US-Präsident Obama: NSA-Spionage bedeutet nicht Verzicht auf Freiheit

In einem TV-Interview hat US-Präsident Obama beteuert, dass der US-Geheimdienst NSA nicht über seine gesetzmäßigen Befugnisse hinausgehe und seine Spionagetätigkeit nur dem Schutz der US-Bürger diene. In einem 45-minütigen Gespräch mit dem bekannten Interviewer Charlie Rose sprach er von vertretbaren Kompromissen, die keinen Verzicht auf Freiheit bedeuteten.

„Wie ich gesagt habe und weiterhin glaube, müssen wir unsere Freiheit nicht aufgeben, um für Sicherheit zu sorgen“, sagte er. „Das ist eine falsche Wahlmöglichkeit. Es bedeutet wiederum nicht, dass keine Kompromisse einzugehen wären bei all unseren Programmen, bei all unseren Handlungen. Kompromisse bedeuten aber nicht zugleich, dass wir die Freiheit aufgegeben haben.“

US-Präsident Barack Obama (Bild: Martin LaMonica / CNET)

Nach Offenlegung des umfangreichen Überwachungsprogramms PRISM und weiterer Einzelheiten über die Aktivitäten der National Security Agency (NSA) erfolgten sorgfältig formulierte Dementis beschuldigter Internetfirmen und staatlicher Stellen. Sie warfen aber tatsächlich mehr Fragen auf, als sie beantworten konnten.

Den Zugriff des Geheimdienstes auf Telefondaten von US-Telekomfirmen spielte der Präsident damit herunter, dass die erfassten Telefonnummern nicht mit Namen oder Datenbankinhalten verbunden seien. Es handle ich einfach nur um „Nummernpaare.“ Tatsächlich sollen in den übermittelten und langfristig gespeicherten Telefonie-Metadaten aber auch die IMEI der Geräte, Funkstation, Vermittlungsstelle, Anrufdauer und Zeitpunkt aller Gespräche enthalten sein.

„Ich kann eindeutig sagen, dass die NSA, wenn Sie eine Person in den USA sind, Ihre Telefongespräche nicht abhört und Ihre E-Mails nicht überwacht … und das auch nicht getan hat“, sagte Obama. Nach dem Gesetz und den Bestimmungen könnten US-Behörden das nicht, ohne es zuvor bei einem Gericht zu beantragen und durch einen hinreichenden Verdacht zu belegen. „Der Kongress überwacht das, Bundesgerichte überwachen das“, versicherte er. Sowohl ein US-Abgeordneter als auch PRISM-Enthüller Edward Snowden hatten zuvor berichtet, dass die NSA ohne gerichtliche Anordnung auch die Kommunikation im Inland überwacht.

Der Präsident wollte auch den Vorwurf nicht gelten lassen, das von ihm zuvor kritisierte Überwachungsprogramm seines Vorgängers George W. Bush und des Ex-Vizepräsidenten Dick Cheney weitergeführt und sogar ausgeweitet zu haben. „Meine Einwände galten nie der nachrichtendienstlichen Aufklärung, um Terrorismus zu verhindern“, sagte er. „Mir war vielmehr wichtig, ein System von wechselseitiger Kontrolle und Kompetenzabgrenzung einzurichten.“

Whistleblower Edward Snowden hatte offenbar lange gezögert, das umfangreiche Überwachungsprogramm der NSA zu enthüllen, da er auf Veränderungen durch die Obama-Regierung gehofft hatte. „Obamas Wahlversprechen und seine Wahl vermittelten mir das Vertrauen, dass er uns zu einer Lösung der Probleme führen würde, die er in seiner Werbung um Wahlstimmen umriss“ erklärte er in einem Live-Chat des britischen Guardian. „Leider hat er kurz nach seiner Machtübernahme die systematische Untersuchung von Gesetzesbrüchen verhindert sowie verschiedene missbräuchliche Programme vertieft und erweitert.“

Am morgigen Mittwoch spricht Obama in Berlin – ab etwa 16.30 Uhr vor dem Brandenburger Tor. Aus diesem Anlass ist auch eine Demonstration gegen PRISM sowie zur Unterstützung von Edward Snowden geplant.

[mit Material von Dara Kerr, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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