Google bestätigt: Die Türkei blockiert unseren DNS-Dienst

Google hat am Wochenende bestätigt, dass die Türkei den öffentlichen Domain-Name-System-Dienst (DNS) des Internetkonzerns, der Domainnamen in numerische Internet-Adressen übersetzt, blockiert. Laut Software Engineer Steven Carstensen fangen die meisten türkischen Internet-Provider die Anfragen an Googles DNS-Server ab, um sie an eigene Server weiterzuleiten.

Den Eingriff der türkischen ISPs vergleicht Carstensen in einem Blogeintrag mit jemandem, der Telefonnummern in einem Adressbuch verändert. „Stellen Sie sich vor, jemand hätte Ihr Telefonbuch gegen ein anderes getauscht, das fast genauso aussieht, außer dass die Einträge für einige Personen falsche Telefonnummern enthalten“, schreibt Carstensen. „Das ist genau das, was passiert ist: Türkische ISPs haben Server eingerichtet, die sich als Googles DNS-Dienst ausgeben.“

Auch wenn Carstensen in seinem Blogeintrag nicht direkt darauf eingeht, werden Googles öffentliche DNS-Server wahrscheinlich blockiert, um zu verhindern, dass Nutzer in der Türkei trotz der bestehenden Sperren auf Seiten wie Twitter und Youtube zugreifen können. Berichten zufolge hatten viele Bürger des Landes ihre PCs oder mobilen Geräte so konfiguriert, dass sie für die Namensauflösung Googles DNS-IP-Adressen 8.8.8.8 und 8.8.4.4 verwenden.

Die türkische Regierung hatte am 20. März für die 76 Millionen Einwohner des Landes den Zugang zu Twitter gesperrt. Der Mikroblogging-Dienst soll sich geweigert haben, gerichtliche Verfügungen zur Löschung angeblich illegaler Links umzusetzen. Seit Ende vergangener Woche ist auch Youtube in der Türkei nicht mehr erreichbar. Im Fall von Googles Videodienst geht es um einen Mitschnitt einer angeblichen Besprechung führender Vertreter von Regierung und Militär über die Sicherheitslage in Syrien. Die türkische Aufsichtsbehörde für Telekommunikation (TIB) machte in diesem Zusammen von einem Anfang Februar verabschiedeten Gesetz Gebrauch, das es ihr erlaubt, Websites innerhalb weniger Stunden nach Erhalt einer Beschwerde zu sperren.

Die Sperren sind allerdings auch innerhalb der Türkei rechtlich umstritten. Nach Ansicht eines Verwaltungsgerichts in Ankara verstößt das Verbot von Twitter gegen die Verfassung des Landes und möglicherweise auch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Ministerpräsident Erdogan steht in der Türkei unter politischem Druck. Das Land wird seit Wochen von einem Korruptionsskandal erschüttert, in den auch Personen aus seinem Umfeld verwickelt sind. Außerdem kommt es im Rahmen des syrischen Bürgerkriegs immer wieder zu Auseinandersetzungen an der gemeinsamen Grenze.

[mit Material von Carrie Mihalcik, News.com]

Tipp: Wie gut kennen Sie Google? Testen Sie Ihr Wissen – mit dem Quiz auf silicon.de.

Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

Recent Posts

Studie: Ein Drittel aller E-Mails an Unternehmen sind unerwünscht

Der Cybersecurity Report von Hornetsecurity stuft 2,3 Prozent der Inhalte gar als bösartig ein. Die…

2 Tagen ago

HubPhish: Phishing-Kampagne zielt auf europäische Unternehmen

Die Hintermänner haben es auf Zugangsdaten zu Microsoft Azure abgesehen. Die Kampagne ist bis mindestens…

3 Tagen ago

1. Januar 2025: Umstieg auf E-Rechnung im B2B-Geschäftsverkehr

Cloud-Plattform für elektronische Beschaffungsprozesse mit automatisierter Abwicklung elektronischer Rechnungen.

3 Tagen ago

Google schließt schwerwiegende Sicherheitslücken in Chrome 131

Mindestens eine Schwachstelle erlaubt eine Remotecodeausführung. Dem Entdecker zahlt Google eine besonders hohe Belohnung von…

3 Tagen ago

Erreichbarkeit im Weihnachtsurlaub weiterhin hoch

Nur rund die Hälfte schaltet während der Feiertage komplett vom Job ab. Die anderen sind…

4 Tagen ago

Hacker missbrauchen Google Calendar zum Angriff auf Postfächer

Security-Experten von Check Point sind einer neuen Angriffsart auf die Spur gekommen, die E-Mail-Schutzmaßnahmen umgehen…

5 Tagen ago