Projekt Moonshot: Warum HP auf neue Servertechnik setzt

Ein neues Schlagwort zirkuliert derzeit in der IT-Branche: „Software defined“. IBM beispielsweise verwendet den Begriff, ebenso wie Cisco, Hewlett-Packard und VMware. Der Terminus „Software defined“ bezieht sich dann entweder auf Networking, Storage oder Rechenzentren.

Der Einschub für das Chassis kann bis zu vier Server aufnehmen. Diese sind als System on a Chip (SOC) realisiert (Bild: Mehmet Toprak).

Gemeint ist damit im Prinzip, dass die Software von den Hardware-Modulen, etwa auf Netzwerk-Hardware, so weit entkoppelt und ausgelagert wird, dass die gesamte Hardware im Rechenzentrum zentral gesteuert, verwaltet und neu konfiguriert werden kann. Die Hersteller versprechen sich davon unter anderem mehr Flexibilität beim Einsatz der Hardware. Ändern sich beispielsweise die Anforderungen eines Unternehmens im Geschäftsbetrieb, kann der IT-Administrator die Hardware-Komponenten per Software neu konfigurieren.

Software defined Server

HP spricht jetzt nicht mehr nur bei Switches, von „Software defined“, diesmal geht es um „die weltweit erste Software defined Server-Plattform“. Seit Jahren arbeitet HP bereits an seinem System Moonshot: Es soll die starre Infrastruktur von x86 Servern ablösen. Nun hat das Unternehmen auf einer Veranstaltung in der HP-Niederlassung in Dornach bei München, in Deutschland das erste kommerziell erhältliche Produkt vorgestellt, das Moonshot 1500 Chassis.

Das Moonshot 1500 nimmt bis zu 45 Einschübe auf. Jeder dieser Einschübe oder Cartridges besteht wiederum aus maximal vier SOC-Modulen (SOC, System on a Chip). Die SOCs beherbergen alle für einen Rechner nötigen Komponenten wie Mainboard, CPU, Grafik, Chipsatz und Speicher. Da jedes SOC-Modul als Server arbeitet, lassen sich in einem Chassis also bis zu 180 Server unterbringen. In den neu entwickelten 1500-Chassis verbaut HP für Moonshot optimierte Proliant-Server.

Ein Switch aus dem Moonshot-1500-Chassis (Bild: Mehmet Toprak).

Individuell konfigurierbare Server

Ein weiterer Vorteil: Je nach Anwendung und Workload sind die einzelnen SOCs individuell konfigurierbar. Bei sehr rechenintensiven Anwendungen lassen sich diese beispielsweise mit mehreren CPUs bestücken, grafikintensive Anwendungen werden mit GPU-bestückten SOCs bedient, sogar reine Speicher-SOCs sind machbar.

Neben der Flexibilität ist laut HP der deutlich reduzierte Platz- und Energieverbrauch ein Hauptvorteil der Moonshot-Server. Diese verbrauchen laut Hersteller bis zu 89 Prozent weniger Energie und benötigen 80 Prozent weniger Platz als herkömmliche x86-Server. Dementsprechend sollen auch die Kosten erheblich sinken.

Fünf CPU-Hersteller

Um die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Technik an unterschiedliche Szenarien und Anwendungen zu unterstreichen, verweisen die HP-Manager auf so unterschiedliche Hardware-Partner wie AMD, Applied Micro, Calxeda, Intel und Texas Instruments, die Prozessoren für die Cartridges produzieren. Von Intel beispielsweise kommen Atom-Prozessoren.

Bis zu 45 solcher Cartridges passen in das Moonshot-Chassis (Bild: HP).

Vorgestellt wurde Moonshot auf einer Veranstaltung in der HP-Niederlassung in Dornach bei München von den HP-Manager Matthias Malm, Johannes Horneck und Sandra Liesenfeld. Mit den Moonshot-Servern will HP einen ersten Schritt tun, um die vergleichsweise inflexible x86-Architektur abzulösen. Die neue Architektur soll besonders für die viel zitierten IT Trends der Zukunft wie Cloud Computing, Big Data, Social Media und Mobility eine flexible und schnell skalierbare Infrastruktur zur Verfügung stellen.

Obwohl Intel mit seinen Atom-Prozessoren der CPU-Lieferant für die ersten Moonshot-Server ist, muss sich vor allem der Chip-Riese Sorgen über das machen, was Hewlett-Packard plant. Die bisher in Servern kaum präsenten Konkurrenten, die auf ARM-basierende Prozessoren setzen, werden etwas später zum Zuge kommen. Sie könnten dann den Branchenprimus schnell verdrängen – insbesondere in den Servern, die HP für spezifische, neue Spezialanwendungen bringen will. Intels Rolle könnte schnell so aussehen, wie derzeit bei Tablets oder Smartphones. Hier geben ARM-basierte Lösungen den Ton an.

Linux ist erste Wahl, Windows folgt später

Die erste Produktgeneration ist nur für Linux-Systeme zertifiziert. Allerdings kann der IT-Manager alle Linux-Varianten, egal ob Suse, Ubuntu oder Red Hat installieren. In Zukunft sollen aber auch Microsoft-Systeme unterstützt werden.

Die Entscheidung für Linux als erstes voll unterstütztes Betriebssystem fiel möglicherweise deshalb, weil HP als Kunden zunächst in erster Linie Webhoster im Visier hat. Viele Webhoster waren in den letzten Jahren dazu übergegangen, sich ihre Serversysteme selbst zusammenzubauen. Die Moonshot-Architektur von HP soll den steigenden Bedarf an sehr flexiblen und gleichzeitig energiesparenden Servern befriedigen.

Auch der Preis für ein voll ausgestattetes System ist eher für große, finanzstarke Unternehmen gedacht: ein Chassis mit 45 HP-ProLiant-Moonshot-Servern und integriertem Switch ist ab 50.605 Euro erhältlich.

Ein voll bestücktes Moonshot-Chassis mit 45 Proliant-Servermodulen kostet mehr als 50.000 Euro. (Foto: HP).
Peter Marwan

Für ZDNet veröffentlicht Peter immer wieder Beiträge zum Thema IT Business.

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