Dass Firmen wie Fujitsu mit seinen BS2000-Systemen und HP mit dem Itanium-basierenden Nonstop so denken, könnte sich auf Dauer durchaus auszahlen. Beide wollen das eine – Mainframe – tun, ohne das andere – Intel – zu lassen, und das alles unter einem Dach. Das könnte den Anforderungen im Zeitalter des Workload-zentrierten Rechnens durchaus entsprechen: In Zukunft zählt für den Anwender wohl nicht mehr die technische Faszination für das, was unter der Haube liegt. Vielmehr achten sie vor allem darauf, dass alle Applikationen so schnell und günstig wie nötig, dabei aber so sicher und zuverlässig wie im jeweiligen Fall geboten laufen, und zwar ohne das Personal unter überbordendem Managementaufwand zu begraben.
Fujitsu ist deshalb dabei, seinem klassischen /390-Design schlicht eine Intel-Partition anzuflanschen, an der dann auch die dort üblichen Schnittstellen wie Fibre Channel oder Ethernet zu finden sind. Außerdem soll auch BS2000 auf Intel lauffähig werden. Über beiden Bereichen thronen eine schnelle Verbindung, über die alle Lasten kommunizieren, und ein gemeinsames Management. Lasten sollen sich ohne viel Gehabe zwischen den Bereichen verschieben lassen, sofern das sinnvoll ist. Auch eine Disaster Recovery von einer auf die andere Systemhälfte soll möglich sein.
Erwartet wird die erste SE-Ausgabe für Ende 2014. „Einzelne SE-Komponenten laufen als Betaversion schon in Japan“, sagt Rolf Strotmann, Leiter BS2000 bei Fujitsu. In Japan ist Fujitsu Marktführer, in Westeuropa hält man immerhin ein Viertel des Mainframe-Marktes und möchte seinen Anteil auch in den nächsten fünf bis zehn Jahren mindestens bewahren.
Auch HP geht den hybriden Weg: Im Rahmen des 2011 angekündigten Projekts Odyssey sollen alle Highend-Plattformen weiterentwickelt werden. Mitte 2014 kommt dann ein Superdome-2-Gehäuse auf den Markt, in dem Itanium-Systeme unter HP-UX mit geschäftskritischen Applikationen und x86-Blades mit anderen Workloads einträchtig nebeneinander schuften können.
Insgesamt gibt es für HP aber keinen Zweifel daran, dass sich das Gewicht des Marktes langsam aber sicher in Richtung standardisierter Architekturen, derzeit vorzugsweise Intel, verschiebt. „Wir migrieren immer wieder Neukunden von Unix-Systemen auf DL980, unseren Highend-Achtwege-Server“, berichtet Albrecht Munz, Leiter Business Critical Systems bei HP Deutschland. Langsam komme der Trend zur Standardplattform auch bei den hochverfügbaren Applikationen an.
„Neue Lösungen wie SAP HANA gibt es gar nicht für Mainframes“, ergänzt Munz. Allerdings zweifelt auch er nicht daran, dass gerade selbst entwickelte, wichtige Anwendungen schon aus Gründen des Investitionsschutzes wohl noch lange auf Mainframe- und Mainframe-artigen Plattformen bleiben werden.
Cloud und Mobile als Motor für den Mainframe
Workloads, für die sich auch heute noch der Mainframe aus Sicherheits-, Compliance- oder schlichtweg Komfortgründen empfiehlt, gibt es aber zumindest nach Meinung von Mainframe-Nestor IBM noch immer und sogar immer mehr. Beispielsweise sieht der Hersteller in dem um sich greifenden mobilen Endgeräten, die auf ausreichend Power aus dem Hintergrund angewiesen sind, ein neues Einfallstor für Mainframe-artige Architekturen. Zumal dann, wenn das zentrale System gleichzeitig sehr sicher, möglichst stabil und mit vertretbarem Aufwand zu verwalten sein soll.
Der Cloud-trend könnte sich insgesamt günstig auf das Mainframe-Geschäft auswirken. Sichere, schnelle Transaktionen sind ebenfalls ein Bereich, in dem Mainframe-Technologie nach wie vor punktet. Deshalb investiert IBM nach wie vor erhebliche Summen in die Weiterentwicklung der System-z-Plattform und dazugehöriger Software.
Als Ergebnis der jüngsten Weiterentwicklungen präsentierte der Hersteller vergangenen August den zEC12 und im Frühsommer 2013 das abgespeckte Modell zBC12, beides neue Mainframes der z-Serie. „Wir konnten seit der Markteinführung mehr als 210 Mainframe-Neukunden für den neuen zEC12 gewinnen“, freut sich Stefan Czemetschka, bei IBM; Business Unit Executive System z in Deutschland. Gerade bei Finanzdienstleistern und anderen Firmen, die gleichermaßen Wert auf Speed, Compliance und Sicherheit legten, mache die Plattform Furore. Die Größe des Unternehmens spiele dabei keine Rolle. Der österreichische z-Neukunde ABK Systeme GmbH hat beispielsweise weniger als 200 Mitarbeiter.
Zu den herausragenden Eigenschaften der neuen Lösung gehören große Skalierbarkeit, Prozessoren mit einer Taktrate von 4,2 GHz und mit Hiper Dispatch ein Mechanismus, der für optimierte Ressourcenauslastung sorgt. Die Chips sitzen auf luftgekühlten Single-Chip-Modulen. Ihre Caches wurden erheblich vergrößert. Das Einstiegsmodell leistet 50 MIPS (Millionen Instruktionen pro Sekunde) und lässt sich in 156 Schritten ausbauen. Neben den zBC12 können Anwender ein Blade Center mit x86- und AIX-Blades stellen, beispielsweise als vorgelagerter Transaktionsmonitor, das dann über schnelle Verbindungen vom z-System kontrolliert und gemanagt wird.
Mehr Speed bringt Flash Express, ein Feature, das auch schon in der Enterprise-Variante vorkam. Der Flashspeicher, der direkt vom Prozessor über PCIe adressiert werden kann, ist in Seiten von 1 MByte Kapazität aufgeteilt, die auch größere Datenblöcke aufnehmen können. Direkte Speicherzugriffe sind mit RoCE (RDMA over Converged Ethernet) auch über Servergrenzen möglich.
Besonders für kritische Systeme ist ein Feature interessant, mit dem IBM die frühzeitige Entdeckung potenzieller Fehlerquellen sicherstellen will: Das Managementsystem zAware „lernt“, welches Systemverhalten normal ist und gibt nach einer gewissen Trainingsperiode nur solche Meldungen priorisiert an den Administrator weiter, die aus dem üblichen Rahmen fallen.
IBM betrachtet die neuen z-Systeme als ideale Cloud-Plattform, die auch mit großen Kundenmengen gut fertig wird und Sicherheitsbedenken kritischer Kunden durch die eingebauten Schutzmechanismen wie Mandantenfähigkeit zerstreuen könnte. Tatsächlich ist Security immer wieder die größte Bremse für den Cloud-Einsatz. So ergab die jüngste, auf Deutschland bezogene Cloud-Erhebung der Marktforscher von IDC vom Sommer wieder einmal, dass die größte Herausforderung beim Cloud-Computing in den Sicherheitsproblemen der Technologie liegt. Die Abhörskandale der jüngsten Vergangenheit dürften diese Wahrnehmung eher verstärkt haben. Daran kann aber IBM nichts ändern, weil das Abhören des Netzes außerhalb des Einflussbereichs der Hardwareplattform liegt.
Man darf also gespannt sein, ob sich der Trend zum Umstieg auf den Mainframe, den IBM zumindest in bestimmten Anwendungsbereichen ausgemacht haben will, verfestigt, ober ob auch IBM eines Tages Zuflucht zur hybriden Architektur nehmen wird.
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