Lavabit: Snowdens E-Mail-Service schließt und warnt vor US-Maildiensten

Der E-Mail-Service Lavabit, der eine durchgehende und sichere Verschlüsselung bot, schließt und darf die Gründe dafür nicht nennen. Zu seinen 350.000 Nutzern gehörte offenbar auch PRISM-Enthüller Edward Snowden, der die Öffentlichkeit über die Späh- und Überwachungsprogramme des US-Geheimdienstes NSA informiert hatte. Er soll Mitte Juli Einladungen zu einer Pressekonferenz am Moskauer Flughafen Scheremetjewo von einem Lavabit-Konto aus versandt haben.

Lavabit-Gründer Ladar Levison erklärte zur überraschenden Schließung seines Dienstes, er wolle sich nicht mitschuldig machen an „Verbrechen gegen das amerikanische Volk“. Lavabit wurde 2004 bewusst als Alternative zu Gmail gegründet, die eine besonders sichere Kommunikation gewährleisten sollte. Um Daten und Privatsphäre seiner Nutzer zu schützen, verschlüsselte der Dienst unter anderem E-Mails vor der Speicherung auf seinen Servern. Ohne das Passwort des Nutzers waren Nachrichten daher nicht mehr zu entschlüsseln, auch nicht durch das Unternehmen selbst.

„Ich wünschte, es wäre mir rechtlich möglich, die Ereignisse darzulegen, die zu meiner Entscheidung führten“, heißt es in der Erklärung von Ladar Levison. Er könne das aber nicht, da das Recht auf freie Meinungsäußerung in solchen Situationen nicht mehr gelte, seit der US-Kongress einschränkende Gesetze erließ. „Wie die Dinge derzeit stehen, kann ich nicht über meine Erfahrungen in den letzten sechs Wochen sprechen, obwohl ich wiederholt die entsprechenden Ersuchen gestellt habe.“

„Ich bin zu einer schwierigen Entscheidung gezwungen worden: mitschuldig zu werden an Verbrechen gegen das amerikanische Volk oder fast zehn Jahre harter Arbeit aufzugeben, indem ich Lavabit schließe“, stelle der E-Mail-Anbieter sein grundsätzliches Dilemma dar. Er will bei einer höheren Berufungsinstanz „weiter für die Verfassung kämpfen. Eine positive Entscheidung könnte mir erlauben, Lavabit als amerikanische Firma wiederzubeleben.“

Mehr kann er aufgrund der ihm auferlegten Schweigepflicht offenbar nicht mitteilen. „Diese Erfahrung hat mir eine sehr wichtige Lehre erteilt“, schreibt er weiter. „Solange das Parlament nicht handelt oder es zu einem starken juristischen Präzedenzfall kommt, kann ich absolut niemandem empfehlen, seine privaten Daten einem Unternehmen anzuvertrauen, das eine territoriale Verbindung zu den Vereinigten Staaten hat.“

Der US-Geheimdienst NSA wollte die Schließung nicht kommentieren, sondern verwies an das Justizministerium. Das wiederum lehnte eine Stellungnahme kategorisch ab. Kurt Opsahl, Anwalt der Bürgerrechtsorganisation EFF, beschreibt den Vorgang als beispiellos: „Ich habe noch von keiner solchen Situation erfahren, in der ein Dienstanbieter die Schließung vorzieht, statt sich einer gerichtlichen Anordnung zu beugen, die er als verfassungswidrig betrachtet.“

Inzwischen ist es keine einmalige Schließung mehr. Mit Silent Circle warf ein weiterer Anbieter durchgehend verschlüsselter Kommunikationsdienste das Handtuch: „Wir sehen die Zeichen an der Wand, und wir haben entschieden, dass es am besten für uns ist, Silent Mail jetzt einzustellen.“

[mit Material von Steven Musil, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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