Britischer Geheimdienst fing Webcam-Bilder von Millionen Yahoo-Nutzern ab

Der britische Geheimdienst Government Communications Headquarters (GCHQ) hat zwischen 2008 und 2010 massenhaft Webcam-Bilder von Yahoo-Nutzern abgefangen und gespeichert. Wie The Guardian berichtet, erhielt er dabei Unterstützung von der National Security Agency (NSA). Die Überwachung erfolgte laut Geheimunterlagen, die aus dem Fundus des Whistleblowers Edward Snowden stammen, willkürlich und ohne konkreten Verdacht.

Demnach war das als „Optic Nerve“ bezeichnete Programm noch im Jahr 2012 aktiv. Einem nicht näher datierten GCHQ-Wiki zufolge wurde es später eingestellt. Es war aber geplant, Optic Nerve zu reaktivieren.

Allein im Jahr 2008 habe GCHQ in einem Zeitraum von sechs Monaten Webcam-Bilder von mehr als 1,8 Millionen Yahoo-Konten weltweit eingesammelt, so der Guardian weiter. Drei bis elf Prozent der Fotos seien im Rahmen von „eindeutig sexuellen Kommunikationen“ entstanden. Laut Daten von Comscore hatte der Yahoo Messenger im Januar 2014 etwas 4,3 Millionen Nutzer.

Die Bilder wurden offenbar gespeichert, um Techniken für die Gesichtserkennung zu testen, bekannte Verdächtige zu überwachen und „neue interessante Ziele zu entdecken“. Um die eigenen Systeme nicht zu überlasten und zumindest „in Teilen“ den geltenden Gesetzen zu entsprechen, wurde die Zahl der Aufnahmen pro Nutzer auf eine alle fünf Minuten begrenzt.

Die Fotos unbekleideter Personen waren für den britischen Geheimdienst offenbar eine besondere Herausforderung. Zwar wurden laut Guardian keine Maßnahmen ergriffen, um die Sammlung solcher Bilder zu verhindern, GCHQ wollte seine Mitarbeiter aber davor schützen, die Bilder zu betrachten. Unter anderem sei versucht worden, Nacktaufnahmen per Gesichtserkennung herauszufiltern, was nicht funktioniert habe. Analysten war es demnach freigestellt, die fraglichen Dateien zu öffnen.“

Dem Bericht zufolge zapfte GCHQ Untersee-Glasfaserkabel an, um an die Bilder zu kommen. Wie genau die Webcams angesteuert wurden, geht aus den Geheimunterlagen nicht hervor. Alle Daten seien anschließend zur weiteren Analyse in das XKeyscore-Programm der NSA eingeflossen.

Yahoo verurteilte das Programm scharf und bestritt gegenüber dem Guardian jegliche Kenntnis davon. Die Rechte seiner Nutzer seien in nie da gewesener Weise verletzt worden. Eine Sprecherin des Internetkonzerns wiederholte zudem die Forderung nach einer weltweiten Reform von Überwachungsgesetzen. Man halte zudem an dem Plan fest, künftig alle Yahoo-Dienste zu verschlüsseln.

Ende Januar war bekannt geworden, dass NSA und GCHQ zusammen auch App-Daten von Handynutzern ausgespäht haben. Unter anderem sammelten sie Informationen über Alter, Standort und die sexuelle Ausrichtung von Zielpersonen. Die Daten lieferten unter anderem Apps wie Angry Birds oder Google Maps. Der britische Geheimdienst soll aber auch über Werkzeuge für das gezielte Ausspähen einzelner Smartphones verfügen.

[mit Material von Zack Whittaker und Charlie Osborne, ZDNet.com]

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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