Einige Nokia-Aktionäre verlieren offenbar langsam die Geduld mit CEO Stephen Elop. Wie Reuters berichtet, forderten sie ihn gestern auf der Hauptversammlung des finnischen Handyherstellers in Helsinki auf, die Wahl von Windows Phone als primäres Mobilbetriebssystem zu überdenken. Elop bekräftigte jedoch sein Bekenntnis zum OS seines ehemaligen Arbeitgebers Microsoft.
„Sie sind ein netter Kerl und das Führungsteam tut sein Bestes, aber das ist offensichtlich nicht genug“, zitiert Reuters den Anteilseigner Hannu Virtanen. „Ist Ihnen bekannt, dass nur Ergebnisse zählen? Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Absichten. Bitte schlagen Sie einen anderen Weg ein“, sagte er auf der Hauptversammlung an Elop gerichtet.
Ursprünglich hatte Nokia für den Umstieg vom eigenen Mobil-OS Symbian zu Windows Phone zwei Jahre veranschlagt, die nun vorbei sind. Die jüngste Bilanz des Unternehmens zeigt zwar erste Erfolge der Lumia-Smartphones, die Verkaufszahlen sind im Vergleich zu den Top-Anbietern Samsung und Apple jedoch verschwindend gering. Auch der Absatz einfacherer Geräte (Feature Phones) ging weiter zurück.
Einige Kleinaktionäre räumten gegenüber Reuters ein, sie hätten ihre Anteile nur deswegen noch nicht verkauft, weil Nokia für sie für Finnlands Wiedergeburt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der Neunzigerjahre stehe – damals Finnlands wichtigster Handelspartner. Institutionelle Anleger hingegen sind weniger sentimental. Der finnische Pensionsfonds Ilmarinen – zweitgrößter Aktionär von Nokia – reduzierte laut Reuters seinen Anteil zuletzt um 27 Prozent.
Für Stephen Elop gibt es jedoch keine Alternative zu Windows Phone. „Für uns ist klar, dass wir im derzeitigen Krieg der Ökosysteme eine sehr deutliche Entscheidung getroffen haben, uns mit der Produktreihe Lumia auf Windows Phone zu konzentrieren“, sagte Elop. „Und wir werden damit gegen Wettbewerber wie Samsung und Android antreten.“
Juha Varis, Senior Portfolio-Manager bei Danske Capital, kritisierte im Telefoninterview mit Reuters Elops Entscheidung. „Sie haben keine neuen Ideen. Ihr Schicksal ist ganz von Windows Phone abhängig.“ Auch andere Analysten seien der Meinung, die Lumia-Verkäufe seien zu gering, um das Überleben des finnischen Handyherstellers zu sichern.
Im ersten Quartal setzte Nokia nach eigenen Angaben 5,6 Millionen Lumia-Smartphones ab. Im Vorquartal waren es 4,4 Millionen Einheiten gewesen. Der Marktanteil stagniert jedoch bei rund 5 Prozent. Apple und Samsung hingegen kontrollieren Reuters zufolge mehr als die Hälfte des Markts.
Noch im Mai will Nokia mit dem Lumia 928 in den USA ein neues Windows-Phone-Flaggschiff in den Handel bringen. Eine Teaser-Website zeigt ein erstes Bild des Geräts, das die Kamerafunktion in den Mittelpunkt stellt. Analysten wie Brian Colello von Morningstar bezweifeln jedoch, dass Nokias Strategie für den US-Markt aufgeht. „Die besten Erfolgschancen haben sie, wenn sie nicht direkt mit Apple konkurrieren“, zitiert ihn Reuters. Nokia konzentriere sich besser auf die mittlere Preislage. „Dort suchen Kunden in aufstrebenden Märkten und Smartphone-Erstkäufer.“
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Magnus Rehle, Senior Partner beim Beratungsunternehmen Greenwich Consulting. „Sie haben die Schlacht mit Apple und Samsung um teure Smartphones verloren. Und am unteren Ende macht ihnen China Konkurrenz. Es gibt aber immer noch die Möglichkeit, um die aufstrebenden Märkte zu kämpfen“, sagte Rehle.
Reuters zufolge wird Nokia schon bald neue Modelle der Produktreihe Asha ankündigen. Möglicherweise geschieht das schon am Donnerstag. Dann nimmt Stephen Elop an einer Pressekonferenz seines Unternehmens in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi teil.
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