Ex-Nokia-Chairman: Stephen Elop war nur zweite Wahl als CEO

Nokias früherer CEO und Chairman Jorma Ollila hat in Finnland 450-seitige Memoiren veröffentlicht. Er räumt darin schwerwiegende Fehler von Nokias Management ein und enthüllt, dass der vor drei Jahren zum neuen CEO berufene Stephen Elop eigentlich nicht der bevorzugte Kandidat für diese Aufgabe war.

Ollila war von 1992 bis 2006 CEO und von 1999 bis 2012 Chairman des finnischen Unternehmens. In seine Zeit fällt der Aufstieg Nokias zum weltweit führenden Handyhersteller. 2010 stand er dem Verwaltungsrat während der Suche nach einem neuen CEO vor, als Nokia in der Krise war und der damalige CEO Kallasvuo den Turnaround nicht schaffte.

Microsoft-CEO Steve Ballmer und Nokia-Chef Stephen Elop bei einer gemeinsamen Produktvorstellung (Bild: Sarah Tew/CNET)

In seinen Erinnerungen mit dem Titel „Ein unmöglicher Erfolg“ beschreibt der frühere Chairman, wie Nokia seine führende Position durch intensiven Wettbewerb und das Aufkommen preisgünstigerer Mobiltelefone asiatischer Hersteller verlor. Das Unternehmen sei sich außerdem „schmerzlich dessen bewusst“ geworden, dass seine mobilen Plattformen gegenüber US-Software ins Hintertreffen geraten waren.

Nokia erkannte laut Ollila die entscheidenden Nachfragetrends nach Touchscreen-Modellen und Klapphandys nicht. Es habe nicht gewusst, wie es auf die Herausforderung durch Apples iPhone reagieren sollte. Den US-Netzbetreibern warf er vor, Nokia gesagt zu haben, es gebe keine Nachfrage nach Smartphones zu Preisen über 300 Dollar. Später sollte Apple sein iPhone vorstellen, das mehr als 600 Dollar kostete. Der frühere Nokia-Manager gab aber zu, dass Apple „etwas völlig Neues zu schaffen vermochte“ und eine großartige Nutzererfahrung mit einem Ökosystem von Diensten und Anwendungen bot. Nokia habe versäumt, ein solches Ökosystem zu schaffen.

Den Namen des eigentlich gegenüber dem von Microsoft kommenden Stephen Elop bevorzugten Kandidaten wollte Ollila gegenüber dem Wall Street Journal nicht preisgeben. Es habe sich um einen Manager in seinen 50ern gehandelt, der „die Nummer 2 bei einer bekannten amerikanischen Technologiefirma“ war. Der Wunschkandidat habe seine Bewerbung jedoch aus persönlichen Gründen zurückgezogen.

Elop beeindruckte als „guter Verkäufer und entscheidungsfreudiger Manager“, schreibt der Ex-Chairman. Ollila habe sich allerdings gefragt, ob Elops Führungsstil nicht zu amerikanisch – und ob er genügend produktorientiert sei. „Eigentlich brauchten wir jemanden, der Leistungen in der Steve-Jobs-Kategorie abliefern konnte“, schreibt er.

Unter Elops Führung verlor Nokia weiter an Marktanteilen und wurde schließlich an Microsoft verkauft. Während Ollila in seinem Buch auf die Partnerschaft mit Microsoft nicht näher eingeht, zitiert ihn die finnische Zeitung Helsingin Sanomat mit einer klaren Aussage: „Wir waren nicht erfolgreich, indem wir Microsofts Betriebssystem nutzten, um wettbewerbsfähige Produkte oder eine Alternative zu den beiden dominierenden Firmen in diesem Umfeld zu schaffen.“

Den Verkauf an Microsoft sieht Ollila – heute nichtexekutiver Chairman bei Royal Dutch Shell – als „dramatische und mutige Entscheidung“ des Verwaltungsrats. „Es war ein trauriger Tag, sehen zu müssen, wie 40 Jahre finnischer Ingenieurskunst ins Ausland verkauft wurden“, fügte er hinzu.

[mit Material von Eileen Yu, ZDNet.com]

ZDNet.de Redaktion

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