Amazon Web Services plant offenbar ein eigenes Rechenzentrum für deutsche Kunden. Das hat der zuständige Senior Vice President Andy Jassy gegenüber dem Wall Street Journal angedeutet. Ihm zufolge denkt man darüber nach, welche Länder beim Bau von Rechenzentren priorisiert werden müssen, und Deutschland sei „eines der wenigen Länder“, wo die Kunden explizit ein Rechenzentrum im eigenen Land wünschten. Amazon mache „signifikante Geschäfte in Deutschland“ und werde „nach und nach in mehreren wichtigen Ländern“ Rechenzentren bauen.
Bisher versorgt Amazon europäische Staaten – und damit auch Deutschland – von Irland aus, wo eines seiner zehn Rechenzentren weltweit steht. Dem Bericht des WSJ ist zu entnehmen, dass die Geschäfte in Deutschland noch weit erfolgreicher laufen könnten, hätte Deutschland nicht vergleichsweise strenge Datenschutzgesetze, die über die EU-Anforderungen von 1997 hinausgehen. Beispielsweise erkennt Deutschland das Safe-Harbor-Abkommen zwischen EU und USA nicht an, sodass deutsche Firmen, die einen US-Cloudanbieter nutzen, zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen, um sich rechtskonform zu verhalten.
Jassy bezog sich laut WSJ nicht direkt auf die NSA, nannte aber zwei Gründe, die für die Standortwahl entscheidend sind: „Anforderungen zur Datensouveränität“ und Nähe zu den Kunden. Es gebe „Länder, wo die Anforderungen zur Datensouveränität aus diversen Gründen höher sind“ und wo man Wert darauf lege, dass sich die Infrastruktur im eigenen Land befinde.
Amazons existierende Rechenzentren stehen in Brasilien, im irischen Dublin, Singapur, Tokio, Sydney, China, an der Ostküste der USA – sowie an der US-Westküste gleich zwei. Zusätzlich gibt es eine Government Cloud exklusiv für US-Regierungsbehörden.
Ein Rechenzentrum in Deutschland plant auch Clouddienstleister Salesforce.com, der allerdings im Rahmen seiner Europa-Initiative Großbritannien und Frankreich zuerst versorgt. Das WSJ weist weiter auf Cisco hin, das diese Woche kommuniziert hat, es werde weltweit Cloud-Infrastrukturen errichten, die Internetanbietern ermöglichen, Wünsche nach nationalen Clouds zu befriedigen.
Zudem baut IBM gerade 15 Rechenzentren weltweit. Eines entsteht in Winterthur in der Schweiz, eines ist für die 2. Jahreshälfte in Frankfurt geplant. Aktuell betreibt IBM schon ein Rechenzentrum in Deutschland – nämlich in Ehningen, südwestlich von Stuttgart.
Das EU-Parlament hatte Anfang des Monats den Entwurf einer Datenschutz-Neuregelung beschlossen, der strengere Regeln für Cloud-Anbieter in ganz Europa bringen könnte. Die Grundverordnung sieht bei Verstößen höhere Strafen und einen besseren Schutz der Privatsphäre vor. Der Entwurf dient dem Parlament nun als Verhandlungsgrundlage für Gespräche mit dem Ministerrat.
[mit Material von Zack Whittaker, ZDNet.com]
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