert verfassten Verfügung, die direkt an Facebook-CEO Mark Zuckerberg gerichtet ist.
Das ULD beruft sich auf das deutsche Telemediengesetz (TMG). Dort heißt es in Paragraf 13 Absatz 6: „Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren.“ Diese Regelung stehe in Einklang mit europäischem Recht und diene unter anderem dazu, im Internet die Grundrechte und insbesondere das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu wahren, führt das ULD an. „Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass sich Nutzer von Internetdiensten wie Facebook dort weitgehend unbeobachtet und ohne Angst vor unliebsamen Folgen bewegen können.“
Facebook bestreitet dem ULD zufolge die Anwendbarkeit der Regelung in Paragraf 13 Absatz 6 des TMG. Selbst wenn sie anwendbar wäre, so wäre eine Abkehr von der Realnamenkultur für Facebook nicht zumutbar. Man verfolge damit „eine Mission des Vertrauens und der Sicherheit“. Das ULD sieht das anders: Die Klarnamenpflicht verhindere weder Missbrauch des Dienstes für Beleidigungen oder Provokationen noch Identitätsdiebstahl. Daher müsse zur Sicherstellung der Betroffenenrechte und des Datenschutzrechts generell die Klarnamenpflicht sofort von Facebook aufgegeben werden.
Das ULD zweifelt auch an Facebooks Aussage, dass ausschließlich die irische Tochter für die Datenverarbeitung verantwortlich sei, während die US-Mutter lediglich auf Weisung der Tochter agiere. Es macht beide für die Klarnamenpolitik verantwortlich und will daher auch beide zur Verantwortung ziehen.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass ein US-Portal wie Facebook unbeanstandet und ohne Aussicht auf ein Ende gegen deutsches Datenschutzrecht verstößt“, sagte ULD-Leiter Weichert. „Ziel der Verfügungen des ULD ist es, endlich eine rechtliche Klärung herbeizuführen, wer bei Facebook verantwortlich ist und woran dieses Unternehmen gebunden ist. Eigentlich müsste dies auch im Interesse des Unternehmens sein. Insofern hoffen wir in der weiteren Auseinandersetzung auf eine sachorientierte, nicht auf Verzögerung abzielende Vorgehensweise. Angesichts des Umstandes, dass Facebook aktuell allen seinen Mitgliedern die Möglichkeit nimmt, selbst über die Auffindbarkeit unter dem eigenen Namen zu entscheiden, ist unsere Initiative dringender denn je.“
Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hatte sich schon vor über einem Jahr gegen die Klarnamenpflicht ausgesprochen. Ihr zufolge tragen Pseudonyme zum Schutz der Privatsphäre bei. Facebooks damalige Marketingdirektorin Randi Zuckerberg hatte sich hingegen für die Verwendung von echten Namen in der Onlinewelt ausgesprochen, weil dadurch das Problem des Cyberbullying aus der Welt geschafft werden könne. Sie vertrat damit eine ähnliche Haltung wie der frühere Google-CEO Eric Schmidt, der Anonymität als „gefährlich“ bezeichnete.
Das ULD war vergangenes Jahr bereits gegen die Reichweitenanalyse von Facebook vorgegangen, weil es den „Gefällt mir“-Button für rechtswidrig hielt. Im August 2011 forderte es alle Webseitenbetreiber in Schleswig-Holstein unter Androhung eines Zwangsgelds auf, sogenannte Fanpages in dem Social Network und Plug-ins wie den „Gefällt mir“-Button auf ihren Sites zu entfernen. Im Dezember 2011 veröffentlichte der Düsseldorfer Kreis, in dem die obersten deutschen Aufsichtsbehörden zusammengeschlossen sind, seinen Beschluss zum Datenschutz in sozialen Netzwerken, in dem er das direkte Einbinden von Social Plug-ins für unzulässig erklärte.
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