Nikolaus Färber vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS), der den Zuhörern der Abschlusspräsentation das Konzept des Adaptiven Streamings via Mobilfunk vermittelte, sieht die nahtlose Integration des Social-Media-Dienstes ins Fahrzeug als entscheidenden Durchbruch für den mobilen Medienzugriff an: „Wenn man Youtube-Videos im Auto reibungslos zum Laufen bringt, dann kann man Inhalte künftig überall hin streamen.“ Wie Färber betont, hat Youtube bestimmte Videoinhalte in Testversuchen bereits per DASH gestreamt: „Die Chancen stehen gut, dass es sich auf dem Markt durchsetzt.“
Vorteile von MPEG-DASH
Bislang bekommen Nutzer auf ihrem Endgerät jedoch meist nur den sogenannten Spinner zu sehen, wenn sie über das mobile Internet auf Reisen Videos von Youtube abrufen. Dieser sich drehende Kreis deutet auf eine Ladeverzögerung des Streams hin, der wiederum auf die Bewegung des Users und die damit einhergehenden Wechsel der Funkzellen zurückzuführen ist. Durch die daraus resultierende, dramatisch verringerte Bandbreite kann der Zwischenspeicher (Puffer) des Videoplayers nicht kontinuierlich mit Streaming-Material gespeist werden, sodass er bei beständigen Nachladeversuchen des Clients irgendwann leergelaufen ist und das Video stockt.
Der offene Standard MPEG-DASH soll Pufferunterläufe künftig dadurch verringern, dass er die Videobitrate an die jeweilige Kanalbitrate anpasst. Ein weiterer Vorteil des im April 2012 veröffentlichten DASH-Standards ist, dass er die vorhandene HTTP-Infrastruktur – etwa bestehende Webserver – zum Ausliefern der Streaming-Inhalte nutzt.
Einen Mehrwert von DASH sieht Färber ebenso in der Flexibilität der Streaming-Technologie: „DASH ist in zweifacher Hinsicht offen: Zum einen ist es ein quelloffener Standard, den Unternehmen problemlos einsehen, anpassen und implementieren können, zum anderen ist er auch aufgrund seiner Eigenschaften sehr flexibel.“
Grundprinzip von MPEG-DASH
Um Medieninhalte per Dynamic Adaptive Streaming over HTTP auch tatsächlich flexibel zu streamen, wird eine sogenannte Transcoder-Kette benötigt: Die entsprechende Quelldatei wird zunächst von einem Hardware-Encoder unter Verwendung einheitlicher Codecs – etwa H.264 für die Videospur und AAC für die Audiospur – in verschiedene Qualitätsstufen übersetzt. Sie liegt dann zum Beispiel in dreifacher Ausführung auf einem Server vor, da sie in diesem Fall jeweils mit niedriger, mittlerer und hoher Bitrate kodiert wurde.
Anschließend werden die jeweiligen Dateivarianten in einen MPEG-Transportstrom verpackt und an eine Software weitergeleitet, die sie in gleich lange Teilstücke splittet, welche beispielsweise immer eine Länge von zehn Sekunden aufweisen. Das Segmenter genannte Tool generiert zudem einen Index, der eine URL-Liste mit Verweisen auf die einzelnen Segmente der Ursprungsdatei vorhält. Sowohl Indexdatei als auch die Teilstücke selbst werden dann typischerweise auf einem HTTP-Server gespeichert.
Ein Videoplayer greift letztlich nur auf die Indexdatei zu und lädt die Teilstücke über HTTP nach und nach herunter. Die einzelnen Segmente werden dabei automatisch in den Qualitätsstufen ausgewählt, die zu der verfügbaren Kanalbitrate – also der jeweiligen Bandbreite – passen.
DASH-Feldversuch im Auto
Ob dieses theoretische Grundprinzip auch in der Praxis funktioniert, hat das Fraunhofer IIS anhand eines Feldtests erprobt. Hierfür waren die Forscher im Mai 2012 mit ihrem Fahrzeug drei Stunden lang in und um Erlangen auf Land- und Stadtstraßen sowie auf der Autobahn unterwegs. Mit sich führten sie ein Notebook mit angeschlossenem USB-Surfstick, der zumeist Internetverbindungen in 3G-Qualität und – gelegentlich auch – auf EDGE-Niveau lieferte.
Alle fünf Sekunden wurden 1 MByte große Streamingpakete unter diesen Bedingungen heruntergeladen. Mehr als 2000-mal wurde hierbei die jeweilige Kanalbitrate über die Zeit gemessen. Das Ergebnis: Laut Färber verlängert sich das durchschnittliche Pufferintervall durch den Einsatz von DASH auf 100 Minuten, was gegnüber den 15 Minuten bei herkömmlicher Streaming-Technik eine enorme Verbesserung darstellt.
Färber hebt hervor, dass der Feldversuch ohne Antennen durchgeführt wurde, die das Signal hätten verstärken können: „Die Downloadraten waren nichtsdestotrotz kontinuierlich hoch.“ Auch Handover-Prozesse bereiteten dem Forscherteam nach Färbers Angaben keine Probleme.
Anwendungsgebiete
DASH kommt mittlerweile nicht nur bei Youtube für bestimmte Videoinhalte im HTML5-Player zum Einsatz. Auch das US-Portal Hulu streamt seinen Content bereits mittels des DASH-Verfahrens auf Googles HDMI-Dongle Chromecast. Zudem wird die adaptive Streaming-Technologie auch schon auf manchen Smart-TVs zur Übertragung von Zusatzinhalten per Internet genutzt.
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