Edward Snowden: Technische Fähigkeiten dürfen nicht die Politik diktieren

PRISM-Enthüller Edward Snowden ist von Foreign Policy, einem führenden und meinungsbildenden US-Magazin zur Außenpolitik, an die Spitze seiner Liste der „100 Global Thinkers“ gesetzt worden, die „2013 die Welt gestalteten“. Die Publikation ehrte ihn damit für seine mutige Entscheidung, geheime Dokumente über die Späh- und Überwachungsprogramme des US-Geheimdienstes NSA öffentlich zu machen.

Der Einladung zu einem Empfang für die Geehrten konnte der Whistleblower allerdings nicht folgen und sich nur in schriftlicher Form bedanken. Der frühere NSA-Mitarbeiter ist in den USA wegen Spionage sowie des Diebstahls von Regierungseigentum angeklagt, zudem wurde sein amerikanischer Reisepass für ungültig erklärt.

Edward Snowden (Bild: Guardian)

„Es ist mir eine Ehre, mich heute Abend an Sie zu wenden“, schreibt er in seiner Erklärung und geht leicht ironisch auf den Grund für seine Abwesenheit ein: „Ich entschuldige mich dafür, nicht persönlich anwesend sein zu können, aber ich habe ein wenig Ärger mit dem Reisepass.“ Wie sich herausgestellt habe, könnten Enthüllungen aus berechtigtem öffentlichen Interesse auf mehr als eine Liste der weltweit einflussreichsten Denker bringen. Das spielte offenbar auf die Andeutung eines früheren CIA-Chefs an, den Whistleblower gerne auf eine Todesliste setzen zu wollen.

2013 war laut Snowden „ein wichtiges Jahr für die Zivilgesellschaft“. In einem einzigen Jahr hätten Menschen von Indonesien bis Indianapolis begriffen, dass Schleppnetz-Überwachung nicht für Fortschritt stehe, sondern ein zu lösendes Problem sei: „Wie wir erfahren haben, ließen wir es zu, dass technische Fähigkeiten die Politik und ihre Umsetzung diktieren – statt sicherzustellen, dass unsere Gesetze und Werte unsere technischen Fähigkeiten bestimmen.“

Selbst jene, die sich nicht überzeugen ließen, dass die Überwachungstechniken in gefährlicher Weise die demokratischen Kontrollen überholt haben, sollten damit übereinstimmen, dass in einer Demokratie öffentlich über eine Überwachung der Öffentlichkeit debattiert werden müsse. Kein Regierungsvertreter dürfe im Geheimen über die Rechte der Bürger entscheiden.

„Heute stehen wir vor einer entscheidenden Weichenstellung der Politik“, schrieb Snowden weiter, „da Parlamente und Präsidenten auf jedem Kontinent sich damit auseinandersetzen, wie sie eine wirkungsvolle Aufsicht über die dunkelsten Ecken der nationalen Sicherheitsbehörden schaffen können.“ Er selbst habe sein Leben für die Idee verwettet, dass im Licht des Tages ein besseres Gleichgewicht zu erreichen ist.

Obwohl vielfach erwartet und gefordert, wurde Edward Snowden hingegen nicht von Time zur „Person des Jahres“ erklärt. Das US-Nachrichtenmagazin stellte vielmehr Papst Franziskus als „Volkspapst“ auf das Podest und beließ den Whistleblower als Nummer 2 auf der engeren Auswahlliste. In einem Porträt kanzelte es Snowden zudem als „dunklen Propheten“ ab, der zum „Schwarzseher des Informationszeitalters“ geworden sei, nachdem er „den spektakulärsten Raub des Jahres“ durchgezogen habe. Die Wahl von Time entfachte erneut eine Debatte darüber, wie sich die etablierte Presse in den USA gegenüber Edward Snowden und seinem journalistischen Partner Glenn Greenwald verhielt.

[mit Material von Edward Moyer, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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