Unter Leitung der Staatsanwaltschaft Halle haben gestern rund 100 Beamte der Zollfahndung Geschäfts- und Lagerräume der Firma PC Fritz sowie Privatwohnungen von Mitarbeitern in Berlin und Halle durchsucht. Das hat Microsoft heute mitgeteilt. Der Softwarekonzern wirft dem Händler vor, unberechtigt angefertigte Kopien des Betriebssystems Windows 7 als Originale ausgegeben und „in großem Stil“ verkauft zu haben. Kurz vor der Razzia seien zudem mehrere hunderte Postsendungen an Kunden von PC Fritz sichergestellt worden.
Microsoft ist eigenen Angaben zufolge durch Beschwerden von anderen Händlern auf PC Fritz aufmerksam geworden: Sie hatten sich beim Hersteller über „verdächtige Angebote“ beschwert. Verdächtig heißt dabei besonders günstig: Beispielsweise wird auf der Website derzeit die 64-Bit-Variante von Windows 7 Professionell für 29,90 Euro angeboten – was weit unter dem Preis liegt, den andere Händler offerieren.
Nachdem Microsoft Strafanzeige erstattet hatte, wurden gestern insgesamt 18 Objekte durchsucht und einer ersten Schätzung zufolge über 100.000 Datenträger sichergestellt. Sie sollen nun auf ihre Echtheit überprüft werden. Der Konzern erklärt, „die gefälschten Datenträger sind Sicherungskopien nachempfunden, die der Computerhersteller Dell zuweilen PCs beifügt, auf denen das Betriebssystem Microsoft Windows 7 legal vorinstalliert ist (sogenannte Reinstallations DVDs). Die Microsoft bereits vorliegenden Raubkopien wurden von PC Fritz mit einer eigenen Verpackung und einem ebenfalls gefälschten Echtheitszertifikat versehen und zu weit unter dem Marktpreis liegenden Konditionen vertrieben.“
Auf Anfrage von ZDNet weist ein Firmensprecher von PC Fritz die Vorwürfe als unbegründet zurück. Er sieht sein Unternehmen als Opfer einer Kampagne, mit der Microsoft den legalen aber unerwünschten Handel mit OEM-Datenträgern unterbunden will und verweist auf eine ähnliche Aktion von Microsoft und Ermittlungsbehörden im vergangenen Jahr beim Berliner Händler Softwarebilliger.de.
Auch damals seien mit dem Vorwurf, dass der Anbieter illegal angefertigte Kopien vertreibe, medienwirksam tausende Datenträger beschlagnahmt worden, um sie auf ihre Echtheit zu untersuchen. Für den Betroffenen sei das eine Katastrophe, da eine Vorverurteilung stattfinde – nicht zuletzt auch dadurch, dass vorab informierte Journalisten mit Kameras anwesend gewesen seien und die Durchsuchung gefilmt hätten.
Microsoft versuche durch die Aktion erneut, den Handel mit gebrauchter Software mit unfeinen Mitteln zu unterbinden. „Bei den von uns angebotenen Produkten handelt es sich ausschließlich um Microsoft-Originalprodukte, die Datenträger sind alle mit einer fälschungssicheren Mould Code IFPI Nummer versehen. Dieser befindet sich im Innenring des Datenträgers. Die Echtheitszertifikate werden ausschließlich über den Microsoft Service online oder telefonisch aktiviert.“
Der Wiederverkauf von Recovery-Datenträgern sei laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom 6. Juli 2000 (Aktenzeichen I ZR 244/97) ausdrücklich für legal befunden worden und am 6. Oktober 2011 habe das Gericht sogar erklärt, auch der Einzelverkauf von Recovery-CDs ohne Echtheitszertifikat sei legal (Aktenzeichen: I ZR 6/10).
Geschäftsführer Maik Mahlow ergänzt in einer E-Mail an ZDNet: „Die von Microsoft veröffentlichte, verleumderische und rufschädigende Mitteilung lassen wir von unseren Anwälten überprüfen und werden eine Einstweilige Verfügung gegen diese Behauptung erwirken.“ Microsoft verhindere für Endanwender den Zugang zu bezahlbarer Gebrauchtsoftware, mit dem Ziel ausschließlich neue Produkte verkaufen zu können. „Wir beraten uns zur Stunde und werden zum Gegenschlag ausholen.“
Ende März dürfte PC Fritz Microsoft und der Konkurrenz erstmals ein Dorn im Auge gewesen sein. Damals warb das Ende 2012 mit seinem Online-Angebot gestartet Unternehmen aus Halle in bekannten Onlinemedien mit besonders günstigen Aktionspreisen für Windows 7, Windows XP und Office 2010. Erklärtes Ziel war es damals, bis zum Jahresende zu den Top Ten unter den Online-Shops für Computer und Software in Deutschland zu zählen.
Die günstigen Preise, so erklärte das Unternehmen damals in einer Pressemitteilung, könne man „durch internationalen Einkauf von OEM-Software im großen Stil“ unterbreiten. Man garantiere Original-Produkte, so Geschäftsführer Maik Mahlow damals. Kurz darauf vermarktete PC Fritz über die Site Restposten.de die englische Version von Microsoft Office 2010 sowie weitere Software zu ausgesprochen günstigen Preisen. Die angebotene Office 2010 Version beinhaltete dabei ein kostenloses Upgrade auf Office 2013 Professional. Wahrscheinlich nutzt das Unternehmen damit Lücken in Microsoft Lizenzbestimmungen geschickt aus – was dem Softwarehersteller nicht gefallen haben dürfte.
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