Snowden stellt Asylantrag in Russland

Edward Snowden hat in Russland Asyl beantragt (Bild: Youtube-video).

Der ehemalige amerikanische Geheimdienstmitarbeiter Edward Snwoden hat an diesem Freitag um 17 Uhr Ortszeit im Transitbereich des Moskauer Flughafens Sheremetyevo offiziell einen Asylantrag in Russland gestellt. Das geht aus einer Veröffentlichung des 30-Jährigen auf Wikileaks hervor. Grund für das Asylgesuch sei, dass er derzeit nicht ausreisen könne. Sein Ziel ist es aber weiterhin, später einen Asylantrag in einem lateinamerikanischen Land zu stellen. Entsprechende Angebote liegen aus Venezuela, Bolivien, Nicaragua und Ecuador vor.

Snowden erhält unerwartet viel Unterstützung. Laut Umfragen sehen inzwischen immer mehr Amerikaner den Whistleblower nicht als Verräter an. In der FAZ hat der deutsche Dramatiker Rolf Hochhuth in einem offenen Brief Bundeskanzlerin Merkel aufgefordert, Snwoden Asyl in Deutschland zu gewähren. Das gleiche fordern auch zahlreiche Online-Petitionen. So haben beispielsweise bei Campact.de schon über 150.000 Teilnehmer einen entsprechenden Appell unterzeichnet. Auch der wohl berühmteste US-Whistleblower Daniel Ellsberg, ohne den der Pentagon-Skandal von 1971 nicht öffentlich geworden wäre, stellt sich auf die Seite des ehemaligen Geheimdienstagenten. „Für viele schneidet Edward Snowden im Vergleich zu mir schlecht ab, weil er das Land verlassen hat und Asyl sucht, statt sich – wie ich damals – einem Gerichtsverfahren zu stellen. Das finde ich falsch. Das Land, in dem ich damals lebte und blieb, war ein anderes Amerika.“, schreibt Ellsberg in einem Beitrag für die Washington Post, den die Süddeutsche Zeitung übersetzt hat. „Snowden glaubt, dass er nichts Falsches gemacht hat. Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen. Mehr als 40 Jahre nach meiner unautorisierten Herausgabe der Pentagon Papers bleiben solche Leaks das Lebenselixier einer freien Presse und unserer Republik. Eine Lektion der Pentagon Papers und von Snowdens Leaks ist ganz einfach: Geheimhaltung korrumpiert ebenso wie Macht.“

Unterdessen kommen rund um das amerikanische Überwachungsprogramm PRISM fast täglich weitere Enthüllungen ans Licht. Laut einem Bericht des Guardian kann die NSA bei Microsofts E-Mail-Dienst Outlook.com auf Nachrichten zugreifen, noch bevor sie verschlüsselt werden. Microsoft soll auch dabei behilflich gewesen sein, die Verschlüsselung von Web-Chats auf dem Portal Outlook.com zu umgehen. Die Dokumente beschreiben weiterhin eine Zusammenarbeit zwischen dem Softwarekonzern und dem FBI in diesem Jahr, um die NSA über ihr PRISM-Programm leichter auf den Cloud-Speicherdienst SkyDrive mit weltweit über 250 Millionen Nutzern zugreifen zu lassen.

Microsoft betonte in einer Stellungnahme zu den Vorwürfen, es nehme seine Verpflichtungen gegenüber den Kunden sehr ernst, prüfe alle Anforderungen von Regierungsbehörden sorgfältig und gebe nicht in einer pauschalen Weise Daten heraus, wie es in den letzten Wochen in der Presse berichtet wurde. Es gebe aber „Aspekte dieser Debatte, von denen wir wünschten, dass wir offener darüber reden könnten“. Sprecher des Nationalen Geheimdienstdirektors und der NSA versicherten in einer gemeinsamen Erklärung gegenüber dem Guardian, die beschriebene Überwachung sei von Gerichten rechtmäßig angeordnet und werde von ihnen sorgfältig beaufsichtigt. Die US-Unternehmen seien mit viel Engagement bemüht, „die Privatsphäre ihrer Kunden rund um die Welt zu schützen, während sie ihren Verpflichtungen nach den Gesetzen der USA und anderer Länder nachkommen, in denen sie geschäftlich tätig sind.“

Der ehemalige NSA- und CIA-Mitarbeiter Edward Snowden hat bis Mai 2013 als Systemadministrator für das Beratungsunternehmen Booz Allen Hamilton gearbeitet und war dort für seinen ehemaligen Arbeitgeber National Security Agency tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte er Zugang zu streng geheimen Informationen der US-Überwachungsprogramme PRISM und Boundless Informant, sowie zu dem noch weitreichenderen britischen Ausspähprogram Tempora.

Diese Informationen hat Snowden an den Guardian-Journalisten Glenn Greenwald übermittelt, der sie im Juni 2013 ohne Angabe seiner Quelle teilweise veröffentlichte. Am 9. Juni gab Snowden in Hongkong seine Identität gegenüber der Öffentlichkeit bekannt. Das FBI hat am 14. Juni 2013 mit einer Strafanzeige über den Vorwurf der Spionage einen Haftbefehl gegen ihn erwirkt. Seit dem 24. Juni befindet sich Snowden im Transitbereich des Moskauer Flughafens Sheremetyevo.

Tipp: Wie sicher sind Sie bei der Sicherheit? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de

Über 150.000 Teilnehmer haben einen Appell auf campact.de unterzeichnet, der von der Bundesregierung Schutz für Edward Snowden fordert (Bild: campact.de).
Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

Recent Posts

Black Friday: Vorsicht vor schädlichen QR-Codes

Bösartige QR-Codes, die per E-Mail versendet werden, eignen sich sehr gut, um Spam-Filter zu umgehen.

8 Stunden ago

Black Friday: Zahl der ominösen Shopping-Websites steigt

Unsichere Websites und Phishing-Mails in Verbindung mit Black Friday können kauffreudigen Konsumenten zum Verhängnis werden.

8 Stunden ago

SmokeBuster bekämpft SmokeLoader

Malware SmokeLoader wird weiterhin von Bedrohungsakteuren genutzt, um Payloads über neue C2-Infrastrukturen zu verbreiten.

15 Stunden ago

Taugen Kryptowährungen als Unterstützer der Energiewende?

Bankhaus Metzler und Telekom-Tochter MMS testen, inwieweit Bitcoin-Miner das deutsche Stromnetz stabilisieren könnten.

1 Tag ago

Supercomputer-Ranking: El Capitan überholt Frontier und Aurora

Mit 1,7 Exaflops ist El Capitan nun der dritte Exascale-Supercomputer weltweit. Deutschland stellt erneut den…

1 Tag ago

Ionos führt neue AMD-Prozessoren ein

Der deutsche Hyperscaler erweitert sein Server-Portfolio um vier Angebote mit den neuen AMD EPYC 4004…

2 Tagen ago