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Großteil des Wagniskapitals für IT-Start-ups fließt nach Berlin

In Deutschland fließt mehr als die Hälfte des Wagniskapitals für IT- und Internet-Start-ups nach Berlin. Junge Unternehmen aus der Hauptstadt haben 2012 Venture Capital in Höhe von 133,3 Millionen Euro erhalten, wie der Hightech-Verband Bitkom und der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) im Vorfeld der Berlin Web Week (6. bis 15. Mai) mitteilen. 2009 betrug die Investitionssumme noch 34,2 Millionen Euro; sie hat sich also binnen drei Jahren fast vervierfacht.

In der vom BVK aufgestellten Rangliste der 16 Bundesländer liegt Berlin damit mit deutlichem Abstand auf dem ersten Platz. Dahinter folgen Baden-Württemberg (24,0 Millionen Euro) und Bayern (18,9 Millionen Euro).

Auch bezogen auf die Bevölkerung liegt Berlin im Ländervergleich weit vorne. Mehr als 38 Euro Venture Capital je Einwohner flossen in der Bundeshauptstadt an IT-Start-ups. In Hamburg waren es nur 7,50 Euro. Bei den Flächenländern liegt Sachsen-Anhalt mit knapp 3,90 Euro vorne, gefolgt von Baden-Württemberg mit rund 2,20 Euro. Bayern kommt auf nur 1,50 Euro je Einwohner für IT-Start-ups. Insgesamt haben Venture-Capital-Geber im vergangenen Jahr in 252 Neugründungen investiert. Davon stammten allein 73 aus Berlin. 44 kamen aus Bayern, 22 aus Hamburg, 20 aus Nordrhein-Westfalen und 16 aus Baden-Württemberg.

„Berliner IT-Start-ups erhielten zehnmal so viel Wagniskapital wie Unternehmen in Hamburg“, erklärt Bitkom-Präsident Dieter Kempf. „Berlin hat in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Entwicklung zur Start-up-Metropole gezeigt und wird inzwischen international in einem Atemzug mit London, Tel Aviv oder dem Silicon Valley genannt.“ Der Berliner Boom beim Venture Capital dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gesamtsumme für ganz Deutschland in der ITK-Branche bei gerade einmal 240,8 Millionen Euro liege – und damit sogar unter den 255,5 Millionen Euro aus dem Jahr 2011. Wenn es nicht genügend Risikokapital gebe, würden Start-ups geradezu gezwungen, ins Ausland zu gehen.

„Die Wagniskapital-Finanzierungen hierzulande liegen im internationalen Vergleich immer noch spürbar zurück und erreichen nicht das volkswirtschaftlich wünschenswerte Potential“, sagt Wolfgang Seibold, Vorstandsmitglied des BVK. „Vor allem die Gründer innovativer Technologieunternehmen sind auf eine funktionierende Finanzierungsinfrastruktur angewiesen, um ihre Produkte und Dienstleistungen in den globalen Märkten erfolgreich zu platzieren.“

Bitkom und BVK fordern daher, die Rahmenbedingungen für privates Wagniskapital in der kommenden Legislaturperiode deutlich zu verbessern. Das betreffe sowohl die Regeln für die Kapitalgeber als auch für die finanzierten Start-ups. Zugleich müssten die wenigen Vorteile des deutschen Steuerrechts in diesem Bereich, insbesondere die Steuerbefreiung von Gewinnen aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen, unbedingt erhalten bleiben. Bitkom-Präsident Kempf: „Wir müssen Investitionen in junge Unternehmen attraktiver machen und das bereitgestellte Wagniskapital deutlich erhöhen. Das ist eine Frage des Steuerrechts, und es ist auch eine Frage der Willkommenskultur für Investoren.“

BVK-Vorstand Seibold ergänzt: „Derzeit fehlt es vor allem an privatem Kapital. Um mehr privates Kapital zu mobilisieren, müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapital verbessert werden. Das betrifft nicht nur die steuerliche Behandlung von Wagniskapitalfonds. Auch die belastenden Regelungen zur steuerlichen Behandlung von Verlustvorträgen junger Unternehmen und das Fehlen einer steuerlichen Forschungsförderung für innovative Unternehmen sind ein Standortnachteil.“ Dies untermauere auch das jüngst veröffentliche „Innovation Scoreboard“ der EU-Kommission. „Deutschland steht zwar auf Platz zwei der Rangliste der innovativsten Länder in der EU und gehört bei fast allen Indikatoren zur Spitze – nicht jedoch im Bereich Finanzierung aufgrund des unterdurchschnittlich bewerteten Wagniskapital-Marktes“, so Seibold.

ZDNet.de Redaktion

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