Der Vorsitzende des Geheimgerichts, das die Späh- und Überwachungsprogramme der NSA überwachen soll, hat eine nur lückenhafte Kontrolle des Auslandsgeheimdienstes eingeräumt. Die elf zuständigen US-Bundesrichter des FISC (Foreign Intelligence Surveillance Court) nehmen gleichzeitig auch umfangreiche andere Aufgaben wahr und können selbst keine unabhängigen Ermittlungen durchführen. Nur fünf juristische Mitarbeiter arbeiten ihnen zu, die ihnen besonders schwerwiegende Fälle vorlegen.
„Der FISC ist gezwungen, sich auf die Richtigkeit der dem Gericht übermittelten Informationen zu verlassen“, bestätigte der vorsitzende Richter Reggie B. Walton in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der Washington Post. „Der FISC verfügt nicht über die Kapazitäten, um möglichen Verstößen gegen seine Vorgaben nachzugehen. In dieser Hinsicht ist der FISC in der gleichen Position wie jedes andere Gericht, wenn es darum geht, die Einhaltung seiner Anordnungen durch Regierungsbehörden durchzusetzen.“
Waltons Bemerkungen beziehen sich auf die Tatsache, dass der US-Auslandsgeheimdienst National Security Agency (NSA) seine 2008 erweiterten Befugnisse allein in zwölf Monaten mehrere Tausende Mal überschritten hat. Das ging aus einer internen Prüfung im letzten Jahr hervor, deren Ergebnisse zuvor von der Washington Post veröffentlicht wurden. Das Geheimdokument stammte erneut von PRISM-Enthüller Edward Snowden.
Besonders gravierende Folgen hatte demnach ein Programmierfehler, durch den der ägyptische Ländercode „20“ als Ziffernfolge „202“ interpretiert wurde und damit die Vorwahl von Washington. Dadurch wurde eine „große Anzahl“ von Anrufen ausgerechnet in der US-amerikanischen Hauptstadt aufgezeichnet. Aus der internen Auswertung ging außerdem eine zunehmende Anzahl von Verstößen hervor.
Tausendfache Verstöße und eine nur lückenhafte Kontrolle widersprechen den wiederholten Beteuerungen von Barack Obama und anderen Regierungsvertretern. „Ich kann eindeutig sagen, dass die NSA, wenn Sie eine Person in den USA sind, Ihre Telefongespräche nicht abhört und Ihre E-Mails nicht überwacht … und das auch nicht getan hat“, erklärte der US-Präsident im Juni in einem TV-Interview. Er versuchte außerdem mit dem Hinweis auf US-Bundesrichter zu beschwichtigen, die keinem politischen Druck ausgesetzt seien: „Sie sind lebenslang als US-Bundesrichter beschäftigt, und sie haben die Befugnis, uns als der Exekutive über die Schultern zu sehen, um sicherzustellen, dass diese Programme nicht missbraucht werden.“
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