Die brasilianische Abgeordnetenkammer hat das Gesetz Marco Civil da Internet verabschiedet. Es wird auch als Internet-Verfassung bezeichnet und gilt als weltweit fortschrittlichste Gesetzgebung dieser Art. Die Gesetzesvorlage muss jetzt noch vom Bundessenat angenommen werden, bevor es von Präsidentin Dilma Rousseff unterzeichnet wird.
Das Gesetz wurde in einem ungewöhnlich offenen Verfahren entwickelt. Über eine Online-Plattform wurden Bürger ab 2009 zu Vorschlägen und Kritik eines frühen Entwurfs eingeladen. Fast 2000 Menschen nahmen daran teil, und der Text erfuhr dadurch eine wesentliche Überarbeitung. In den folgenden Jahren arbeiteten sich jedoch auch Lobbyisten am Marco Civil da Internet ab, was fast zu seinem Scheitern führte.
Ein Streitpunkt war insbesondere die Netzneutralität, die das Gesetz jetzt festschreibt. Es entlastet gleichzeitig die Internet Service Provider, die nicht mehr für Inhalte verantwortlich gemacht werden können, die von ihren Nutzern veröffentlicht werden. Entfallen ist dagegen die obligatorische Datenspeicherung in Brasilien, die auch für Anbieter wie Facebook und Google gelten sollte. An ihre Stelle trat eine Verpflichtung für alle Unternehmen, die von Brasilianern generierte Daten speichern und verwalten, sich an brasilianische Datenschutzgesetze zu halten – unabhängig davon, wo sich die Rechenzentren und die Daten selbst befinden.
Das Gesetz gibt weiterhin Grundsätze und Rechte vor zu Meinungsfreiheit und Interoperabilität, der Nutzung offener Standards und Technologien, dem Schutz persönlicher Daten, der Zugänglichkeit, einer Internetverwaltung durch verschiedene Akteure sowie offenen Regierungsdaten. WWW-Erfinder Sir Tim Berners Lee lobte schon den Entwurf für Regeln, die „die Rechte und Verantwortlichkeiten von Einzelpersonen, Regierungen und Firmen, die das Internet nutzen, ausbalancieren.“
Das Marco Civil da Internet kann bei der kommenden Abstimmung im brasilianischen Bundessenat noch Veränderungen erfahren, aber auch seine Zustimmung gilt als sicher. Die Unterstützer hoffen darauf, dass es zum Gesetz wird noch vor Netmundial, der globalen Konferenz über Internet-Governance, die im nächsten Monat in Brasilien stattfindet.
[mit Material von Angelica Mari, ZDNet.com]
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