Michael Dell hat nach langen und offenbar auch zähen Verhandlungen mit großen Investoren sein Ziel erreicht: Das von ihm gegründete Unternehmen ist seit 30. Oktober nicht mehr an der Börse notiert. Als Grund für den Abschied vom Börsenparkett war immer wieder die Ungeduld der Investoren mit dem schon vor Jahren begonnenen Umbau des Unternehmens genannt worden.
Dell sah sich offenbar zu demselben Spagat gezwungen, wie schon viele Technologiefirmen zuvor: Einerseits ein gut laufendes, aber für Externe wenig attraktiv erscheinendes Geschäft fortzuführen, andererseits dafür Sorge zu tragen, dass man technologisch auch mittel- und langfristig am Ball bleibt und quasi nebenbei noch kurzfristig in Bereichen erfolgreich zu sein, von denen die Anleger – möglicherweise zu Unrecht – annehmen, dass man als Technologiefirma dabei sein muss.
Bei Dell war letzteres etwa bei Smartphones der Fall. Die Gehversuche des Unternehmens in diesem Bereich waren nicht sehr erfolgreich – wurden aber auch rasch abgewürgt. In der Folge kam immer wieder die Frage auf, wann und wie man in den Bereich zurückkehren würde.
Betriebswirtschaftlich wäre das wahrscheinlich Wahnsinn gewesen: Außer Apple (durch den Premium-Status und die hohen Preise) und Samsung (durch minimale Gewinne bei einer enormen Masse von verkauften Geräten) schafften es in den vergangenen Jahren nicht einmal die Spezialisten, in diesem Markt profitabel zu agieren. Dennoch hatten Analysten, Marktbeobachter und Anleger wohl das Gefühl, Dell würde etwas verpassen, wenn es nicht mitzieht.
Ähnlich ging es auch anderen, breit aufgestellten IT-Firmen, Hewlett-Packard zum Beispiel. Wie die Geschichte da verlaufen ist, konnten alle Interessierten ausgiebig in den Medien mitverfolgen: Kauf von Palm, Lobeshymnen auf WebOS, große Ankündigungen, Abschied von WebOS, gefolgt von verzweifelten Versuchen, mit der einmal teuer nerworbenen Software wenigstens irgendetwas anzufangen – und sei es nur, mit ihr als Open Source andere Anbieter zu ärgern oder die dazugehörigen Patente für ein Butterbrot zu verkaufen.
ZDNet sprach im Rahmen eines Deutschlandbesuchs mit Stephen J. Felice, Präsident und COO bei Dell, über den Abschied seines Unternehmens von der Börse, die Position von Dell im Markt sowie die neuen Möglichkeiten und Pläne.
ZDNet: Herr Felice, sind sie denn froh, dass das nun alles vorbei ist?
Stephen J. Felice: Ja, ich bin schon froh. Es war ein sehr wichtiger Schritt für unsere Firma und da ist man immer froh, wenn so etwas erfolgreich zu Ende gebracht wurde. Ausruhen werden wir uns aber nicht, wie haben ja noch viel vor. Schließlich sind wir ein junges Unternehmen, gerade einmal 30 Jahre alt – mit einer großartigen Geschichte und jetzt auch großartigen Aussichten für die Zukunft.
ZDNet: Dell war seit 1988 an der Börse. Würden sie rückblickend sagen, der Börsengang war damals eine gute Sache?
Stephen J. Felice: Mit dem Börsengang wurde damals das Wachstum finanziert. Er war damals wichtig und auch richtig. Außerdem hat es damals funktioniert: Die Anleger haben für ihr Geld einen hervorragenden ROI bekommen.
ZDNet: Das war in den Boom-Jahren der Industrie. Ist es aber nicht in Zeiten, in denen es weniger gut läuft oft hinderlich, auf die Börse schielen zu müssen?
Stephen J. Felice: Ich denke auch, es ist auch gut, ein börsennotiertes Unternehmen zu sein. Zwar hat man den Druck, jedes Quartal die Zahlen liefern zu müssen, aber man kann sich trotzdem Ziele setzen und Veränderungen durchführen.
ZDNet: Aber ist es nicht gerade für IT- oder überhaupt Technologieunternehmen sehr schwer, sich neu zu erfinden, wenn sie börsennotiert sind? In der Vergangenheit konnte man etwa bei Firmen wie 3Com oder Nortel Networks beobachten, dass die Versuche, einerseits die kurzfristigen Erwartungen der Anleger zu erfüllen und andererseits mittelfristig das Geschäft umzubauen, zu einem Schlingerkurs und letztendlich dem völligen Absturz führten. Und das sind nur zwei Beispiele für solch eine Abwärtspirale. Man könnte auch Blackberry oder andere nennen …
Stephen J. Felice: Zu den anderen Firmen will ich mich nicht äußern, aber mir ist schon wichtig festzuhalten, dass die Situation bei Dell kurz vor dem Delisting ganz anders war: Wir waren und sind eine gesunde und profitabel arbeitende Firma. Auch im vergangenen Quartal haben wir die Erwartungen der Anteilseigner erfüllt. Wir haben einen gesunden Cash-Flow und nur geringe Schwankungen bei den Einnahmen. Auch in einem schwierigen Marktumfeld blieben wir profitabel. Das sind eine ganze Reihe Unterschiede zu den von Ihnen genannten Firmen.
ZDNet: Dennoch schauen Investoren nach Bereichen mit hohen Gewinnmargen. Dell hat mehrfach klargestellt, das PC-Geschäft nicht aufgeben zu wollen. Das mag zwar ein profitables Geschäft sein – es ist aber zumindest derzeit ganz sicher keines mit besonders hohen Gewinnmargen.
Stephen J. Felice: Für Dell war der Abschied von der Börse nicht eine Flucht oder ein Schritt, den wir machen mussten, um das Unternehmen zu retten, sondern vielmehr eine strategische Entscheidung. Wir gehen davon aus, dass wir den Umbau der Firma schneller vorantreiben und abschließen können, wenn wir eine Firma in Privatbesitz sind.
ZDNet: Gehört zu dem Umbau auch ein stärkeres Engagement bei Forschung und Entwicklung? Dass ist ja ein Posten, der unter dem Druck die Quartalserwartungen zu erfüllen, gerne mal zusammengestrichen wird, weil man keine sofortigen Auswirkungen zu befürchten hat – so wie das Hewlett-Packard unter Mark Hurd regelmäßig getan hat…
Stephen J. Felice: Forschung und Entwicklung ist ein Punkt, den wir ausbauen wollen – den wir aber auch in der Vergangenheit schon ausgebaut haben. Wir haben da erhebliche Fortschritte bei Virtualisierung, Enterprise Software und anderen Bereichen erzielt und uns auch durch Übernahmen verstärkt. Bei vielen Firmen, die wir übernommen haben, etwa Wyse, ging es uns auch um die Technologien und die Entwickler.
Wir haben eigentlich das Personal, das sich in diesen Zukäufen mit der Entwicklung beschäftigt, immer noch aufgestockt, im Durchschnitt etwa verdoppelt. Wenn Sie sich andere Übernahmen in der Branche ansehen, werden Sie feststellen, dass das nicht die Regel ist: Meist werden danach Stellen gestrichen.
ZDNet: Fühlen Sie sich als Unternehmen nicht manchmal einfach unterschätzt? Ich meine, Sie haben inzwischen Software, haben konkurrenzfähige Storage-Produkte, haben einen Service-Bereiche – aber wissen das alles die Kunden? Oder werden Sie immer noch als der PC-Hersteller gesehen, der kein Smartphone hat?
Stephen J. Felice: Ja, wir müssen die Kunden in Zukunft schneller erreichen. Dazu wollen wir sowohl unser Direktgeschäft als auch den Vertrieb über Partner weiter ausbauen. Aber bei beiden sind wir auf einem guten Weg.
ZDNet: Hat das ganze Gezerrre um die Firmenstruktur die Kunden eigentlich nicht verunsichert?
Stephen J. Felice: Wir haben ja gute Beziehungen zu vielen Kunden, sie kennen uns und wir kennen sie. Was an der Börse geschah, hat diese Beziehung nicht belastet: Wir konnten 2013 bisher ein zweistelliges Wachstum erreichen, was weit über den jeweiligen Marktsegmenten liegt, was wiederum bedeutet, dass wir unseren Mitbewerbern Marktanteile wegnehmen. Unterm Strich geben die Kunden also mehr bei uns aus – und das ist für mich der beste Vertrauensbeweis.
ZDNet: Wie lange wird der Umbau den jetzt noch dauern? Abgesehen davon natürlich, dass man sich als IT-Firma ohnehin immer wieder neu an den Markt anpassen muss …
Stephen J. Felice: Es sieht so aus, also wir es in drei bis spätestens fünf Jahren geschafft haben werden. Wir liegen bisher gut im Plan, zum Beispiel machen wir mit unserem Solution Business schon heute rund 20 Milliarden Dollar Umsatz. Auch haben wir vielfach einen Status als geschätzter Berater unserer Kunden und sind auch im Cloud-Business vertreten. Wir haben zum Beispiel eigene Rechenzentren, aus denen wir Kunden bedienen können.
ZDNet: Ist nicht gerade das Cloud-Geschäft in Deutschland sehr schwer?
Stephen J. Felice: Unser Hauptaugenmerk liegt ohnehin auf der Private Cloud, da gibt es die Probleme nicht, die bei der Public Cloud diskutiert werden.
ZDNet: Aber auch da stoßen Sie ja auf viele große Mitbewerber, die das Geschäft schon lange betreiben. Wie wollen Sie sich denn von denen abheben?
Stephen J. Felice: Die Wettbewerber haben in der Regel mit sehr komplexen Highend-Systemen angefangen. So ein komplexes System abzuspecken und für weitere Kundengruppen anzupassen, funktioniert nicht. Bei Dell haben wir die langjährige Erfahrung mit mittelgroßen Systemen, die einfach zu nutzen und günstiger einzurichten sind. Im Mittelstand sind Firmen auch vorsichtiger und wollen eher dann Neues kaufen, wenn sie es benötigen.
Da kommen wir ihnen entgegen. Viel zu lange wurde immer nur großen Systemen eine Diät verpasst, damit sie auch für mittelgroße Firmen passten. Wir dagegen kommen von unten, wir bieten modulare Lösungen, die leicht einzurichten sind und mit denen man schnell wachsen kann. Das entspricht auch eher den Anforderungen der Kunden im Mittelstand.
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