Microsofts Chefjustiziar Brad Smith hält die von Präsident Barack Obama angekündigte kleine Geheimdienstreform für nicht ausreichend und fordert internationale Vereinbarungen, um Datenzugriffe durch Regierungen zu regeln. Die thematische Breite der Probleme erfordere einen internationalen rechtlichen Rahmen.
In einem Blogeintrag führt Smith Überlegungen dazu aus und verweist darauf, dass Datenschutz, Privatsphäre und eine Reform der Überwachungsprogramme auch auf der Agenda des Weltwirtschaftsforums in Davos stehen werden. Bei diesem jährlichen Forum, das heute eröffnet wird, nimmt der Microsoft-Manager an einer Podiumsdiskussion zum „Big-Brother-Problem“ teil. Dabei soll es um die Konsequenzen aus der wachsenden öffentlichen Besorgnis über Datensammelprogramme wie die des US-Geheimdienstes NSA gehen – und wie sich Vertrauen in öffentliche und private Institutionen schaffen lasse.
Nach den Snowden-Enthüllungen müssen sich Microsoft und andere Technologiefirmen schon aus ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse heraus um das schwindende Vertrauen ihrer weltweiten Kunden bemühen. Brad Smith lobt die von Präsident Obama angekündigten Schritte für eine Einschränkung der Überwachung, wodurch auch die Privatsphäre von Nicht-US-Bürgern besser geschützt werde. Microsoft wolle aber weiterhin auf Regierung und Kongress einwirken für eine grundsätzliche Reform der US-Abhörgesetze, wie sie Google, Facebook und Microsoft im Dezember forderten.
„Die im letzten Jahr aufgekommenen Fragen haben uns daran erinnert, dass die starken Schutzvorkehrungen durch die amerikanische Verfassung und das US-Recht nur selten den Bürgern anderer Länder zugutekommen“, schreibt Smith. „Wir wurden außerdem alle daran erinnert, dass Überwachung international und von allen Regierungen praktiziert wird. Und wie Branchenberichte verdeutlichen, fragen Regierungen rund um die Welt nach Kundendaten.“
Der Chefjustiziar fordert deshalb „einen internationalen Rechtsrahmen – ein internationales Abkommen -, um Regeln für Überwachung und Datenzugriffe über Grenzen hinweg zu schaffen.“ Ein solches Abkommen solle Menschenrechte sowie Privatsphäre schützen und sicherstellen, dass Regierungen Informationen über private Bürger anderer teilnehmender Länder nur gemäß rechtsstaatlicher Grundsätze einholen können.
Nach Smiths Vorstellungen sollte ein solches Abkommen zunächst in einem kleineren Rahmen mit Regierungen beginnen, deren rechtsstaatliche Absicherungen internationalen Standards genügen. Damit sollen zugleich Anreize für weitere Regierungen geschaffen werden, sich dem Abkommen anzuschließen.
„Eine solche Herangehensweise würde die Transparenz verbessern und die rechtliche Unsicherheit verringern, die gegenwärtig droht, das Wachstum von cloudbasierten Diensten international zu verlangsamen“, spricht Microsofts Executive Vice President den für ihn offenbar entscheidenden Punkt an. „Präzisere Regeln für internationale Datenzugriffe könnten helfen, Grenzen zu öffnen und Unternehmen das Hosting von Diensten und Daten in einem Land für die Bürger in einem anderen Land erlauben.“
[mit Material von Corinne Reichert, ZDNet.com]
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