Shareconomy: Das steckt hinter dem Motto der CeBIT 2013

Die Deutsche Messe wird sich während der CeBIT (5. bis 9. März in Hannover) mit der Wirtschaftskrise beschäftigen und hat ihren Ausstellern und Konferenzteilnehmern schwere Kost auf das Veranstaltungsmenü geschrieben. Das Kunstwort „Shareconomy“ steht für die Leitgedanken der diesjährigen IT-Messe in Hannover. Damit zitieren die Veranstalter eine der wichtigen Wirtschaftstheorien aus den achtziger Jahren. In dem Buch „Share Ecomomy“ hatte der Harvard Professor Martin Lawrence Weitzman die damalige Krise untersucht. Viele seiner Thesen und Vorschläge finden sich heute in jedem Management-Werkzeugenkasten der Internet-Ökonomie.

Und Marketingleiter, Wissenschaftler, Verbandsvorsitzende, Sozialromantiker und auch Politiker haben die Share-Ideen Weitzmans weitergeführt. Sie haben neue Begriffe gebildet, alte Konzepte und Eigenschaften vererbt. Sie haben neue Relationen hergestellt und die alten Axiome neu formuliert. Damit hat das kleine Wörtchen Share ein beachtliches Eigenleben entwickelt – und das Kunstwort aus Hannover ist nur eine Facette in einer komplexen Share-Ontologie.

Share Economy

Seine ursprünglichen Ideen sammelte und veröffentlichte der Harvard Professor Martin Lawrence Weitzman 1984 in dem Buch „Share Ecomomy – Conquering Stagflation“. Er schreibt, dass positive Veränderungen der Mikroökonomie positive Auswirkungen auf die Makroökonomie haben. Beispielweise schlug er die Entlohnung der Mitarbeiter gemessen an deren Produktivität vor. Oder auch die Beteiligung der Arbeiter am Unternehmen und an dessen wirtschaftlichem Erfolg. Viele seiner Überlegungen und Vorschläge sind heute selbstverständlicher Bestandteil von Start-Ups, der sogenannten New Economy und vieler Internet-Konzerne.

Shared Economy

Weitzmans Intention war es, Wege aus der Krise zu formulieren und darüber hinaus ein neues Selbstverständnis von Unternehmen und seinen Arbeitern zu beschreiben. Viele Wissenschaftler haben in diese Richtung weiter geforscht. Heute sind die Grenzen zu der sozialromantischen Seite einer ‚geteilten Wirtschaft‘ fließend. In der Shared Economy teilen sich die Menschen Infrastrukturen, Ressourcen, Wissen oder Organisationen und nutzen alles gemeinsam. Immer entlang des Grundgedanken ‚Sharing is Caring‘ – mit anderen Menschen teilen – bedeute sich um diese anderen Menschen zu kümmern.

Sharing Economy

Im Gegensatz zu dem Konzept einer freundlichen, für alle Beteiligen offenen, geteilten Wirtschaft scheint die ‚Teilende Wirtschaft‘ gewinnorientiert zu sein. o sieht die Automobilindustrie ihre Zukunft in der Vermietung und dem kurzzeitigen Verleasen von Fahrzeugen – den sogenannten Car-Sharing-Konzepten. Unternehmen und Organisationen teilen Infrastruktur, Wissen, Produktionsstätten und andere Investitionen. Deren gemeinsames Ziel ist wirtschaftlicher Erfolg.

Shareconomy

Das Hannoveraner Axiom ist, dass das Internet für das weltweite Teilen entscheidend ist. Hier liegt die neue Qualität der ‚Shareconomy‘ – die Marketing-Abteilung der CeBIT möchte mit ihrer Wortkreation alle oben genannten Konzepte unter ein Dach bringen. Darüber hinaus stellen sie die Informationstechnologie als grundlegendes Werkzeug aller Share-Konzepte in den Vordergrund. Mit Hilfe des Webs könnten Organisationen Dienste und Produkte rund um die Erde anbieten und ausrollen.

Share

Banken und Investoren arbeiten schon seit Jahrhunderten in einer Wirtschaft des Teilens. Sie erwerben, offerieren und besitzen Anteile und Aktien – die englische Sprache nutzt hierfür das Substantiv ‚Share‘ – an Unternehmen und Infrastrukturen, an Rohstoffen und Produkten. Wenn allerdings ein Anwender bei Facebook auf ‚Share‘ klickt heißt das nicht, dass er eine Aktie geschenkt bekommt. Das Verb ’share‘ meint ‚gemeinsam nutzen‘ und ‚teilen‘.

Share Market

Die Besitzer von Aktien handeln mit ihren Anteilen an Unternehmen und Rohstoffen. Hierfür stehen ihnen die Aktienmärkte rund um den Globus offen. Die Spekulanten dieses alten Share-Marktes und die Player der neuen Sharing Economy überschneiden sich beispielsweise dann, wenn die Mitarbeiter der Internet-Firmen ihre Anteile an ihren Unternehmen zu Geld machen. Sie bieten auf den Aktienmärkten ihre Anteile an und teilen ihre Organisation mit Banken oder Investoren.

Share Trading

‚Share Trading‘ – also der Handel mit ‚Teilen‘ oder auch ‚Geteiltem‘ wird als Vokabel innerhalb der Sharing Economy typischerweise nicht verwendet. Denn die Sharing Economy geht von langfristigen geschäftlichen Beziehungen zwischen den Menschen und Organisationen aus. Das ‚Share Trading‘ an den Aktienmärkten folgt dagegen der Idee der sehr schnellen und sehr kurzfristigen Gewinne. Typischerweise wissen Investoren nicht, welche Anteile an welchen Unternehmen sie genau besitzen oder besaßen. Denn die Aktienmärkte sind zum Teil hochautomatisiert und die Supercomputer der Banken steuern einen Großteil des Handels innerhalb weniger Sekunden.

Shared Value

Die Share-Experten haben einen Begriff für die soziale Komponente der Share-Universums formuliert. Mit ‚Shared Value‘ bezeichnen sie die Währung für den ethischen und sozialverantwortlichen Mehrwert des Teilens für ihr Unternehmen. Der leitende Gedanke ist, dass je mehr sie mit der Gesellschaft – oder mit Gruppen innerhalb der Gesellschaft – teilen, umso positiver erscheinen sie in der Öffentlichkeit und den Medien. Vor allem die Marketing- und PR-Abteilungen sind für den Shared Value eines Unternehmens verantwortlich. Hier lenken und berechnen die Verantwortlichen den sozialen Wert ihrer Organisation.

Share Paradoxon

Teilen hat einerseits eine starke soziale und ethische Komponente – ist als Wirtschaftskonzept aber durch die Gier der Investoren bestimmt. Beide Komponenten widersprechen sich, gleichzeitig würde in der Share-Galaxie das eine ohne das andere nicht existieren können. Um dieses Share-Paradoxon aufzulösen gibt es die Dunkle Seite des Teilens – die Feindschaft der Unternehmen, die sich täglich als die Verfechter und erklärten Vorkämpfer der Sharing Economy darstellen. Internet-Firmen, die ihren Kunden Dienste, Technologien oder Share-, Follow- oder Map-Funktionen ihrer Konkurrenten sperren.

Dieser Beitrag stammt von unserer Schwesterpublikation silicon.de

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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