Tim Berners-Lee zu Überwachung: „Demokratische Staaten sollten nach ihren Prinzipien leben“

WWW-Erfinder Tim Berners-Lee hat sich zur Internetüberwachung durch die Geheimdienste NSA und GCHQ geäußert. Besonders verwerflich findet er, dass verschlüsselte Nachrichten entschlüsselt wurden. Das sei schon aus ethischen Gründen unakzeptabel: „Jedes demokratische Land muss den rechten Weg beschreiten; es muss nach seinen Prinzipien leben. Ich kann Versuche gut verstehen, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, aber von den Kriminellen sollte man sich schon noch unterscheiden.“

Außerdem äußerte Berners-Lee im Interview mit dem Guardian: „Es ist naiv zu denken, dass man der einzige ist, der eine Schwachstelle nutzt, wenn man sie einmal eingeführt hat.“ Ähnlich äußerte sich gestern im australischen Canberra Eugene Kaspersky, der Cyberwaffen mit einem Bumerang verglich.

In dem Interview machte der Web-Pionier, der in seiner britischen Heimat 2004 geadelt wurde, auch klar, was er von Edward Snowden hält: „Whistleblower – und verantwortungebewusste Medien, die mit ihnen zusammenarbeiten – spielen eine wichtige gesellschaftliche Rolle. Wir brauchen starke Behörden, um Online-Verbrechen zu bekämpfen – aber starke Behörden müssen kontrolliert werden. Es sieht so aus, als ob das vorhandene Kontrollsystem gescheitert sei.“ Jetzt brauche es eine „offene und umfassende öffentliche Diskussion“.

Der Web-Erfinder ging sogar noch weiter: „Die Zivilisation ist in gewissem Maß von Whistleblowern abhängig, und daher muss man sie schützen.“

In Berners-Lees Heimat Großbritannien steht heute eine Anhörung mehrerer Geheimdienste – GCHQ, MI5 und MI6 – vor dem zuständigen Ausschuss des Parlaments an. Letzteres soll prüfen, welche Überwachungsrechte diese Einrichtungen haben. Es hatte zuvor allerdings schon festgestellt, dass das GCHQ nicht gegen Landesgesetze verstößt, wenn es Daten von Bürgern abfängt – im Internet oder auch außerhalb.

[mit Material von Tom Jowitt, TechWeekEurope.co.uk]

Florian Kalenda

Seit dem Palm Vx mit Klapp-Tastatur war Florian mit keinem elektronischen Gerät mehr vollkommen zufrieden. Er nutzt derzeit privat Android, Blackberry, iOS, Ubuntu und Windows 7. Die Themen Internetpolitik und China interessieren ihn besonders.

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