Patentverstöße: Chiphersteller Marvell muss 1,54 Milliarden Dollar zahlen

Im Patentverfahren der Carnegie Mellon University gegen den Prozessorhersteller Marvell hat ein US-Bundesbezirksrichter jetzt die Strafe auf 1,54 Milliarden Dollar erhöht. Im Dezember 2013 war Marvell verurteilt worden; die Schadenssumme setzten die Geschworenen zunächst auf 1,17 Milliarden Dollar an. Erhöht wurde sie, weil dem Gericht zusätzliche Finanzdaten bekannt wurden.

Dem Urteil zufolge hat Marvell zwei an der Universität entwickelte Speicherpatente von 2001 und 2002 wissentlich und auch bewusst verletzt. Carnegie Mellon hatte im März 2009 geklagt. Die Techniken kommen demnach in den Chipreihen Media Noise Processor (MNP) und Non-Linear Viterbi Detector (NLD) zum Einsatz – und zwar in mindestens neun einzelnen Halbleitern, die Marvell mehrere Milliarden Mal verkaufte. In beiden Fällen verbessern sie die Lesegenauigkeit bei sehr schnellen Festplattenzugriffen.

Ursprünglich hatte Die Jury einen Schadenersatz von 50 US-Cent je Chip als angemessen angesetzt, was die genannten 1,17 Milliarden Dollar ergab. Es handelte sich damals um den dritthöchsten Schadenersatz, der je in einem US-Patentprozess ermittelt wurde.

Inzwischen wurde aber bekannt, dass das Unternehmen schon mindestens sieben Jahre vor der Klage wusste, dass es die Patente der Universität verletzte. Dies veranlasste das Gericht, den Schadenersatz um mehr als 366 Millionen zu erhöhen – eben auf 1,54 Milliarden Dollar und damit mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes von Marvell. Reuters zitiert aus der Urteilsbegründung: „Diese Höhe ist ausreichend, um Marvell für sein ungeheuerliches Verhalten zu bestrafen und für die Zukunft von Patentverstößen abzuhalten.“

Marvell argumentierte in dem Prozess unter anderem, die in den Patenten beschriebene Technik sei „so komplex, dass sie in realen Halbleitern nicht umgesetzt werden kann.“ Das Unternehmen hält selbst mehr als 100 Patente zur Nachbearbeitung von Medienzugriffsergebnissen, von denen zahlreiche im Zusammenhang mit MNP und NLD stehen. Es kritisierte auch die Höhe der Strafe und nannte 250.000 Dollar ausreichend.

Die Carnegie Mellon University dagegen beantragte sogar eine Verdreifachung der Strafe. Dies schloss der Richter allerdings aus, um nicht das Überleben von Marvell als Unternehmen zu gefährden.

[mit Material von Max Smolaks, TechWeekEurope.co.uk]

Tipp: Wie gut kennen Sie sich mit Prozessoren aus? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit dem Quiz auf silicon.de.

Florian Kalenda

Seit dem Palm Vx mit Klapp-Tastatur war Florian mit keinem elektronischen Gerät mehr vollkommen zufrieden. Er nutzt derzeit privat Android, Blackberry, iOS, Ubuntu und Windows 7. Die Themen Internetpolitik und China interessieren ihn besonders.

Recent Posts

Gaming-bezogene Phishing-Attacken um 30 Prozent gestiegen

Über drei Millionen Angriffsversuche unter Deckmantel von Minecraft / YouTube-Star Mr. Beast als prominenter Köder

2 Tagen ago

KI erleichtert Truckern die Parkplatzsuche

Die Prognose für die Anfahrt bezieht das Verkehrsaufkommen, die Stellplatzverfügbarkeit sowie die Lenk- und Ruhezeiten…

2 Tagen ago

EU AI-Act Risk Assessment Feature

Unternehmen können mit Casebase Portfolio an Daten- und KI-Anwendungsfällen organisieren.

2 Tagen ago

Smarthome-Geräte sind Einfallstor für Hacker

Smart-TV oder Saugroboter: Nutzer schützen ihre smarten Heimgeräte zu wenig, zeigt eine repräsentative BSI-Umfrage.

2 Tagen ago

Core Ultra 200V: Intel stellt neue Notebook-Prozessoren vor

Im Benchmark erreicht der neue Core Ultra 200V eine Laufzeit von 14 Stunden. Intel tritt…

2 Tagen ago

Irrglaube Inkognito-Modus

Jeder dritte hält sich damit für unsichtbar. Wie widersprüchlich unser Datenschutzverhalten oft ist, zeigt eine…

3 Tagen ago