EuGH: Verlinkung auf urheberrechtlich geschützte Artikel ist zulässig

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat ein Grundsatzurteil zum Urheberrecht im Internet gefällt (Az. C-466/12). Demnach liegt keine Urheberrechtsverletzung vor, wenn ohne Erlaubnis des Rechteinhabers per Link auf ein frei zugängliches Werk verwiesen wird. Das gilt den Richtern zufolge auch dann, wenn Internetnutzer, die einen Link anklicken, den Eindruck haben, dass das Werk auf der Seite erscheint, die den Link enthält.

Im vorliegenden Fall hatte die schwedische Zeitung Göteborgs-Posten gegen das Unternehmen Retriever Sverige geklagt, das Kunden auf seiner Internetseite Links zu Artikeln anderer Seiten bereitstellt. Das zuständige schwedische Gericht hatte sich daraufhin mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gewandt, um die Frage klären zu lassen, ob die Bereitstellung solcher Links eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Unionsrechts darstellt. Dann wäre es nicht möglich, ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber Hyperlinks zu setzen.

Zwar stellte der Gerichtshof in seinem Urteil fest, dass eine Handlung der Wiedergabe vorliegt, aber er weist zugleich darauf hin, dass sich die Wiedergabe an ein neues Publikum richten muss. Nach Auffassung der Richter fehlt es im Fall der von Retriever Sverige betriebenen Internetseite an einem solchen „neuen Publikum“. „Da die auf
der Seite der Göteborgs-Posten angebotenen Werke frei zugänglich waren, sind die Nutzer der Seite von Retriever Sverige nämlich als Teil der Öffentlichkeit anzusehen, die die Journalisten hatten erfassen wollen, als sie die Veröffentlichung der Artikel auf der Seite der Göteborgs-Posten erlaubten“, heißt es in einer Mitteilung des EuGH.

Der Gerichtshof folgert daraus, dass der Inhaber einer Internetseite wie die von Retriever Sverige ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber über Hyperlinks auf geschützte Werke verweisen darf, die auf einer anderen Seite frei zugänglich sind. Anders verhält es sich jedoch, wenn durch die Verlinkung beschränkende Maßnahmen wie eine Paywall umgangen werden. Denn dann würden die Inhalte – statt wie beabsichtigt nur zahlenden Abonnenten – einem neuen Publikum zur Verfügung gestellt, was die Rechteinhaber ausdrücklich erlauben müssten.

Diese Rechtsauffassung vertritt auch der Bundesgerichtshof. Er hatte 2003 in einem Rechtsstreit zwischen der Verlagsgruppe Handelsblatt und dem Suchdienst Paperboy entschieden, das Links auf Online-Angebote grundsätzlich zulässig sind und keine gesonderte Erlaubnis erfordern. 2010 schränkte er dies jedoch auf Angebote ohne Schutzmaßnahmen ein, die eine unbefugte Nutzung von Inhalten verhindern sollen (Az. I ZR 39/08).

Der EuGH stellte nun abschließend fest, dass die Mitgliedsstaaten nicht das Recht haben, einen weiter gehenden Schutz der Inhaber von Urheberrechten durch Erweiterung des Begriffs der „öffentlichen Wiedergabe“ vorzusehen. „Dadurch entstünden nämlich rechtliche Unterschiede und somit Rechtsunsicherheit, wo doch mit der in Rede stehenden Richtlinie diesen Problemen gerade abgeholfen werden soll.“

Wie im vorliegenden Fall können Gerichte der Mitgliedsstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Europäischen Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts vorlegen. Der EuGH entscheidet allerdings nicht über den nationalen Rechtsstreit. Dies ist Sache des nationalen Gerichts, das über die Rechtssache im Einklang mit dem EuGH-Urteil entscheiden muss.

ZDNet.de Redaktion

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