Präsident Barack Obama hat eine begrenzte Reform der US-Geheimdienstaktivitäten angekündigt, aber zugleich die umstrittenen Späh-und Überwachungsprogramme der NSA verteidigt, da sie unerlässlich für den Kampf gegen den Terrorismus seien. In einer Grundsatzrede versprach er strengere Regelungen für Zugriffe auf gesammelte Metadaten von US-Bürgern. Den Regierungschefs befreundeter Nationen versicherte er, der US-Auslandsgeheimdienst werde sie nur noch überwachen, wenn es die nationale Sicherheit der USA erfordere.
„Die Welt erwartet von uns als der Nation, die das Internet entwickelt hat, dass wir sicherstellen, dass die digitale Revolution als Werkzeug der individuellen Stärkung wirkt und nicht der Überwachung durch die Regierung dient“, sagte Obama. Er ging auf die 46 Empfehlungen ein, die ein von ihm eingesetztes Expertengremium in einem 300-seitigen Bericht gegeben hatte, folgte ihnen jedoch nur teilweise.
Das Gremium hatte beispielsweise gefordert, dass die NSA die massenhafte Sammlung von Telefondaten von US-Bürgern einstellt. Die jetzt angekündigte Reform strebt stattdessen nur Änderungen an, um die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung zu verringern. Die NSA soll im Einzelfall eine richterliche Anordnung für Zugriffe auf die Datenbank benötigen. Zudem soll die Möglichkeit geprüft werden, dass die Metadaten nicht mehr auf Servern der Regierung, sondern von dritter Seite gespeichert werden.
Reformzugeständnisse gelten auch den National Security Letters (NSLs), mit denen US-Regierungsbehörden ohne richterliche Anordnung Nutzerdaten von Internetfirmen wie Google, Yahoo und Facebook einholen können. Bei dieser Praxis soll es im Prinzip bleiben, aber den betroffenen Unternehmen soll erlaubt sein, wie von ihnen gefordert, über die Anzahl dieser Anfragen zu informieren – um dem Eindruck umfassender Zugriffe der NSA und anderer Behörden auf ihre Kundendaten entgegenzuwirken. „Wir werden auch Kommunikationsanbieter in die Lage versetzen, mehr Informationen als jemals zuvor öffentlich zu machen über die von ihnen erhaltenen Anordnungen, Daten an die Regierung herauszugeben“, sagte der US-Präsident.
Mit einer neuen Direktive untersagte er den Geheimdienstbehörden, die Kommunikation von „Staats- und Regierungschefs unser engen Freunde und Verbündeten zu überwachen, sofern es die nationale Sicherheit nicht zwingend erfordert“. Obama sprach außerdem vom „beispiellosen Schritt, gewisse Schutzvorkehrungen, die wir für amerikanische Bürger haben, auf die Menschen in anderen Ländern auszuweiten“. Im Klartext soll das heißen, dass persönliche Informationen weniger lange gespeichert werden, während die Nutzung dieser Informationen eingeschränkt wird.
NSA-Kritiker begrüßten die Reformabsichten, sehen sie aber überwiegend als nicht weitgehend genug. Von „ersten Schritten in die richtige Richtung“ sprach Glenn Greenwald, der journalistische Partner von PRISM-Enthüller Edward Snowden. Die Menschen wollten aber „mehr als nur schöne Worte“ von Präsident Obama hören – und weitere schockierende Enthüllungen seien zu erwarten. „Und diese Art von symbolischen Gesten wird diesmal nicht ausreichen.“
Die Bürgerrechtsorganisation EFF erstellte eine Wertungsliste, bei der die Reformvorschläge lediglich 3,5 von 12 möglichen Punkten erreichten. Sie monierte beispielsweise die weitere Unterminierung der Internet-Sicherheit, da Obama die berichtete Schwächung von Verschlüsselungsstandards durch die NSA nicht einmal angesprochen hatte.
Die Branchenverbände von Telekom- und Technologiefirmen konnten die begrenzten Reformabsichten Obamas ebenfalls nicht überzeugen. „Wir sind enttäuscht, dass er die Sammlung und Analyse massenhafter Metadaten nicht komplett gestoppt hat“, erklärte Ed Black, Chef der Computer & Communications Industrie Association, zu deren Mitgliedern Google und Facebook zählen. „Wir hätten uns gewünscht, dass er der Vorlage der von ihm ernannten Expertengruppe folgt und eine genauere Untersuchung zur Subversion von Verschlüsselungsstandards durch die NSA einleitet – sowie die Zugriffsmöglichkeiten der NSA auf Kommunikationsinhalte amerikanischer Bürger ohne eine richterliche Anordnung ändert.“
Eindeutig fällt auch das Urteil von Alex Fowler aus, bei Mozilla für Datenschutz und Öffentlichkeit zuständig: „Insgesamt scheint die Strategie zu sein, die gegenwärtigen Geheimdienstverfahren weitgehend intakt zu lassen und die Aufsicht etwas zu verbessern. Wir hatten auf mehr gehofft, und das Internet verdient auch mehr. Ohne eine wesentliche Richtungsänderung wird das Internet sich weiter in Richtung auf eine Welt der Balkanisierung und des Misstrauens bewegen – eine ernsthafte Abweichung von seinen Ursprüngen, die von Offenheit und Chancen geprägt waren.“
[mit Material von Edward Moyer, News.com]
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