BGH erklärt „Tippfehler-Domains“ grundsätzlich für zulässig

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat in einem heute ergangenen Urteil sogenannte Tippfehler-Domains grundsätzlich für zulässig erklärt. Zugleich formulierte er aber auch Einschränkungen, die Betreibern solcher Domains die Geschäfte erschweren könnten. Tippfehler-Domains verwenden Domainnamen mit einer bewusst fehlerhaften Schreibweise einer bereits registrierten, gut besuchten Domain. Der Fachbegriff dafür ist Typosquatting. Im konkreten Fall ging es um wetteronline.de und wetteronlin.de.

Wer beim Eintippen des Domainnamens wetteronline.de den letzten Buchstaben vergaß, landete auf einer lediglich für die Weiterleitung genutzten Website. Die endgültige Zielseite enthielt Werbung für private Krankenversicherungen. Der Betreiber von wetteronlin.de erhielt für jeden Aufruf der Versicherungswebsite eine Vergütung.

Auf wetteronline.de bekommt man wie vermutet Informationen zur Wetterlage, während wetteronlin.de sich anderen, nicht auf Anhieb mit dem Domainnamen assoziierten Inhalten widmet (Screenshots: ITespresso.de).

Dem Wetterdienst war das ein Dorn im Auge. Seiner Meinung nach wurde sein Geschäft dadurch, dass Interessenten, die auf seine Seite gelangen wollten, auf eine andere umgeleitet wurden, in unlauterer Weise behindert. Zugleich sah er seine Namensrechte verletzt. Er verklagte daher den Betreiber der Tippfehler-Domain auf Unterlassung, Einwilligung in die Löschung des Domainnamens „www.wetteronlin.de“ sowie auf Auskunftserteilung, um die Höhe des zu fordernden Schadenersatzes ermitteln zu können.

Damit hatte der Kläger vor dem Landgericht Köln zunächst Erfolg, das Oberlandesgericht schmetterte zudem die Berufung des Beklagten ab. Es ging davon aus, dass die geltend gemachten Ansprüche sowohl unter dem Gesichtspunkt einer wettbewerbswidrigen Behinderung als auch wegen Verletzung des Namensrechts bestehen.

Im Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof hat der Typosquatter jetzt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils erreicht (Aktenzeichen I ZR 164/12). Außerdem wies der BGH die Klage wegen Verletzung des Namensrechts ab. Die Richter sahen die für den Namensschutz erforderliche namensmäßige Unterscheidungskraft der Bezeichnung „wetteronline“ nicht als gegeben an, weil es sich um einen rein beschreibenden Begriff handelt: „Mit wetteronline wird der Geschäftsgegenstand der Klägerin bezeichnet, online Informationen und Dienstleistungen zum Thema Wetter anzubieten“, teilte das Gericht mit.

Allerdings stimmt der BGH mit dem OLG Köln darin überein, dass die Benutzung der Tippfehler-Domain zum Abfangen von Kunden gegen das Verbot unlauterer Behinderung durch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (Paragraf 4, Nummer 10) verstößt – zumindest, „wenn der Nutzer auf der sich öffnenden Internetseite nicht sogleich und unübersehbar auf den Umstand hingewiesen wird, dass er sich nicht auf der Seite wetteronline.de befindet“.

Den Antrag auf Löschung des Domainnamens „wetteronlin.de“ hat der BGH dagegen abgewiesen. Er begründet das damit, dass durchaus eine rechtlich zulässige Nutzung denkbar ist. Die bloße Registrierung des Domainnamens behindert den Betreiber der Site www.wetteronline.de nach Ansicht der obersten Richter nicht unlauter.

Bereits Ende 2009 hatte das Landgericht Frankfurt am Main in einem Verfahren um Tippfehler-Domains die Klage einer deutschen Fluggesellschaft gegen die Denic abgewiesen (Aktenzeichen 2-6 O 706/08). Das Unternehmen wollte damit die Sperrung diverser Domains erreichen, die ihre Marken als Bestandteile beinhalteten beziehungsweise sehr ähnliche Begriffe darstellten.

Nach Ansicht der Frankfurter Richter kann allerdings die Denic für Rechtsverletzungen Dritter durch die Wahl bestimmter Domains allenfalls als Störerin haften. Dies setze voraus, dass zumutbare Prüfungspflichten verletzt würden. Allerdings seien der Denic nur sehr geringe Prüfungspflichten aufzuerlegen. Die Richter begründeten das zum einen damit, dass die Organisation ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig ist, zum anderen aber auch dadurch, dass das Registrierungsverfahren automatisiert und schnell ablaufen muss, was schließlich eindeutig im Interesse der Allgemeinheit liege.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]

ZDNet.de Redaktion

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