Tim Berners-Lee hat erneut eine bedenkenswerte These vorgelegt. „Das Recht auf Root-Zugriff auf Ihr System“ – also volle Administratorrechte auch auf einem Smartphone – „ist ein zentrales Problem“, sagte er bei einer Linuxnutzer-Konferenz in Canberra, Australien. Ein Gerät, das dem Anwender dieses Recht nicht einräume, diene einem fremden Herrn. „Das Recht auf Root ist das Recht, Dinge zu speichern, die so laufen, wie Sie es wollen.“
Dass Administratorrechte in den Händen wenig versierter Nutzer zu einer Gefahrenstelle werden, räumte Berners-Lee ein. Von ihnen installierte Apps können sich diese Rechte ebenfalls herausnehmen und missbrauchen. „Wenn Apps für jemanden anderen arbeiten, müssen wir am Sicherheitsmodell feilen. Das beste, was es da bisher gibt, sind die Sicherheitsmodelle von JavaScript mit ihren Einschränkungen von Website-übergreifendem Zugang.“ Den anwesenden Entwicklern sagte der Web-Erfinder: „Wenn Sie Ideen haben, wir wie das leichter verwaltbar und mächtiger machen können, höre ich mir das gern an.“
Berners-Lee wandte sich auch gegen den Trend, für jedes Mobilgerät eine App zu schaffen. Es sei eine Verdopplung des Aufwands und „langweilig für Entwickler“, ähnlichen Code für mehrere Geräte zu schreiben und zu testen. Schlimmer sei aber die Isolation einer solchen App: „Es gibt keine URL in der Leiste, ich kann also kein Lesezeichen erstellen. Ich kann sie nicht tweeten. ‚Gefällt mir‘ ist auch unmöglich, genauso wie ‚gefällt mir nicht‘. Sie ist nicht Teil des Diskurses.“
Als Alternative empfahl er HTML 5, auch wenn dessen Spezifikation mittlerweile ein „beschämend großes“ Dokument sei. Als Musterbeispiel nannte er die Mobil-App der Financial Times unter m.ft.com. „Wenn Sie diese Seite laden, ruft sie alle Artikel der heutigen Ausgabe ab und bringt sie auf Ihr Gerät – genau wie es eine App tun würde.“ Entwicklern sagte er: „Mehr und mehr können Sie mit HTML 5 alles tun, was auch eine App kann. Nutzen Sie das.“
Die größte Herausforderung bleibe es aber, anpassungsfähige Sites und zugehörige Authentifizierungssysteme zu schreiben. Er würde gerne eine „auf meiner Armbanduhr“ begonnene Transaktion nahtlos auf einem Bildschirm fortsetzen, der eine ganze Wand einnehme, sagte Berners-Lee.
Der Erfinder des World Wide Web befindet sich derzeit auf einer Reise durch Australien. Vor drei Tagen hatte er sich dort schon mit eindrücklichen Worten gegen ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung engagiert. Man schaffe damit eine potenzielle Erpresserdatenbank, die so explosiv wie Dynamit sei, sagte er.
[mit Material von Stilgherrian, ZDNet.com]
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