Google-CEO Larry Page: US-Überwachungsprogramm bedroht die Demokratie

Auf der TED-Konferenz in Vancouver hat Google-CEO Larry Page die US-Überwachungsaktivitäten scharf kritisiert und als Gefahr für die Demokratie bezeichnet. Gleichzeitig sprach er sich für das anonyme Teilen medizinischer Daten aus, da es jährlich 100.000 Leben retten könne.

„Für mich ist äußerst enttäuschend, dass die Regierung praktisch im Geheimen all diese Dinge getan und uns nichts davon gesagt hat“, erklärte Page im Gespräch mit dem TV-Interviewer Charlie Rose. „Ich glaube nicht, dass wir eine Demokratie haben können, wenn wir Sie und unsere Nutzer vor der Regierung schützen müssen bei Dingen, über die wir nie eine Diskussion geführt haben. Wir müssen die Einflussfaktoren kennen, was für eine Überwachung die Regierung durchführen wird, wie und warum.“

Google-CEO Larry Page (Bild: Google)

Auf Nachfrage verdeutlichte er, dass es ihm nicht um die Unterrichtung Googles, sondern der Öffentlichkeit gehe. „Wir können keine funktionierende Demokratie haben ohne eine Debatte. Das ergibt keinen Sinn.“ Page hatte schon zuvor wiederholt beteuert, er habe vor den Enthüllungen Edward Snowdens keine Kenntnis über das PRISM-Programm des US-Geheimdienstes gehabt. Nach einer Aussage des NSA-Chefanwalts waren die großen Technikfirmen wie Google, Microsoft und Apple jedoch über die Abhörprogramme der NSA informiert.

Lachend erwähnte Larry Page ein über Twitter verbreitetes Bild von Google-Mitgründer Sergey Brin zusammen mit Whistleblower Edward Snowden, der über einen Telepräsenz-Roboter ebenfalls an der TED-Konferenz teilnahm. „Für mich sind Privatsphäre und Sicherheit absolut wichtig“, versicherte er. Privatsphäre sei ohne Sicherheit nicht zu haben. Es gebe berechtigte und schwierige Fragen durch die vielen Informationen, die schon durch das Mitführen eines Mobiltelefons entstehen. „Entscheidend dabei ist, dass wir den Menschen Wahlmöglichkeiten geben und ihnen zeigen müssen, welche Daten gesammelt werden: Suchverlauf, Standortdaten. Ich bin wirklich begeistert über den Inkognito-Modus. Aber ich möchte auch nicht, dass das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird.“

Als Beispiel für aus seiner Sicht sinnvolles Teilen von Daten führte er medizinische Aufzeichnungen an und erwähnte seine eigene Stimmbandlähmung. Als er seine Stimme verlor, habe ihn Sergey Brin überredet, seine eigenen Patientendaten für Forscher freizugeben. „Wäre es nicht großartig, wenn die Patientendaten aller anonym für die medizinische Forschung verfügbar wären?“ fragte er. „Es könnte 100.000 Leben in diesem Jahr retten.“

Auch vom selbstfahrenden Auto, das Google mit vorantreibt, erhofft sich Larry Page die Rettung vieler Menschenleben. Nachdem mit Googles Robocars bereits über 100.000 Meilen zurückgelegt wurden, erwartet er die Einführung selbstfahrender Autos „sehr bald“. Ähnlich hohe Erwartungen verbindet er mit Project Loon, bei dem Google durch Ballons das Internet bis in entlegenste Regionen der Welt bringen will: „Wir können ein weltweites Netz von Ballons schaffen, um den ganzen Planeten abzudecken.“ Große Hoffnungen setzt er außerdem auf Fortschritte in der künstlichen Intelligenz durch Forschung, die Informatik und Neurowissenschaft einbezieht. Für Google wie für andere Firmen sei es unabdingbar, nie die Zukunft aus dem Blick zu verlieren.

Die Übernahme des auf künstliche Intelligenz spezialisierten Unternehmens DeepMind für 400 Millionen Dollar erklärte der Google-Chef vor allem mit der Absicht, die Spracherkennung zu verbessern. Er habe sich die Suche angesehen und über eine weniger umständliche Handhabung von Computern nachgedacht – und in diesem Zusammenhang über Schwächen der Spracherkennung. Selbst nach 15-jähriger Arbeit an der Suche sei Google noch in einer frühen Phase.

„Computing ist irgendwie chaotisch“, sagte Page. „Ihr Computer weiß nicht, wo Sie sind, was Sie wissen, was Sie tun. Wir wollen Geräte dazu bringen, Ihren Kontext zu verstehen, und was Sie benötigen könnten. Wir beginnen beispielsweise eben an Android Wear zu arbeiten. Wir haben noch nicht erreicht, dass Computing Sie versteht. Es ist noch immer sehr umständlich.“

[mit Material von Steven Musil, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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