Der Chaos Computer Club (CCC) und die Free Software Foundation Europe (FSFE) haben zusammen mit der Projektleitung von IPFire und OpenWrt sowie weiteren Unterstützern freier Soft- und Hardware die Bundesnetzagentur aufgefordert, ihren im Februar vorgelegten Verordnungsentwurf zur Abschaffung des Routerzwangs nachzubessern. In einer gemeinsamen Stellungnahme (PDF) kritisieren sie, dass Kunden nach dem aktuellen Entwurf von sich aus aktiv werden müssen, damit Netzbetreiber die Zugangskennungen für Internet- und Sparachdienste herausgeben. Stattdessen fordern sie, dass die Provider diese Informationen von sich aus veröffentlichen müssen.
Grundsätzlich begrüßen CCC und FSFE in einer Mitteilung die Ideen der Bundesnetzagentur, um den Routerzwang abzuschaffen und die Transparenz für Kunden von Telekommunikationsunternehmen zu verbessern. Heute sind Kunden meist an ein vom Provider bereitgestelltes Gerät gebunden, weil sie nicht die nötigen Zugangskennungen und Passwörter zur Nutzung der angebotenen Dienste erhalten. So können sie nicht auf Router anderer Hersteller umsteigen.
Der Verordnungsentwurf der Bundesnetzagentur sieht vor, dass Provider künftig grundlegende Informationen wie technische Funktionen auf einem Produktdatenblatt sammeln und Endkunden auf Anfrage auch Zugangsdaten erfragen können. Laut CCC und FSFE sei es jedoch nicht nachvollziehbar, wieso die Bundesnetzagentur die Last weiter beim Verbraucher belassen wolle, die Daten erfragen zu müssen, anstatt diese auf dem geplanten Produktdatenblatt zu vermerken. Selbst die Große Koalition habe in ihrem Koalitionsvertrag schon deutlich das Gegenteil gefordert, damit Endkunden auch ohne explizite Nachfrage im Besitz der Zugangsdaten sind, um einen alternativen Router betreiben zu können.
„Wenn die Last weiterhin beim Verbraucher liegt, die Daten zu erfragen, hat die Bundesnetzagentur kaum die Möglichkeit, die Zuverlässigkeit der Provider bei der Herausgabe der Daten zu überprüfen. So könnten Verzögerungen weiterhin mit unglücklichen Einzelfällen begründet werden. Die Verbraucher hätten am Ende mehr Komplikationen als zuvor“, sagt Matthias Kirschner, Vizepräsident der FSFE. „Daher müssen dem Kunden die Zugangsdaten zu allen verfügbaren Diensten unaufgefordert von Beginn des Vertrags an bekannt sein, wie sogar von der Regierungskoalition gefordert.“ Ähnlich hatte schon bei Vorlage des Verordnungsentwurfs im Februar eine Gruppe von 19 Routerherstellern, darunter AVM, Buffalo, D-Link, Draytek und Lancom, argumentiert.
Um Schlupflöcher für Provider zu verhindern, fordern CCC und FSFE zudem unmissverständliche Formulierungen in dem Entwurf, etwa hinsichtlich der verwendeten Protokolle. Nur so sei die volle Austauschbarkeit der Geräte gewährleistet. „Ohne eine Pflicht des Providers, dem Kunden die Zugangsdaten von sich aus mitzuteilen sowie Transparenz bei Diensten und Protokollen herzustellen, bleibt es faktisch beim Routerzwang. Schwammige Formulierungen und eine Pflicht zum Nachfragen würden den Kunden nur zum Bittsteller degradieren“, kommentiert CCC-Sprecher Frank Rieger.
Darüber hinaus sprechen sich CCC und FSFE wie die Vertreter der Hersteller für eine eindeutige Definition des Netzabschlusspunkts aus. Nur so wäre sichergestellt, dass die Hersteller in der Lage sind, für den jeweiligen Netzzugang voll kompatible Geräte zu liefern und damit eine Auswahlmöglichkeit für die Anwender zu bieten.
Nachbesserungsbedarf sehen CCC und FSFE auch bei den Messverfahren, die Provider künftig anbieten müssen. Nach den Plänen der Bundesnetzagentur müssen die Mechanismen und Details der Messung nur der Behörde mitgeteilt werden, nicht aber den eigenen Kunden. Dies schränke die angestrebte Transparenz künstlich ein und mache die Verfahren nicht nachvollziehbar für Verbraucher sowie unabhängige Spezialisten.
Abschließend heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von CCC und FSFE: „Nur wenn die Bundesnetzagentur bei Routerzwang und Transparenz der Messverfahren nachbessert, kann die Verordnung ihren Zweck überhaupt erfüllen und erst dann sind die Forderungen im Koalitionsvertrag abgedeckt. Alles andere würde nur weitere Schlupflöcher öffnen, wodurch Kunden weiterhin drangsaliert und benachteiligt werden können.“
Für die Abschaffung des Routerzwangs hatten Anfang 2013 schon AVM und später auch andere Hersteller plädiert. In der Folge setzte die Bundesnetzagentur im Oktober eine formelle Anhörung zum Thema Netzabschlusspunkt an. Im November sprachen sich auch CDU/CSU und SPD im Rahmen ihrer Koalitionsverhandlungen gegen den Routerzwang durch Netzbetreiber aus.
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