Mitarbeiter der EU-Kommission sind seit Dienstag in Büros der Deutschen Telekom, des spanischen Netzbetreibers Telefónica und des französischen Telekom-Riesen Orange mit Hausdurchsuchungen beschäftigt. Das berichtet die französische Tageszeitung Le Figaro. Sie gehen damit dem Verdacht nach, die drei Provider hätten wettbewerbswidrige Absprachen getroffen. Die Prüfungen vor Ort dauern voraussichtlich bis Freitag an.
Die EU hat die Untersuchungen bestätigt, aber keine weiteren Details genannt. Sie erklärte lediglich, man gehe dem Verdacht nach, dass einige Unternehmen ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht haben – betonte aber gleichzeitig, dass unangekündigte Durchsuchungen lediglich der erste Schritt eines Wettbewerbsverfahrens seien und kein Hinweis auf die Schuld der Unternehmen, bei denen diese stattfinden.
Auslöser der Nachforschungen sind laut der französischen Zeitung Vorwürfe des US-Unternehmens Cogent aus dem Jahre 2011, das in zahlreichen Ländern aktiv ist. Die Amerikaner hatten damals gegen Orange geklagt, weil die Franzosen sich nicht an Peering-Abkommen gehalten hätten. Mit diesen Abkommen verpflichten sich Provider gegenseitig, den vom jeweils anderen kommenden Internet-Traffic ohne Berechnung der Kosten durchzuleiten.
Dabei wird in der Regel davon ausgegangen, dass das Aufkommen sich in etwa die Waage hält. Allerdings hat Cogent damals dreizehnmal so viel Traffic an Orange geschickt, wie umgekehrt. Der Grund: Damals war der inzwischen geschlossene Filehoster Megaupload einer der großen Cogent-Kunden. Aufgrund des Ungleichgewichts hat Orange von Cogent eine finanzielle Entschädigung für die über das übliche Maß hinausgehenden Leistungen verlangt.
Die Klage von Cogent wurde im September 2012 von der französischen Wettbewerbsaufsichtsbehörde abgewiesen (PDF). Die Entscheidung erregte recht viel Aufmerksamkeit, war es doch die erste, mit der eine Behörde feststellte, dass es das Recht der Netzbetreiber ist, sich für die Nutzung ihrer Netze bezahlen zu lassen.
Offenbar hat sich Cogent durch die Entscheidung der französischen Wettbewerbshüter aber nicht einschüchtern lassen und sich inzwischen an die EU-Behörden gewandt. Die Amerikaner liegen mit Telefónica und der Deutschen Telekom wegen derselben Gründe im Streit. Wie Le Figaro berichtet, herrscht bei den europäischen Firmen reichlich Ärger und Unmut: Sie werfen der EU-Kommission vor, sich in dem Streit von den Amerikanern vor den Karren spannen zu lassen.
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