NFC-gesteuerte Gestik als neue Benutzerschnittstelle

Das mobile Zeitalter wird bisher hauptsächlich von Smartphones geprägt. Diese kleinen Geräte werden als die digitale Antwort auf das Schweizer Taschenmesser verstanden – ein Universalwerkzeug, das uns mit einer Vielzahl von Funktionen unterstützt, um unser Leben zu erleichtern. Das Konzept Mobile ist daher für die meisten von uns untrennbar mit dieser einen Geräteklasse, nämlich dem Smartphone, verbunden.

Doch Mobile ist viel mehr als nur das Smartphone. Am deutlichsten zeigt sich das derzeit an Tablets, einer zweiten Klasse von mobilen Geräten, die inzwischen schon in unserem Alltag angekommen ist. Doch das ist nur der Anfang. Erste intelligente Uhren und Brillen gibt es bereits und werden derzeit weiter verfeinert. Wir befinden uns auf dem Weg in das Zeitalter des Wearable Computing – der dritten Klasse von mobilen Geräten, die uns näher sein werden und persönlicher als es Smartphones und Tablets je waren. Und weitere mobile Geräteklassen werden diesen sicher folgen.

Dr. Danny Fundinger, der Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet, ist Managing Consultant Mobile Payments and Mobile Wallets bei IBM Global Business Services (Bild: IBM).

Bereits heute ist dabei zu beobachten, dass neue Klassen von mobilen Geräten die älteren nicht ersetzen, sondern vielmehr ergänzen. Smartphones sind nach der Einführung von Tablets nicht ausgestorben, stattdessen werden Tablets alternativ zu Smartphones eingesetzt – und zwar immer dann, wenn sie für ein bestimmtes Szenario besser geeignet sind.

Oft hängt es dabei sehr stark vom Kontext ab, ob ein Tablet oder ein Smartphone das bessere Mittel der Wahl ist. Ein Zehn-Zoll-Tablet ist vor allem ein Couch-Gerät. Es eignet sich in dieser Situation unter allen derzeit bekannten mobilen Geräten am besten für das Lesen von E-Books oder für das Anschauen von Filmen. Ein Smartphone hingegen kann zum Lesen immer dann verwendet werden, wenn man unterwegs ist und keine Lust hat, das Tablet mitzuschleppen.

Der Trend geht also zur Kombination einer Vielzahl von mobilen Geräten, die miteinander verbunden sind und deren Einsatz abhängig von der konkreten Situation und den Kontext erfolgt. Es wird zukünftig also nicht mehr das eine mobile Gerät geben, das alles kann und für alles verwendet wird – stattdessen wird das persönliche Ökosystem bestehend aus mobilen Geräten mehrerer Geräteklassen das bessere, digitale Schweizer Taschenmesser sein.

Dies wird noch deutlicher, wenn mobile Geräte der nächsten Geräteklasse, des Wearable Computings, in unser Leben kommen – Smart Glasses wie von Google werden für die Aufnahme von Fotos und Videos in vielen Situationen die geeigneteren Werkzeuge sein, aber das Smartphone oder Tablet wird wohl weiterhin die bessere Wahl sein, um die Ergebnisse anzusehen und mit anderen zu teilen. Smart-Watches haben Sensoren und befinden sich in der Nähe unseres Körpers, um ständig unseren Puls und andere Körperfunktionen messen zu können. Damit eröffnen sich ganz neue mobile Anwendungsmöglichkeiten, die mit einem Smartphone gar nicht abgedeckt werden können. Und SMS oder Twitter-Nachrichten werden auch einfacher über den Bildschirm einer Smartwatch zu verfolgen sein, als am Smartphone, das sich meist in der Tasche befindet.

Per NFC verbundene Karte als zweiter Authentifizierungsfaktor (Bild: IBM).

Eine zentrale Herausforderung wird dabei allerdings die Benutzerschnittstelle sein. Die intuitive und sehr einfache Bedienung war schließlich der wichtigste Erfolgsfaktor für den Siegeszug des iPhone. Die gleiche Herausforderung gilt es nun auch für neue Klassen von mobilen Geräten zu meistern. Touchscreens sind nicht mehr ausreichend für Geräte, die viel kleiner sind als ein Smartphone.

Ein möglicher Ansatz, dem Google bei Smart Glasses folgt, ist die Spracherkennung. Zwar muss noch bewiesen werden, dass dies auch in der Praxis zuverlässig funktioniert, aber es scheint zumindest derzeit der vielversprechendste Ansatz für Geräte in der Nähe des Gesichtes zu sein. Für Smartwatches hingegen gelten andere Gesetze: Vermutlich werden nur eingefleischte James Bond-Fans mit ihrer Armbanduhr sprechen wollen. Wahrscheinlich ist daher eine andere Art von Benutzerschnittstelle die bessere Wahl für Geräte am Handgelenk – und zwar eine Technologie, die die intuitiven Bewegungen des Zeigens und Berührens, die wir mit unseren Händen und Armen ständig machen, emulieren kann.

Diese Überlegung führt hin zu der Technologie NFC. NFC oder Near-Field-Communication ist eine Funktechnologie ähnlich RFID oder Bluetooth mit dem entscheidenden Merkmal, dass zur Übertragung von Daten die kommunizierenden Geräte sehr eng aneinander gehalten werden müssen.

Auf den ersten Blick scheinbar ein Nachteil, ist dies aber der eigentliche Nutzen von NFC. Die (Trans-)aktionen und die Datenübermittlung sind kontextabhängig. Das Ziel kann dabei entweder ein anderes NFC-fähiges Gerät oder ein sogenannter Tag sein, ein Chip, der ganz bestimmte Informationen enthält. Wenn ein solcher Tag mit einem NFC-fähigen Gerät berührt wird, können Informationen ausgelesen oder eine konkrete Aktion ausgeführt werden.

Beispielsweise könnte ein Poster mit mehreren Berührungspunkten in Form von NFC Tags ausgestattet werden, einer der Tags zeigt den Standort des nächsten Kinos, ein anderer startet die Wiedergabe des Video-Trailers und ein Dritter initiiert den Kauf von Tickets. Ein Café hingegen könnte einen NFC Tag auf seiner Eingangstür zum Verbinden mit dem hauseigenen Wifi-Netzwerk anbringen und einen zweiten für den Download von Gutscheinen, die nur in diesem Café verwendet werden können.
NFC-Smartphone-Prognose bis 2018 (Diagramm: IHS)

NFC ermöglicht also eine neue Art von Benutzerschnittstelle. Es wird nicht mehr nur der Bildschirm zur Interaktion genutzt, stattdessen wird das mobile Gerät mit Gesten und Bewegungen direkt mit der realen Welt verknüpft und in Beziehung gesetzt. Für Smartphones war dieser Ansatz bislang nur begrenzt erfolgreich, weil es generell einfacher ist, diese Geräte mit dem Touchscreen zu bedienen. Aber bei Smartwatches wird der Bildschirm dafür nicht mehr ausreichend groß sein. Das Berühren eines NFC-Tags, und die damit ausgelöste kontextabhängige Aktion ist für diese Geräte die viel einfachere Möglichkeit der Bedienung.

Denn Zeigen und Berühren sind zwei der intuitivsten menschlichen Gesten, die von uns Menschen sehr einfach verstanden und eingesetzt werden können. Mit der Verbindung von NFC und Smartwatches hat diese Art von Gestik das Potenzial, die reale und die virtuelle Welt auf eine neue und innovative Art und Weise zu verbinden.

Peter Marwan

Für ZDNet veröffentlicht Peter immer wieder Beiträge zum Thema IT Business.

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