Türkischer Ministerpräsident Erdogan will Twitter wegen Steuerhinterziehung belangen

Nachdem er die gegen Twitter verhängte Sperre aufgrund eines Gerichtsbeschlusses wieder aufheben musste, will der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan nun offenbar auf andere Weise gegen den Mikrobloggingdienst vorgehen. In einer am Samstag im Fernsehen übertragenen Rede beschuldigte er das Unternehmen der Steuerhinterziehung und kündigte an, es deswegen zu verfolgen.

„Twitter, Youtube und Facebook sind internationale profitorientierte Unternehmen. Twitter ist zugleich ein Steuersünder. Wir werden dem nachgehen“, sagte Erdogan laut der Nachrichtenagentur AFP. „Diese Firmen werden sich wie jedes andere internationale Unternehmen an die Verfassung, die Gesetze und die Steuerregeln meines Landes halten.“

Die türkische Regierung hatte vergangenen Monat eine Sperre gegen Twitter verhängt. Anlass waren offenbar Berichte über Korruption in der Türkei. Der Druck auf Erdogan, der seit 2003 Ministerpräsident des Landes ist, hat sich in den vergangenen Wochen erhöht. Unter anderem war ein angeblicher Mitschnitt eines Telefonats zwischen ihm und seinem Sohn Bilal aufgetaucht, in dem er ihn anweisen soll, einen größeren Geldbetrag verschwinden zu lassen. Erdogan bezeichnete die Aufnahme als Fälschung und drohte rechtliche Schritte an.

Seit Anfang April ist Twitter in der Türkei wieder zugänglich, nachdem ein Verwaltungsgericht in Ankara die Sperre für ungültig erklärt hatte. Nach Ansicht der Richter verstößt die Blockade einer gesamten Website gegen die türkische Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention.

In seiner Rede am Samstag sagte Erdogan, die Entscheidung des Gerichts hinsichtlich der Twitter-Sperre „läuft auf eine Einmischung in die Politik hinaus“ und die Richter verteidigten „das Wirtschaftsrecht internationaler Unternehmen statt die Rechte ihres eigenen Landes und ihres eigenen Volkes“. Laut AFP traf Erdogan diese Aussagen einen Tag, nachdem der oberste Gerichtshof des Landes eine umstrittene Gesetzesklausel kippte, die „dem Justizministerium mehr Kontrolle über die Einsetzung von Richtern und Staatsanwälten gibt“. Anfang letzter Woche hatte Erdogan gesagt, das Urteil zur Twitter-Sperre „dient nicht der Gerechtigkeit“ und sollte „korrigiert“ werden.

Auch eine Ende März von der Regierung Erdogan verhängte vollständige Sperre gegen Youtube hatte ein Gericht für unzulässig erklärt. Stattdessen sollen nur 15 Clips unzugänglich bleiben. Bisher wurde die Blockade aber noch nicht wieder aufgehoben und lässt sich weiterhin nur durch die Verwendung eines Proxy-Servers umgehen. Auf Googles Videoportal war ein Mitschnitt einer angeblichen Besprechung führender Vertreter von Regierung und Militär über die Sicherheitslage in Syrien veröffentlicht worden. Das türkische Außenministerium sprach nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu von einer „ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit“.

[mit Material von News.com]

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ZDNet.de Redaktion

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