Der Tech-Blogger Sascha Pallenberg hat schwere Vorwürfe gegen die Anbieter des beliebten Werbeblockers Adblock Plus erhoben. Er beschreibt die Ende 2011 eingeführte Option „Acceptable Ads“ als „perfide konzipiertes Hintertürchen“, um fremde Werbung durch eigene zu ersetzen. Denn statt wie behauptet von einer Community abgesegnete Anzeigen durchzulassen, würden gezielt Annoncen von Kooperationspartnern angezeigt. Die Ergebnisse seiner Recherchen hat Pallenberg in seinem Blog Mobilegeeks veröffentlicht.
Das von Wladimir Palant entwickelte Plug-in für Firefox und Chrome wird inzwischen von der Eyeo GmbH aus Köln gepflegt. Es verspricht Nutzern, ausschließlich Werbeanzeigen darzustellen, die von einer Community in einem öffentlich zugänglichen Forum als unaufdringlich und akzeptabel eingestuft wurden. Alle anderen Werbeformen würden geblockt.
Auffällig ist, dass zu den erlaubten Anzeigen vor allem die der mit der Eyeo GmbH durch ein kompliziertes Geflecht verbundenen Firmen Sedo, GMX, Web.de, 1&1, United Domains und Affilinet gehören. Außerdem werden von der Firma Yieldkit automatisch platzierte Affiliate-Links im Text einer Website als akzeptabel empfunden. Das Unternehmen verwaltet nach eigenen Angaben rund 10.000 Partnerprogramme – und verdient daran, wenn innerhalb eines festgelegten Zeitraums nach dem Klick auf einen Link ein Verkauf oder eine Anmeldung beim Werbekunden stattfindet.
Adblock Plus führt als Argument für die Installation auch Sicherheitsaspekte an. Allerdings müssen natürlich zumindest für die Yieldkit-Links personen- und websitebezogene Daten erhoben werden, da sich sonst die Provisionen nicht beanspruchen ließen.
Sicherheitsaspekte haben laut Pallenberg auch zum Rauswurf von Adblock Plus aus dem Google Play Store geführt. Zwar schimpfen die Entwickler, Google wolle sich so lediglich lästige Konkurrenz vom Hals schaffen, tatsächlich nutzt ihr Plug-in aber wohl eine Sicherheitslücke in Android aus und beeinträchtigt dadurch die Funktionsweise anderer Apps.
Nutzer spüren das etwa an einem massiv erhöhten Datenvolumen, obwohl gerade der durch Werbebanner verursachte Mobil-Traffic unterbunden werden soll. Und Entwickler anderer, kostenloser Apps haben bemerkt, dass Adblock Plus die Funktion ihrer Apps beeinträchtigt sowie Werbebanner ihrer Apps entfernt.
„Hier geht es, bei 200 Millionen Downloads und angeblich 50 Millionen aktiven Benutzern, um ein Vermögen. Hier geht es, wenn die Entwicklung weiter fortschreitet, um eine monopolisierte Stellung auf dem nationalen und internationalen Werbemarkt – und ihr seid als Benutzer von Adblock Plus das Klickvieh, das jetzt gemolken werden soll“, richtet sich Pallenberg in seinem Blog an die Nutzer.
Das Geschäftsmodell von Adblock Plus bezeichnet er als „perfide, strategisch geplante Umverteilung von Werbegeldern“. „Die Werbekunden werden immer dahin wandern, wo ihnen der Traffic geboten wird – und der wird von Euch als Adblock-Plus-Benutzern kommen, weil ihr brav auf die ach so ‚dezenten‘ Links auf den ja angeblich werbebefreien Seiten klicken werdet. Das System von zentral geführten Black- und Whitelists eröffnet Adblock Plus ungeahnte Vermarktungsmöglichkeiten, ohne dass der einzelne, durchschnittlich versierte Benutzer davon wirklich etwas mitbekommt.“
Update von 16 Uhr: Inzwischen hat sich Till Faida, Mitgründer und Geschäftsführer von Adblock Plus, zu Wort gemeldet. In einer Stellungnahme teilt er mit, dass nur ein Großteil der Informationen zu der Zusammenarbeit mit den Partnern korrekt recherchiert sei: „Im Gegensatz zu Sascha Pallenberg sehen wir in der Vernetzung keinen Gewissenskonflikt, sondern profitieren von den Erfahrungen und Kontakten unserer Mitarbeiter und Unterstützer. So ist es für uns möglich, neue Werbeformen und Technologien zu testen.“
Faida weiter: „Als einziger Adblocker weltweit sehen wir von Adblock Plus Werbung nicht grundsätzlich als böse an, sondern suchen nach einem Mittelweg, der sowohl Nutzer vor aufdringlicher Werbung schützt als auch Webseitenbetreiber dabei hilft, sich zu finanzieren. Uns geht es dabei um den Erhalt des kostenlosen Internets trotz steigender Ablehnung traditioneller Werbeformate.“
Den Vorwurf, sich als „Werbepolizei“ aufzuspielen, weist Faida damit zurück, dass Whitelisting für kleine und mittelgroße Webseiten kostenlos sei. Eine Bevorzugung von Firmen wie Reddit, 1&1 und Web.de, die Pallenberg anprangert, gebe es nicht.
Update vom 27. Juni 2013 17.45 Uhr: In einer Stellungnahme hat Oliver Krohne, Gründer und CEO von Yieldkit, nun erklärt, dass sein Unternehmen entgegen den Behauptungen von Sascha Pallenberg keinerlei personenbezogene Daten aufzeichnet und keine Cookies setzt. Ziel der Entwicklung sei eine „hochpräzise Erkennung von Produkten auf Webseiten, um auch nur diese zu verlinken.“ Damit differenziere man sich von anderen Anbietern, die beliebige Keywords auf einer Webseite verwenden, um darauf vom Inhalt losgelöste Werbung anzuzeigen.
[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]
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