Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat im Fall Adobe gegen den Lizenzhändler Usedsoft entschieden (Aktenzeichen 11 U 68/11), dass Lizenzen aus sogenannten Volumenlizenzverträgen ausdrücklich auch einzeln weiterverkauft werden dürfen. Nach dem im Juli ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs zugunsten der Gebrauchtsoftware-Händler hatten Softwareanbieter – allen voran Microsoft und Adobe – argumentiert, dass zumindest die Aufspaltung von Volumenlizenzverträgen unzulässig sei. Das sehen die Frankfurter Richter anders.
Laut Usedsoft ziehen sie mit ihrem Urteil „einen Schlussstrich unter die letzte noch strittige Frage im Gebrauchtsoftware-Markt“. Die Antwort des Gerichts sei eindeutig ausgefallen: „Es stellte fest, dass der Weiterverkauf von einzelnen Lizenzen, die ursprünglich im Rahmen eines Volumenlizenzvertrags erworben wurden, nicht zu der Annahme [führt], dass hier eine unzulässige Aufspaltung erfolgte.“ Das Aufspaltungsverbot des EuGH bezieht sich demnach – so wie von Usedsoft schon vorher immer wieder erklärt – nur auf die „abweichende Sachverhaltskonstellation“ von Client-Server-Lizenzen. Adobe war auf Anfrage nicht bereit, eine Stellungnahme zu dem Urteil abzugeben.
Die Schlappe der Hersteller wird durch zwei weitere Passagen in dem Frankfurter Urteil komplett gemacht: Erstens urteilt das OLG, dass Verkäufer zum Weiterverkauf von Software „eine Vervielfältigungshandlung vornehmen, das heißt einen Datenträger brennen“ dürfen, um zuvor online erworbene Software weiterzuverkaufen – ein Punkt, den die Hersteller zuvor stets vehement abgelehnt hatten.
Selbstverständlich ist damit nicht die Vervielfältigung der Lizenzen erlaubt: Am Ende darf die Software nicht öfter zum Einsatz kommen, als sie bezahlt wurde. Auch Tricks wie das Abrubbeln von Echtheitszertifikaten, die dann auf selbstgebrannte Datenträger aufgeklebt werden, sind nach wie vor illegal. Dabei handelt es sich aber um eindeutig kriminelle Handlungen, die von den Herstellern zwar oft in die Nähe der etablierten Lizenzhändler gerückt werden, diesen aber fern liegen: Bei ihnen geht es schließlich nicht um den Verkauf von drei oder vier Päckchen mit der Software, sondern in der Regel um die Überlassung von mehreren hundert Lizenzen. Dennoch sollten sich gerade kleinere Firmen, die jetzt über den Kauf von gebrauchter Software nachdenken, vergewissern, dass diese aus einer seriösen Quelle stammt, und nicht beim E-Mail-Angebot des erstbesten Händlers zuschlagen.
Zweitens erteilten die Frankfurter Richter den wirtschaftlichen Argumenten der Hersteller eine Absage. Adobe argumentierte in dem Verfahren, dass Usedsoft beziehungsweise der Erstbesitzer die Software auch deshalb nicht hätte weiterverkaufen dürfen, weil es sich im konkreten Fall um vergünstigt abgegebene, sogenannte „Edu“-Lizenzen gehandelt habe. Adobe und andere Anbieter räumen Bildungseinrichtungen und Schulen erhebliche Rabatte ein. Offiziell, um ihnen die Anschaffung der Software zu ermöglichen, inoffiziell aber natürlich in der Hoffnung, dass Menschen, die mit einer Software ausgebildet worden sind, diese dann auch im Beruf nutzen wollen, da sie mit ihr schon vertraut sind und sie den Aufwand scheuen, sich mit einem Wettbewrbsprodukt vertraut zu machen.
Aber auch damit biss der Hersteller bei den Frankfurter Richtern auf Granit: „Es ist nicht Sache der Gerichte, die Wirtschaftlichkeit der Preispolitik der Klägerin […] zu überprüfen“, taten die Richter die Argumentation lapidar ab. Damit stellten sie Software auch in dieser Hinsicht anderen Wirtschaftsgütern gleich: Kauft etwa ein Autovermieter bei einem Hersteller hunderte Fahrzeuge, hat der Hersteller auch keinen Einfluss mehr darauf, zu welchem Preis und ob der Vermieter diese nach einer gewissen Zeit weiterverkauft.
Die Sichtweise, dass es sich bei Volumenlizenzen nur um eine Lizenz handle, weil auch nur eine Seriennummer vergeben werde, teilte das OLG Frankfurt ebenfalls nicht: Dies „wirkt sich auf die Zahl der gegenständlichen Lizenzen nicht aus“, heißt es in Urteilsbegründung. „Die Klägervertreter haben selbst die Seriennummer als notwendigen ‚Schlüssel zur Installation‘ umschrieben. Unstreitig konnte jedoch an (mehreren) eigenständigen Arbeitsplätzen die Software installiert werden.“
Ein kleines Trostpflaster für Adobe: Das Gericht ließ marken- und wettbewerbsrechtlich begründete Ansprüche zum Teil bestehen, weil diese im Zuge der Berufung nicht rechtzeitig und ausführlich genug angegriffen worden seien. Die Ansprüche betreffen die Erwähnung des Namens „Adobe“ und der Software-Bezeichnungen auf dem Datenträger und in den Lizenzurkunden. Aber das wird den Handel mit den Lizenzen nicht beeinträchtigen.
[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]
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