Android ist nicht so frei nutzbar, wie manche denken. Diesen Schluss legen für Hersteller von Endgeräten verpflichtende Bestimmungen Googles nahe, die jetzt der Jurist Ben Edelman, Professor an der Harvard Business School, veröffentlicht hat. Beispielsweise muss ein Unternehmen, das einige von Googles Anwendungen – Youtube oder Maps etwa – vorinstallieren möchte, auch alle anderen aufnehmen – teilweise auch als Standard-App für bestimmte Vorgänge.
Die Bestimmungen gelten nur für Google-Anwendungen und -Dienste einschließlich Google Play, nicht für das Betriebssystem an sich. Für das Android Open Source Project gelten andere, wesentlich weniger restriktive Bestimmungen. Allerdings dürften Anwender verwirrt bis enttäuscht reagieren, käme ein neu erworbenes Android-Smartphone ohne Google Maps, während sie auf das Notizbuch Google Keep oder die Sprachsuche möglicherweise verzichten können.
Die Bestimmungen heißen Mobile Application Distribution Agreement (MADA). Edelman hat sie nach eigenen Angaben aus den öffentlich zugänglichen Unterlagen des Verfahrens Oracle America gegen Google entnommen. Dort waren die von Samsung und HTC unterzeichneten Versionen des MADA als Beweise zugelassen worden. Ihr Inhalt ist jeweils als geheim und nur für die Anwälte der Firmen zugänglich klassifiziert. Dennoch wurden sie für das offene Verfahren zugelassen und sind somit laut Edelman für jeden zugänglich.
Edelman macht in seiner ausführlichen Darstellung fünf Kernbestimmungen des MADA aus. So müssen stets alle Google-Anwendungen vorinstalliert werden. Sollte eine davon in einem vom Vertrag abgedeckten Land fehlen, muss das Google vorab genehmigen. Zudem ist es Vorschrift, dass Such-App und Google Play nicht mehr als einen Bildschirm von Home-Screen entfernt sein dürfen. Die Google-Suche muss Standard-Suche und der Google Network Location Provider muss sowohl vorinstalliert als auch Standarddienst für Ortsdatenerfassung sein.
Edelman, der sich seit Jahren mit Privatsphäre und Internet beschäftigt, räumt in einer Offenlegung ein, er berate mehrere mit Google rivalisierende Firmen. Die Darstellung im Blog sei aber seine und nicht im Auftrag eines Klienten erfolgt.
Sein folgender Kommentar enthält etwa den Hinweis, dass Google durch diese Bedingungen Wettbewerber ausgrenzt. Beispielsweise können Smartphone-Hersteller nicht – wie etwa der Browseranbieter Mozilla – die Zulassung als Standardsuche höchstbietend verkaufen oder einem anderen Geodatendienst mehr Bekanntheit verschaffen, indem sie seine Dienste als Standard integrieren. Dies schade auch den Anwendern: Mangels solcher Abkommen müssten sie mehr für ihre Hardware zahlen, glaubt Edelman.
Zudem zitiert Edelmann Aussagen von Google-Managern wie Android-Boss Andy Rubin über die „Freiheit“ von Android. Im Kontext des MADA erscheinen einige (etwa ein Blogbeitrag von Rubin aus dem Jahr 2011) davon allerdings als irreführend. Die strenge Geheimhaltung, der das MADA unterliegt, kontrastiert allein schon mit der von Rubin hochgehaltenen „Transparenz“.
Eine Stellungnahme von Google liegt ZDNet.com noch nicht vor.
[mit Material von Larry Seltzer, ZDNet.com]
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