Canon, HP, Samsung Electronics und Xerox haben in Kalifornien vor kurzem die Mopria Alliance gegründet. Diese Woche stellt sich die Organisation auf der koreanischen Insel Jeju erstmals der Öffentlichkeit vor – beziehungsweise ausgewählten Vertretern aus der IT-Branche. Ziel der Veranstaltung in Korea ist es, Industrievertreter für den Verband zu interessieren und neue Mitglieder zu gewinnen.
Das Interesse ist allerdings begrenzt. Auf Anfrage von ZDNet wollten zum Beispiel Brother, Kyocera und Lexmark entweder keine Stellungnahme abgeben oder gingen über ein unverbindliches „wir prüfen eine Beteiligung und können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Fragen beantworten“ oder ein noch unverbindlicheres „wir finden das interessant und beobachten es“ nicht hinaus.
Damit hat die junge Allianz noch viel Arbeit vor sich. Schließlich hat sie sich vorgenommen, „Hersteller mobiler Endgeräte sowie Softwareentwickler und die Druckindustrie an einen Tisch bringen, um einen einheitlichen Standard für mobiles Drucken zu entwickeln, der die Kompatibilität zwischen mobilen Endgeräten und Druckern unterschiedlicher Hersteller gewährleistet.“
Verbraucher sollen künftig keine Treiber mehr herunterladen müssen, um auf Geräten unterschiedlicher Hersteller zu drucken. Zudem will man mobiles Drucken generell vereinfachen und eine bessere Bedienung anbieten. Nutzern sollen die Vorteile mit dem Symbol der Marke Mopria www.mopria.org vermittelt werden – man darf sich das wahrscheinlich ähnlich vorstellen, wie das beim WiFi-Symbol derzeit der Fall ist.
Im Hintergrund halten die Mopria-Gründer dafür die Weiterentwicklung ausgewählter Standards für erforderlich. Dazu wollen sie eine offene Entwicklungsumgebung sowie Werkzeuge für Anwendungsentwickler bereitstellen die helfen, mobiles Drucken in neue und bestehende Applikationen zu integrieren. Erste Partner hat man dafür schon gewonnen. So sollen von Adobe, Papyrus, HP Photo Live und Diptic in Kürze erste Anwendungen verfügbar sein, die auf dem Mopria-Standard basieren.
Dinesh Srirangpatna, Research Manager bei IDC, lobt die Initiative in den höchsten Tönen: „Von den einheitlichen Standards, den zertifizierten Produkten sowie der neuen Interoperabilität zwischen den Geräten verschiedener Hersteller werden die Nutzer in Zukunft enorm profitieren. Es ist großartig für uns zu sehen, wie die Druckindustrie sich den Herausforderungen eines rapide wachsenden Marktes für mobiles Drucken stellt und übergreifende Standards für mobile Endgeräte, Drucker und mobile Betriebssysteme entwickelt.“ Die – sicher gut gemeinten – Versuche der Mopria Alliance stecken derzeit allerdings doch noch sehr in den Kinderschuhen.
„Grundsätzlich begrüßen wir jeden Ansatz zur Vereinfachung und Standardisierung des mobilen Druckens. Sollte sich dieser neue Standard durchsetzen und auch im Business-Bereich einsetzbar sein, werden wir ihn auf jeden Fall unterstützen“, erklärt Carsten Mickeleit, CEO der Cortado AG, der treibenden Kraft hinter der Cloud Printing Alliance auf Anfrage von ZDNet.
Allerdings ist Mickeleit skeptisch, ob es soweit kommen wird: „Nach den Informationen, die uns zur Zeit vorliegen, haben wir daran doch erhebliche Zweifel. Die Alliance wird zwar von mächtigen Marktteilnehmern unterstützt, bleibt aber in ihrem aktuellen, technischen Ansatz doch recht begrenzt. So wird lediglich Android unterstützt, obwohl der überwiegende Teil der Business-Anwender aktuell auf iOS setzt.“
Das ließe sich ja ändern – auch wenn Samsung und HP als Gründungsmitglieder und Hersteller sowohl von Druck- als auch Mobilgeräten wenig Interesse daran haben sollten. Mopria-Mitgründer Samsung, im Gegensatz zu Canon, HP und Xerox auch Mitglied in der Cloud Printing Alliance, äußert sich gegenüber ZDNet dennoch vorsichtig: „Samsung sieht in der Mopria Alliance eine weitere Möglichkeit, sich bestmöglich aufzustellen. Die Gründung der Allianz ist des Weiteren keinesfalls wahllos, sondern vielmehr ein strategischer Schritt in Richtung Zukunft. Nicht zuletzt aufgrund unseres breiten Produktportfolios ist es perspektivisch wichtig, auch in diesem Trend eine führende Rolle einzunehmen.“
Für Cortado-CEO Mickeleit ist aber auch der technische Ansatz, das gesamte Drucksystem auf das Smartphone-OS zu bringen, fragwürdig: „Das ist zwar heutzutage keine Frage mehr der Rechenleistung, aber sicherlich einer Frage der Kompatibilität, Formattreue und Druckerunterstützung. Wer weiß, wie häufig auch heute noch selbst mit dem ausgereiften Windows-Drucksystem Probleme entstehen, kann vage abschätzen, welche Probleme sich hier einstellen.“
Die Idee, mobiles Drucken funktioniere wie Windows-Drucken – also Anwendung, Dokument und Drucksystem auf dem Device druckten auf einen angeschlossenen Drucker – hält Mickeleit für veraltet. Und schließlich sei mobiles, herstellerübergreifendes Drucken mit der Cloud Printing Alliance ja auch schon heute möglich – für Privatanwender sogar kostenlos.
Oliver Jendro, unabhängiger Berater und Marktforscher für Output Management sowie Gründer von Dokulife ist sich mit Mickeleit darin einig, dass es grundsätzlich zu begrüßen ist, „dass endlich sich Hersteller in der Druckgerätebranche zusammenschließen und einen Standard etablieren wollen.“ Nach Ansicht von Jendro ist das auch bitter nötig, denn bisher dominieren beim Mobile Printing immer noch herstellereigene Insellösungen.
„In heterogenen Drucklandschaften muss der Anwender über eine Drittapplikation als Middleware drucken, die teilweise wiederum Umwege wie das E-Mail-Protokoll oder sonstige zweckentfremdete Standards gehen müssen, damit der Druckjob tatsächlich vom Smartphone beim Drucker ankommt. Dabei muss zwangsläufig Software auf einem Server installiert werden – oder ein externer Print-to-Cloud-Service in Anspruch genommen werden.“ Gerade in Zeiten, in denen Unternehmenskunden zunehmend eine kritische Einstellung gegenüber der Cloud insgesamt und damit auch Print-to-Cloud-Services einnehmen, könnte laut Jendro ein Standard für „kabellosen Direktdruck“ für Mobilgeräte auf fruchtbaren Boden fallen.
Er begründet das so: „Die Herausforderung beim Druck vom mobilen Gerät ist bisher immer der Druckgerätetreiber, der spezifische Geräteigenschaften beschreibt. Nur mit dem Gerätetreiber erkennt ein Mobilgerät, um welchen Drucker es sich handelt, welche Fähigkeiten das Gerät hat, welche Sprache das Druckgerät versteht und wie der Druckauftrag ‚formuliert‘ sein muss. Gibt es keinen gerätespezifischen Treiber kann zwar auch ein universeller Druckertreiber eingesetzt werden – aber wenn sich ein Druckgerät nicht genau an die Standards hält, was nicht selten vorkommt, dann kommt der Druckjob eventuell überhaupt nicht an; oder ist völlig fehlerhaft formatiert.“
Ziele, wie sie die Mopria Alliance formuliert, lassen sich also nicht ohne Standardisierung erreichen. Der Mopria-Standard setzt laut Dokumentation unter anderem auf WiFi, NFC, PCL und PWG Raster, also bereits existierender Standards. Jendro erklärt: „Anhand der benötigten Standards wird aber auch klar: Der Großteil der bisherigen Drucker und Multifunktionsgeräte entsprechen technisch nicht dem Mopria-Standard. Druckgeräte mit WiFi sind im Consumer-Bereich keine Seltenheit, im Enterprise-Bereich aber so gut wie nicht vorhanden. Damit muss wohl im Enterprise-Bereich weiter über einen Access Point gedruckt werden, was die eigentlich Idee, nämlich Mobilgerät und Druckgerät direkt ohne Mittelsmann zu verbinden, verwässert.“
Ob der Standard sich auf breiter Basis durchsetzt, hängt nach Ansicht von Jendro also schlichtweg davon ab, wie viele Druckgeräte in Zukunft dafür zertifiziert werden. Die mobilen Geräte, Smartphones, Tablets, Notebooks, unterstützen bereits heute oder zumindest in naher Zukunft die Anforderungen an den Standard. Jendro glaubt, dass „aufgrund der Unterstützung von gewichtigen Herstellern – Canon, HP, Samsung und Xerox – zumindest die Chance besteht, dass es mit einem einheitlichen Standard für das mobile Drucken klappen könnte.“
Das klingt nicht besonders optimistisch. Aber vielleicht haben sich ja einige Hersteller bei der Mopria-Veranstaltung diese Woche in Korea überzeugen lassen. Wenn dem so ist, wird man das sicher bald erfahren.
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