Staatsanwaltschaft Köln erwägt Ermittlungsverfahren wegen Redtube-Abmahnungen

Die massenhaften Abmahnungen von Nutzern des Porno-Streaming-Portals Redtube haben die Staatsanwaltschaft Köln auf den Plan gerufen. Sie prüft derzeit, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt einleiten wird. Ein Sprecher erklärte auf Anfrage von ZDNets Schwestersite ITespresso ausdrücklich, dass entgegen anderslautender Berichte aktuell noch kein Verfahren aufgenommen worden sei.

Um tätig werden zu können, muss der Staatsanwaltschaft ein sogenannter Anfangsverdacht vorliegen. Der könnte gegen einen Mitarbeiter der Firma bestehen, die die IP-Adressen der Redtube-Nutzer erhoben haben will. Er hatte eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben, dass korrekt vorgegangen wurde. Ob dem so ist, prüfen die Kölner Juristen nun. Bemerken sie dabei Unregelmäßigkeiten, werden sie von Amts wegen ein Verfahren einleiten.

Wer Abmahnungen erhalten hat und sich vor Gericht dagegen wehren möchte, muss sich an das für ihn zuständige Amtsgericht wenden. Die Kölner Gerichte sind nicht alleine deswegen für die Verfahren zuständig, weil dort die Auskunftsanträge gestellt wurden. Die Staatsanwaltschaft Köln prüft derzeit die Aufnahme von Ermittlungen deshalb, weil die Eidesstattliche Versicherung im Zusammenhang mit den beim Landgericht Köln gestellten Auskunftsanträgen abgegeben wurde.

Gestern hatte die hinter dem Angebot Abmahnhelfer.de stehende Kanzlei Werdermann von Rüden unter Berufung „auf Justizkreise“ mitgeteilt, die Staatsanwaltschaft Köln ermittle in dem Fall bereits. Der Berliner Anwalt Johannes von Rüden, der einige der Abgemahnten vertritt, hatte die Massenabmahnungen bereits vergangene Woche als „Humbug“ bezeichnet. Zudem erstattete er Strafanzeige gegen den Anwalt Daniel Sebastian, der die Sammlung der IP-Adressen veranlasst und die Auskunftsersuchen beim Landgericht Köln gestellt hatte.

Im Zusammenhang mit den Massenabmahnungen gibt es mehrere Ungereimtheiten: Wie den Auskunftsbeschlüssen des Landgerichts Köln zu entnehmen ist, hat die Firma itGuards im Vorfeld tausende IP-Adresse gesammelt. Dass dies mit rechten Dingen zugegangen sei, sollen ein Gutachten der Kanzlei Diehl & Partner vom 22. März 2013 sowie eine eidesstattliche Versicherung (PDF) eines Mitarbeiters von itGuards bescheinigen.

Zu Details der Adressermittlung schweigen sich die Beteiligten aus. Das, so der abmahnende Anwalt Thomas Urmann gegenüber der Welt, sei das „Geschäftsgeheimnis der Ermittlungsfirma“. Laut der Tageszeitung bestehen jedoch erhebliche Zweifel daran, dass das Vorgehen der Abmahner korrekt gewesen ist.

Browser-Protokolldateien aus der Zeit von Ende Juli bis Anfang August von Redtube-Nutzern lieferten zum Beispiel Hinweise auf die Seite trafficholder.com. Von dort sei in schneller Folge auf die Seiten movfile.net, retdube.net und dann erst auf Redtube weitergeleitet worden. Die Links von movfile und retdube seien „augenscheinlich mit einer eindeutigen Film-Identifikationsnummer markiert“ gewesen.

Hätten die Rechteinhaber und ihre Anwälte so also Nutzer bewusst auf Seiten mit ihren Inhalten gelockt, dürfte es schwer fallen, nachträglich zu behaupten, diese hätten mit der Nutzung der Angebote Urheberrechte verletzt. Abgesehen davon ist es zahlreichen mit der Sache befassten Anwälten zufolge ohnehin fragwürdig, ob die Nutzung von Streaming überhaupt als Urheberrechtsverletzung angesehen werden kann.

Dies scheint auch den Abmahnern bewusst gewesen zu sein: Schließlich haben sie sich in ihren Auskunftsersuchen zur Verknüpfung der IP-Adressen mit den Namen der Kunden von Internetprovidern von der Wortwahl und den Formulierungen her stark an Filesharing-Abmahnungen angelehnt. Das ist allerdings nur einem kleinen Teil der damit befassten Richter beim Landgericht Köln aufgefallen.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]

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ZDNet.de Redaktion

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