Hewlett-Packard wird im Streit um den Support für HPs Itanium-Server möglicherweise zwischen 4 und 4,2 Milliarden Dollar Schadenersatz von Oracle verlangen. Diese Schätzung hat einem Bericht von Computerworld zufolge ein Wirtschaftsexperte, den HP als Zeugen benannt hat, am Montag bei einer Anhörung vor einem Gericht in San Jose (Kalifornien) abgegeben.
Für seine Berechnung ermittelte Jonathan Orszag von der Beratungsfirma Compass Lexecon die Differenz zwischen HPs Itanium-Umsätzen vor beziehungsweise nach Oracles Ankündigung, den Support einzustellen. „Oracles Verhalten, das hier verhandelt wird, hatte sehr bedeutende und negative Folgen für HPs Itanium-Geschäft“, antworte Orszag auf Fragen von HPs Anwälten.
Oracles Ankündigung schade HP schon seit März 2011, als das Unternehmen erstmals seine Zweifel an der Zukunft von Itanium geäußert habe, heißt es weiter in dem Bericht. Sie werde sich auch noch mindestens bis 2020 auswirken. Orszag habe diesen Zeitraum aufgrund einer von HP und Intel für die Itanium-Plattform aufgestellten Roadmap gewählt.
Schon im zweiten Quartal von HPs Fiskaljahr 2011 sei der Itanium-Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 11 Prozent zurückgegangen, erläuterte Orszag. In den folgenden Quartalen sei das Minus auf 18,1 beziehungsweise 32 und 38 Prozent angestiegen. „Man erkennt den Schneeballeffekt“, sagte Orszag.
Das im August 2012 ergangene Urteil, wonach Oracle weiterhin seine Software für HP-Server auf Basis von Intels Itanium-Architektur anbieten muss, habe trotzdem dazu geführt, dass Kunden über einen Zeitraum von 17 Monaten keine langfristige Perspektive für Itanium hatten. „Man kann im Technologie-Sektor nicht die Pause-Taste drücken“, formulierte Orszag.
Oracles Anwälte sowie der von ihnen beauftragte Experte Ramsey Shehadeh von der Beratungsfirma National Economic Research Associates stellten laut Computerworld Orszags Berechnung infrage. Er habe andere Faktoren, die das Itanium-Geschäft beeinflusst haben könnten, nicht berücksichtigt. Als Beispiel nannten sie die Veränderungen an der Spitze des Unternehmens in den vergangenen Jahren, die HPs Ruf geschadet hätten.
HP hatte seine Klage im Juni 2011 eingereicht, weil Oracle wenige Monate zuvor die Entwicklung von Software für Itanium-CPUs aufgegeben hatte. Das Softwareunternehmen begründete den Schritt damit, dass Intel selbst nicht mehr hinter der Architektur stehe. HP wiederum warf Oracle vor, es wolle sich bewusst gegenüber dem Wettbewerb seitens HP abschotten und dessen Kunden schaden. Es unterstellte Oracle zudem, die Itanium-Unterstützung aufgrund der Übernahme von Sun Microsystems und dessen Servergeschäft eingestellt zu haben.
Im April beginnt nun die zweite Verhandlungsphase. Sie beschäftigt sich mit der Ermittlung des Schadenersatzes, den Oracle an Hewlett-Packard zahlen muss. Im ersten Teil bestätigte ein Bezirksgericht im kalifornischen San Jose im August lediglich, dass sich Oracle vertraglich gegenüber HP verpflichtet hat, seine Produkte für HPs Itanium-basierte Server-Plattformen anzubieten, bis HP den Verkauf von Itanium-Servern einstellt. Zudem muss das Gericht noch herausfinden, ob Oracle tatsächlich gegen diesen Vertrag verstoßen hat. Erst nach Abschluss dieser Phase kann Oracle gegen alle Entscheidungen des Verfahrens zusammen in Berufung gehen.
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